Wetterextreme wie Stürme, Starkregen und Kahlfröste verursachen regional oft hohe Schäden. „Mehrgefahren“- Versicherungen versprechen, Ihre Ernte dagegen abzusichern. Wir zeigen, was sie leisten und was sie kosten.
Wie die Hagelversicherung funktioniert, wissen die meisten Landwirte. Doch längst ist Hagel nicht mehr die einzige Gefahr, gegen die Sie Ihre Ernte versichern können. Gegen Aufpreis geht das auch für Sturm, Starkregen und Frost. Doch wie hoch ist der Aufpreis? Wann zahlt der Versicherer? Und die entscheidende Frage: Wann lohnt sich das für mich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den sogenannten Mehrgefahren-Versicherungen.
Das Risiko:
Die Vereinigte Hagel, die Münchener und Magdeburger (MMA) sowie die Mecklenburgische bieten umfassende Versicherungspakete an, die neben Hagel- zusätzlich auch Sturm-, Starkregen- und Frostschäden abdecken. Rund 10 % aller hagelversicherten Landwirte haben sich nach Angaben der Versicherer bereits für eine solche Mehrgefahren-Versicherung entschieden. Allerdings sind diese Policen deutlich teurer als einfache Hagelversicherungen und teilweise lückenhaft in ihren Leistungen.
Die Angebote:
Bei den anderen Hagelversicherern (VGH, Hagelgilde und Versicherungskammer Bayern) können Sie – zusätzlich zur Hagelversicherung – ausschließlich Ihren Mais gegen Sturmschäden versichern (vgl. Kasten, S. 46). Zwar geben die VGH (Versicherungsgruppe Hannover) sowie die Hagelgilde an, dass sie auf Wunsch weitere Gefahren abdecken, die Angebote dann aber individuell „stricken“. Eigene fertige Produkte zu weiteren Gefahren oder Ackerkulturen, die wir Ihnen vorstellen könnten, bieten sie derzeit nicht an.
Als einziger Versicherer bietet die Münchener und Magdeburger zusätzlich eine Absicherung gegen Trockenheit und Überschwemmung z. B. durch über die Ufer tretende Gewässer an. Zumindest theoretisch. Praktisch ist es so, dass der Versicherer diese umfassende Police nur ganz vereinzelt verkauft. Bisher wurden erst wenige Verträge abgeschlossen – vor allem, weil der Abschluss in entsprechenden Risikogebieten nicht möglich ist. Haben Sie Interesse, entscheidet die MMA im Einzelfall darüber, ob Sie die Versicherung abschließen können und zu welchem Preis. Konsequenz: Die allumfassende Versicherung gibt es zwar. Für die weitaus meisten Landwirte ist ein Abschluss allerdings nicht möglich. Vor allem nicht in Überschwemmungsgebieten, wo sie Sinn machen würde.
Damit bleibt aber auch die Absicherung gegen Dürre, die in der Vergangenheit die mit Abstand größten Ertragseinbußen verursacht hat, für fast alle Landwirte unmöglich. Hagel-, Sturm-, Starkregen- und Frostschäden können Sie hingegen absichern.
So wirdentschädigt
Im Schadensfall beurteilt dann wie bei der Hagelversicherung zunächst einmal ein Schätzer, ob z. B. ein Sturmschaden vorliegt und wie hoch dieser ist. Dabei nimmt er die gesamte Umgebung in Augenschein. Das heißt: Selbst wenn laut Wetterdaten nicht unbedingt Sturm, also Windstärke 8 und mehr, gemessen wurde, kann der Schätzer einen Sturmschaden anerkennen. Und zwar dann, wenn nicht nur Ihr eigener Feldbestand, sondern auch umliegende Felder typische Sturmschäden der Windstärke 8 aufweisen. Darunter fallen abgeknickte, entwurzelte, zu- oder abgewehte Pflanzen oder Lagerschäden.
Kein Dauerregen:
Jedoch: Lang anhaltender, aber nicht übermäßig starker Regen ist nicht versichert!
Kein stehendes Wasser:
Nur Pauschalen bei Lager:
Voraussetzung, überhaupt eine Entschädigung zu bekommen, ist, dass Sie den Bestand nach guter fachlicher Praxis geführt, z. B. eine Halmverkürzung bzw. -stabilisierung durchgeführt, und nicht überdüngt haben.
Die Münchener und Magdeburger bietet auch Verträge an, bei denen Lagerschäden nicht pauschal, sondern im Einzelfall beurteilt und dann entschädigt werden. Allerdings schließt sie nach eigenen Angaben solche Verträge in der Regel nur vereinzelt mit Betrieben mit vorbildlichem Düngemanagement ab. Wer auf seinen Flächen z. B. hohe Güllemengen zu verwerten hat, gehört von vornherein eher nicht dazu.
Keine Ernteverzögerung:
Spät- und Frühfröste sind bei allen drei Versicherern abgedeckt, wenn Sie sich für das umfassendste Versicherungs-Paket entscheiden. Das betrifft Schäden, die aufgrund von Frost zwischen 1. Mai und Ernte, spätestens bis zum 30. September auftreten. Die Münchener und Magdeburger haftet sogar bis zum 15. Oktober, es sei denn, die ortsübliche Ernte findet schon früher statt. Aber auch damit sind z. B. Schäden aufgrund von Frühfrösten in sehr späten Maissorten nicht abgedeckt.
Nur 15 % bei Auswinterung:
Muss ein Schlagteil umgebrochen werden, zahlen die Vereinigte Hagel und die Mecklenburgische pauschal 15 % der Versicherungssumme des geschädigten Schlagteils. Das ist unabhängig davon, ob der Schaden durch Sturm, Starkregen oder Frost verursacht wurde. Bei der Vereinigten Hagel können Sie diese Umbruchpauschale gegen einen Aufpreis, der je nach Standort 15 bis 30 % beträgt, auf 25 % steigern. Die Pauschale wird z. B. fällig, wenn die Pflanzen durch Verschlämmen nach einem Starkregen am Auflaufen gehindert oder durch Spätfröste geschädigt werden oder ein Bestand auswintert.
Die MMA entschädigt nach einem Umbruch immer die tatsächlich auftretenden Kosten. Die Vereinigte Hagel tut dies speziell bei Kartoffeln und Zuckerrüben.
Durch einen Umbruch fällt die betreffende Fläche aus der Versicherung heraus. Für die Neuansaat müssen Sie erneut die volle Prämie zahlen, wenn Sie diese versichern wollen.
Das kosten die Policen
Eines vorweg: die Mehrgefahren-Police kann richtig teuer werden. Möchten Sie sich neben Hagel- zusätzlich gegen Sturm- und Starkregenschäden absichern, kann sich die Prämie durchaus verdoppeln oder verdreifachen. Die Zusatzabsicherung gegen Frost macht es nochmals teurer, sodass sie am Ende sogar mehr als das Drei- oder Vierfache der Hagelprämie zahlen. Allerdings hängt der Aufschlag – wie schon die Hagelprämie – selbst stark vom Standort und den herrschenden Wetterrisiken ab. Um die Prämien festzulegen, nehmen die Versicherer eigene Risikobewertungen einzeln für jeden Standort, jede Frucht und jede Gefahr vor. Allgemeingültige Aussagen sind daher schwierig.
Einen Eindruck, wie viel eine Mehrgefahren-Police für Ihren Standort ungefähr kostet bzw. mit welchem Aufschlag auf die Hagelprämie Sie grob kalkulieren können, vermitteln unsere Übersichten. Darin sind die durchschnittlichen Prämien für fünf ausgewählte Kreise dargestellt. Allerdings können Risiken und damit Prämienhöhen auch innerhalb eines Kreises durchaus differieren. Deshalb ist in Klammern jeweils die Prämienspanne angegeben. In dieser Spanne liegen fast alle Verträge im jeweiligen Kreis, wobei einzelne davon abweichen können.
Jeder Kreis steht für ein bestimmtes Risikoprofil (s. Übers. 2, S. 47). Liegen Ihre Flächen z. B. in einer Region mit mittlerem Hagel- und Sturm- sowie niedrigem Starkregenrisiko, während das Frost- und besonders das Auswinterungsrisiko hoch ist, bieten die Prämien im Saalekreis eine gute Orientierung.
Eines wird ganz klar: Die Prämienhöhen variieren je nach Risiko stark. Im Kreis Plön mit niedrigem Hagelrisiko ist nicht nur die Hagelpolice relativ günstig, auch die Kosten der Mehrgefahren-Policen sind niedriger als z. B. im Kreis Straubing-Bogen mit hohem Hagel-, Starkregen- und Sturmrisiko.
Auch zwischen den Versicherern gibt es deutliche Prämienunterschiede. Das zeigt: Fordern Sie für Ihren Standort von mehreren Versicherern Angebote an und vergleichen Sie! Wichtige Unterschiede, die Sie beim Vergleich beachten müssen:
Stehendes Wasser nach Starkregen ist nur bei der Vereinigten Hagel standardmäßig abgedeckt.
Die MMA zahlt nicht bei Auswinterungsschäden und zieht von jeder Entschädigung einen Selbstbehalt ab. Den müssen Sie im Schadensfall selbst schultern. Er beträgt entweder 10 % der Entschädigung, 5 % der Versicherungssum- me des geschädigten Schlages oder 1 % der Versicherungssumme des Vertrages.
Alle drei Versicherer zahlen erst, wenn der Schaden mehr als 8 % der Versicherungssumme des Schlages beträgt.
Getreide:
Raps:
Mais:
Zuckerrüben:
Kartoffeln:
Rabatte:
Einen zusätzlichen Preisnachlass gibt es, wenn Sie sich direkt mehrere Jahre binden: 10 % bei der Mecklenburgischen bei einem dreijährigen und bei der Vereinigten bei einem fünfjährigen Vertrag. Die MMA gewährt bei einer fünfjährigen Vertragslaufzeit 20 % Rabatt.
Prämie nach Schaden:
Nach einem Schaden rutscht der Landwirt in eine schlechtere Schadenfreiheitsklasse, was je nach Höhe des Schadens ein Prämien-Plus von bis zu 30 % bedeutet. Hat ein Landwirt z. B. auf 20 der 30 ha versicherter Maisfläche einen 80 % igen Schaden (Versicherungssumme: 2 000 €/ha), resultiert daraus ein Anstieg der Prämie um 30 % im Folgejahr. Bleibt er danach schadensfrei, sinkt die Prämie jedes Jahr um 5 %, sodass er im 7. Jahr nach dem Schaden wieder beim gleichen Schadenfreiheitsrabatt wie vor dem Schaden landet.
Außerdem kommt nach einem Schaden noch eine weitere Erhöhung der Prämie um bis zu 15 % hinzu. Diese bleibt für die gesamte Vertragslaufzeit bestehen. Erst wenn Sie über eine Verlängerung des Vertrages verhandeln, könnte sich hier wieder etwas bewegen.