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Hartz IV gibt es auch für Landwirte

Lesezeit: 5 Minuten

Für selbstständige Landwirte kann Hartz IV ein Rettungsanker in finanzieller Not sein. Details erklärt Hildegard Frey von der landwirtschaftlichen Familienberatung des Bistums Trier.


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Das Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, ist nur etwas für Langzeitarbeitlose werden Sie vielleicht denken. Weit gefehlt. Auch Bauern können Hartz IV beantragen. Das kann jeder, der sich in finanzieller Not befindet, auch wenn er


  • zuvor nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und
  • über ein hohes betriebliches Vermögen verfügt.


Lebensunterhalt sichern:

Einen Anspruch auf Hartz IV haben Landwirte,


  • die momentan nicht genug Geld für den Lebensunterhalt erwirtschaften,
  • deren Ehepartner oder im Haushalt lebende Kinder kein oder ein nur geringes Einkommen haben und
  • die kein nennenswertes Privatvermögen haben bzw. deren Privatvermögen für betriebliche Kredite beliehen ist.


Die Höhe der Unterstützung richtet sich nach den aktuellen Bedarfssätzen für den Lebensunterhalt (siehe Übersicht 1). Diese werden allerdings nur dann in voller Höhe gezahlt, wenn der Landwirt bzw. seine Familie kein anrechenbares Einkommen erzielt. Schon geringe Einkommen führen zu einer Kürzung des Anspruches.


Zusätzlich zum Regelbedarf gibt es von der Kommune einen Zuschuss für Unterkunft und Wohnen, der sich an den tatsächlichen Kosten orientiert.


Ein Ehepaar mit zwei Kindern ohne eigenes Einkommen kann so auf Hartz IV-Leistungen von 1 225 €/Monat kommen, wie das Beispiel der Landwirtsfamilie Maier zeigt (Übersicht 2). Der Milchviehhalter und seine Frau haben derzeit weder anrechenbares Einkommen noch Vermögen und haben deshalb Anspruch auf Hartz IV-Leistungen.


Zuflussprinzip beim Einkommen:

Die Berechnung des Einkommens erfolgt durch eine vorausschauende Übersicht der zu erwartenden betrieblichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden sechs Monate. Anschließend muss der Landwirt den konkreten Einkommensnachweis führen.


Manche Jobcenter akzeptieren auch eine über einen Jahreszeitraum laufende Einkommensberechnung, damit alle saisonal bedingten Einnahmen und Ausgaben erfasst werden können. Das ist beispielsweise sinnvoll, wenn zwar Prämienzahlungen und Verkaufserlöse im Sechs-­Monats-Zeitraum liegen, nicht aber die Ausgaben für die Frühjahrsbestellung. Einnahmen (z. B. Prämien oder Milchgeld), die schon als Sicherheit an die Bank abgetreten sind, berücksichtigt das Jobcenter von vornherein nicht.


Gewerbliche Nebenbetriebe, wie z. B. Photovoltaikanlagen, müssen bei der Einkommensberechnung separat aufgeführt werden. Das Einkommen aus untergeordneten Nebenbetrieben, wie zum Beispiel einer kleinen Direktvermarktung oder ein bis zwei Ferienwohnungen, zählt dagegen zum Einkommen des landwirtschaftlichen Betriebes.


Übrigens: GEZ-Gebühren für den privaten Haushalt gehören nicht zu den anrechenbaren Ausgaben. Allerdings können Hartz IV-Bezieher sich von der GEZ-Gebühr befreien lassen.


Betriebsvermögen zählt nicht

. Das landwirtschaftliche Betriebsvermögen steht dem Bezug von Hartz IV nicht entgegen. Es gilt als sog. Schonvermögen, weil es der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit dient. Ebenfalls zum Schonvermögen zählt ein angemessenes Wohnhaus.


Weitere private Immobilien und andere Vermögen rechnet das Jobcenter unter Umständen auch nicht an, wenn diese zur Absicherung betrieblicher Kredite dienen. Das gilt auch für Kapitallebensversicherungen bzw. Bausparverträge, wenn diese als Sicherheit für einen Kredit an die Bank abgetreten wurden.


Darüber hinaus gibt es für jedes Haushaltsmitglied einen Vermögensfreibetrag, der z. B. für eine laufende Kapitallebensversicherung angerechnet werden kann. Der Freibetrag liegt bei 150 € pro Lebensjahr. Für einen 35jährigen Landwirt zum Beispiel beträgt der Freibetrag 5 250 €. Minderjährige haben einen Freibetrag von maximal 3 100 €. Für festgelegte Versicherungen, z. B. eine private Rentenversicherung, die erst bei Rentenantritt ausgezahlt wird, beträgt der Vermögensfreibetrag 750 € pro Lebensjahr. Für einen 35jährigen Landwirt sind das 26 250 €.


Wenn der Landwirt über Geldver­mögen oberhalb des Freibetrages verfügt, kann er erst dann Hartz IV beantragen, wenn das über dem Freibetrag liegende Vermögen verbraucht ist.


Einkommen der Ehefrau zählt.

Bei Hartz IV kommt es aber nicht nur auf das Einkommen und Vermögen des Landwirts selbst an. Es zählt auch das Einkommen und Vermögen der Ehefrau. Wenn z. B. Silvia Maier aus un­serem Beispiel (Übersicht 2) nach Abzug eines Freibetrages ein anrechenbares Einkommen von 200 € aus einem Minijob hätte, würde die Hartz IV-Leistung für die Familie auf 1 025 € gekürzt.


Auch das Einkommen der im Haushalt lebenden Kinder zählt mit, wenn diese sich z. B. in der Ausbildung be­finden. Als Einkommen zählt ebenfalls das Kindergeld. Gelegendliche Nebenverdienste von Schulkindern werden jedoch nicht angerechnet. Das Einkommen (Rente) der Altenteiler rechnet das Jobcenter in der Regel ebenfalls nicht an – erst recht nicht, wenn die Altenteiler in einer eigenen Wohnung leben.


Antrag beim Jobcenter.

Hartz IV müssen Landwirte beim Jobcenter der Agentur für Arbeit oder der Kommune beantragen. Das funktioniert allerdings nur selten ohne Hindernisse: Die Formulare sind sehr umfangreich und den Mitarbeitern fehlt es oft an Wissen über die Landwirtschaft. Landwirte sollten sich wenn möglich pro­fessionelle Hilfe bei der landwirtschaftlichen Familienberatung oder beim örtlichen Bauernverband suchen.


Das Jobcenter gewährt die Hartz IV-Leistung zunächst für sechs Monate. Danach sind Folgeanträge mit einem neuen Einkommensnachweis notwendig. Solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, werden Hartz IV-Leistungen gezahlt.


Anne Schulze Vohren

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