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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

Aus dem Heft

Heuchler, allesamt Heuchler

Lesezeit: 4 Minuten

W enn es darum geht, wahlrelevante Ängste der Bevölkerung durch scheinbar entschlossenes politisches Handeln aufzufangen, kennen deut-sche Politiker keine Parteien mehr, nur noch Populismus. Auf dem Höhepunkt der jüngsten BSE-Hysterie ließen denn auch Politiker aller Parteien von Rot-Grün bis Schwarz wohlfeile Sprüche los, die man nur noch mit der Bibel ent-schuldigen kann: Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie sagen! An die Spitze dieser Bewegung setzte sich der im Showbusiness geübte Bundeskanzler mit der Forderung Weg von den Agrarfabriken! Schlimm daran sei, so Uwe Spitzbarth im Schles-wigHolsteinischen Bauernblatt, dass so der Ein-druck erweckt werde, BSE sei die gleichsam na-türliche Ausgeburt der konventionellen Landwirt-schaft, für die größere Strukturen nicht Zwang sind, sondern das ökonomische Himmelreich. Der Verdacht wachse, dass mit solchen pauscha-len Anklagen der Boden bestellt werden solle für eine ideologisch ausgerichtete Agrarpolitik. Das trifft den Kern. Schon meldet Agra Euro-pe, ein hoher Beamter aus dem Hause Funke habe die Aussage eines engen Kanzlermitarbei-ters bestätigt, wonach man die Agrarpolitik auf eine völlig neue Grundlage stellen wolle (weg von der in-dustriellen Massenproduktion, hin zu einer individuellen Pro-duktionsweise). Es werde ei-nen radikalen Wandel geben. Bereits in zehn Jahren würden in Deutschland 20 % der Be-triebe ökologisch wirtschaften. Das wären doppelt so viele wie die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen kürzlich auf einem inter-nationalen Symposium in Berlin als Zielvorgabe formuliert hatte. Aber welcher Bauer wollte was dagegen haben, wenn es denn so käme. Bauern produzieren auch grüne Eier wenn es die Verbraucher wollen. Nur: Die Preise müssen stimmen für die Bauern und für die Verbraucher. DBV-Präsident Sonn-leitner wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass in Deutschland 7 bis 8 % der Bevölkerung Grün wähle und weitere 15 % mit der grünen Bewegung sympathisiere. Aber: Noch nicht einmal 3 % der Bevölkerung kaufe regelmäßig Bioprodukte. Hier und nur hier liegt das Problem der so genannten alterna-tiven Landwirtschaft, nicht bei den Bauern! Und dann das Märchen von der industriellen Massenproduktion und den Agrarfabriken. Die heutigen landwirtschaftlichen Betriebe, so kürzlich der renommierte Göttinger Agraröko-nom Stefan Tangermann, sind gemessen an der Situation in anderen Wirtschaftsbereichen geradezu winzige Unternehmen. Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, kündigte denn auch inzwischen an, man werde die Regierungskoalition im Früh-jahr 2001 wenn es in der WTO-Runde ernst werde daran erinnern, was sie in diesen Tagen der BSE-Krise über die neue Agrarpolitik gesagt habe. Born: Wie waren denn die Signale seit der GATT-Runde und der Agenda 2000? Preisdruck und Strukturwandel, das waren doch bis vor 14 Tagen die Forderungen der Politik. Nun entdecken die gleichen Politiker, die uns bisher rückständige Strukturen angekreidet haben, die Agrarfabriken in uns! Heuchler, allesamt Heuchler, diese Populisten! Angefangen von Kanzler Schröder über die Grü-ne Bärbel Höhn bis zur bayerischen Staatsminis-terin Barbara Stamm. Die hatte sich noch im August 2000 in einem Schreiben an die Bundes-regierung vehement gegen die Be-seitigung von Risikomaterialien aus der Futterkette gewandt. Nach Ausbruch des ersten BSE-Falles in Deutschland aber warf sie im Par-lament EU-Kommission und Bundesregierung vor, Markt und Kommerz Vorrang vor Gesund-heit und Verbraucherschutz einge-räumt zu haben. Das ist an Doppelzüngigkeit kaum zu überbieten. Und auch die Agraropposition im Deutschen Bundestag gab auf der Höhe der BSE-Krise eine jämmerliche Figur ab. Der Geschäftsführer des Fachverbandes der Futtermittelindustrie, Hubert Grote, dazu: Besonders bedauerlich ist, dass es (in Sachen BSE und deutscher Überreaktion, die Red.) eine Opposition nicht gab. Nein, sie befand sich sogar auf der Überholspur! Und der Deutsche Bauernverband? Sein Referent für Vieh und Fleisch hat mit Weitblick und Mut an eben dieser Stelle im Oktober 1999 vor der Lawine gewarnt, die jetzt über alle Tier-halter hinweg gefegt ist. Leider vergeblich!

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