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Hof mit Biogas- und PV-Anlage

Lesezeit: 6 Minuten

Gute Regelungen für die Übergabe mindern die Risiken für den Hofübergeber und die weichenden Erben.


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Landwirt Harald Schulze (Name geändert) ist 65 Jahre alt und möch­­-te seinen Schweinemastbetrieb auf ­seinen 35-jährigen Sohn übertragen. Der Betrieb umfasst insgesamt 196 ha, 2 300 Mastplätze mit Ferkelaufzucht. Hinzu kommen eine 400 kW-Biogasanlage und eine Photovoltaik-Anlage auf dem Scheunendach (siehe Übersicht 1).


Den landwirtschaftlichen Betrieb – ein Hof im Sinne der Höfeordnung – möchte Schulze zusammen mit der Biogas- und der Photovoltaik-Anlage geschlossen an seinen Sohn übergeben. Die beiden Töchter sollen bei Übergabe eine angemessene Abfindung erhalten.


Die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes kann nach den Regeln der Höfeordnung erfolgen: Der Hofnachfolger bekommt den Betrieb und gewährt dem Hofübergeber und dessen Ehefrau ein Wohnrecht im Wert von 700 € und ein monatliches Baraltenteil von 2 500 €. Den beiden weichenden Erben steht aufgrund der hohen Altenteilslasten eine höferechtliche Abfindung von nur ca. 13 000 € zu. Wie diese sich genau errechnet, zeigt die Übers. 1.


Die Biogas- und die Photovoltaik-Anlage sind dagegen gewerblich. Sie gelten in diesem Fall als nicht-hofeszugehöriger Doppelbetrieb und fallen somit unter das allgemeine Erbrecht (siehe auch Kasten auf den Seiten 32/33).


Das bedeutet: Schulze kann zwar auch die gewerblichen Anlagen auf den Hofnachfolger als Alleineigentümer übertragen – sogar ohne den weichenden Erben dafür eine Abfindung zu zahlen. Falls er aber innerhalb von 10 Jahren nach der Hofübergabe stirbt, entstünden den weichenden Erben u. U. Pflichtteils-Ergänzungsansprüche, die sie gegen den Hofübernehmer geltend machen könnten.


Diese Pflichtteils-Ergänzungsansprüche leiten sich vom gesetzlichen Erbteil ab und werden auf Grundlage des Verkehrswertes der Anlagen ermittelt. Für den Hofübernehmer können sie bei hohen Verkehrswerten zu einem großen finanziellen Risiko werden.


Besser ist deshalb, wenn Schulze und seine Kinder schon bei der Übergabe eine angemessene Abfindungsregelung für die Biogas- und Photovoltaik-Anlage finden. Im Gegenzug sollten die weichenden Erben einen Pflichtteilsverzicht für die beiden Anlagen unterschreiben, damit der Hofübernehmer vor nachträglichen Erbansprüchen geschützt ist. Damit wären mit der Übergabe alle gegenseitigen Forderungen abschließend geregelt.


Risiko auch für Geschwister:

Es ist allerdings nicht ganz einfach, eine für alle Seiten befriedigende Abfindung zu ermitteln. Denn anders als bei landwirtschaftlichen Betrieben gibt es für Gewerbebetriebe, die unter das allgemeine Erbrecht fallen, keine gesetz-lichen Bewertungsprivilegien.


Angesichts der auf den ersten Blick oft ­beträchtlichen Verkehrswerte und der hohen Einspeisevergütungen verlangen die weichenden Erben nicht ­selten sehr hohe Abfindungbeträge. Schnell kann es dann um mehrere Hunderttausend Euro für jeden weichenden Erben gehen. Die weichenden Erben argumentieren, dass ihnen ja für den Fall, dass keine einvernehmliche Übergabe zustande komme, hohe Pflichtteils-Ergänzungsansprüche bei Tod des Übergebers zustehen würden. Dieses Risiko wolle der Hofübernehmer doch wohl nicht eingehen.


Die Pflichtteils-Ergänzungsansprüche bestehen allerdings „nur“ bis zu 10 Jahre nach der Übergabe und reduzieren sich noch mit jedem Jahr, das nach der Übergabe vergeht, um jeweils ein Zehntel. Hinzu kommt, dass die Verkehrswerte und damit auch die Pflichtteils- bzw. Pflichtteils-Ergänzungsansprüche gerade bei Biogas- und PV-Anlagen oft weniger hoch sind, als oft vermutet wird. Für die weichenden Erben gibt es also auch ein erhebliches finanzielles Risiko, wenn es keine Einigung zum Zeitpunkt der Übergabe gibt.


Ziel muss es daher sein, eine für alle Seiten tragfähige einvernehmliche Vereinbarung von Übergabe und Abfindung zu finden. Hier ist Kompromissbereitschaft von allen Seiten gefordert.


Verkehrswert „bereinigen“:

Die entscheidende Frage bleibt allerdings, wie die Höhe der Abfindung konkret berechnet wird. Als Diskussionsgrundlage will die Familie Schulze die Pflichtteils- bzw. Pflichtteils-Ergänzungsansprüche der Töchter ermitteln. Diese belaufen sich auf ein Zwölftel der summierten Verkehrswerte für die Biogas- und die Photovoltaikanlage. Entscheidend ist jetzt, welche Verkehrswerte angesetzt werden.


Der Berater errechnet für beide Anlagen zusammen einen „unbereinigten“ Verkehrswert von 1,57 Mio. €, indem er die hohen Einspeisevergütungen der Anlagen kapitalisiert. Das ergäbe dann einen Pflichtteilsanspruch von rund 130 000 € für jeden weichenden Erben. Einen solch hohen Betrag als Abfindung (über 260 000 € für beide Töchter) kann der Betrieb trotz guter wirtschaftlicher Ergebnisse nicht stemmen.


Dieser unbereinigte Verkehrswert ließe sich aber im Falle eines Verkaufs bei Weitem nicht realisieren. Zur Ermittlung des erbrechtlich relevanten Verkehrswertes müssen deshalb insbesondere Verbindlichkeiten und latente Steuern abgezogen werden. Bei der Bewertung ist auch zu berücksichtigen, dass zum Beispiel eine Biogasanlage nicht unabhängig vom landwirtschaftlichen Betrieb betrieben werden kann, weil über den landwirtschaftlichen Betrieb das Substrat für die Biogasanlage bereitgestellt und gleichzeitig die Gärreste ausgebracht werden. Außerdem sind die eventuellen Rückbaukosten nach Ende der 20-jährigen EEG-Vergütungsgarantie zu berücksichtigen.


Und natürlich müssen sowohl bei der Biogas- als auch bei der PV-Anlage die oft erheblichen Betriebskosten abgezogen und die vom Unternehmer geleistete Arbeit berücksichtigt werden. Und last but not least fallen sowohl die Biogas- als auch die PV-Anlage früher oder später aus der EEG-Förderung heraus. Ob sie sich dann noch wirtschaftlich betreiben lassen, ist zurzeit völlig offen.


Alle diese Punkte müssen bei der Ermittlung des erbrechtlich relevanten Verkehrswertes berücksichtigt werden. Insbesondere für die stark vom landwirtschaftlichen Betrieb abhängigen und v. a. fremdfinanzierten Biogasanlagen kann der Verkehrswert durchaus Richtung Null tendieren. Dementsprechend hätten die weichenden Erben dann auch keinen Pflichtteilsanspruch.


Wie viel für beide Töchter?

Für den Betrieb Schulze hat der Berater ­einen Verkehrswert von 240 000 € für die Biogasanlage und von 120 000 € für die PV-Anlage geschätzt – wissend, dass die Werte je nach Bewertungsansatz abweichen können. Damit läge der Pflichtteil der Töchter bei gut 30 000 €. Zuzüglich der Hofabfindung von knapp 13 000 € ergäbe sich für die beiden Schwestern des Hofnachfolgers eine Gesamtabfindung von knapp 43 000 €. Einen solchen Betrag könnte der Betrieb ohne Weiteres verkraften.


Aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes wird innerhalb der Familie Schulze aber auch über eine höhere Abfindung diskutiert. Denkbar wäre es z. B. sich nicht am Pflichtteil, sondern am doppelt so hohen gesetzlichen Erbteil zu orientieren, das wären 60 000 €. Dann betrüge die Gesamtabfindung jeweils 73 000 € für jeden weichenden Erben. Eine andere Möglichkeit wäre, die weichenden Erben für einen begrenzten Zeitraum an den Erträgen der Anlagen zu beteiligen. Ebenso ist es denkbar, die recht geringe Hofabfindung aufzustocken. In allen Fällen darf jedoch die Ertragsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebes nicht gefährdet werden!

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