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Hofabgabeklausel: Das plant die Koalition

Lesezeit: 8 Minuten

Die Große Koalition will die umstrittene Hofabgabeklausel nicht abschaffen, die Vorschriften aber lockern. Was das für Sie bedeutet, erklärt Ihnen Dr. Peter Mehl*.


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Jeder Landwirt muss spätestens mit Erreichen des Rentenalters seinen Hof verkaufen, stilllegen, in ein Gemeinschaftsunternehmen überführen oder für mindestens neun Jahre verpachten – andernfalls kann er keine Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse beziehen. So sieht es die sogenannte Hofabgabeklausel (kurz: HAK) vor.


Etliche Landwirte halten die Zwangsabgabe allerdings für überholt und würden sie am liebsten abschaffen. Wer in die landwirtschaftliche Alterskasse einzahle, habe ein Recht auf eine Rente – auch dann, wenn er den Betrieb weiterbewirtschaften sollte, so die Kritiker.


Vor allem junge Landwirte sehen das anders: Ohne die verpflichtende Hofabgabe würden einige Nachfolger erst sehr spät die Verantwortung für ihre Betriebe übernehmen können. Dabei müsse der Nachwuchs in jungen Jahren investieren, um sich die Zukunft zu sichern. Ohne Hofabgabeklausel würden die Flächen auslaufender Betriebe zudem viel zu spät auf den Pachtmarkt fließen.


Probleme mit der Hofabgabe haben auch Betriebsleiter ohne Hofnachfolger. Vor allem in strukturschwachen Regionen sind diese im Rentenalter oft noch auf die Einnahmen ihres Betriebes angewiesen und müssen sich entscheiden: Entweder für eine magere Rente oder für die Einnahmen des Betriebes – beides gleichzeitig geht hingegen nicht.


Die Bundesregierung hat nun einen Kompromiss erarbeitet, um Kritikern und Befürwortern entgegenzukommen. Danach will die Große Koalition die Hofabgabeklausel erhalten, die bisherige Regelung aber vor allem an einigen Stellen lockern:


  • Künftig dürfen Rentner mehr eigene Flächen bewirtschaften als bislang und verlieren dadurch trotzdem nicht ihren Rentenanspruch.
  • Die Regierung will die Abgabe des Betriebes an den Ehegatten und ein Gemeinschaftsunternehmen erleichtern.
  • Wer nicht mit 65 Jahren in den Ruhestand wechselt, sondern erst später, kann im Gegenzug mit einer höheren Rente rechnen.


Was das konkret bedeutet, zeigen wir Ihnen an drei Praxisbeispielen. Bitte beachten Sie aber: Diese und vor allem die Berechnungen in den Übersichten zeigen lediglich Tendenzen auf. Im Einzelfall können die Werte davon abweichen. Außerdem haben wir in den Berechnungen die Krankenversicherungsbeiträge, Steuern und Abgaben außen vor gelassen (s. Kasten Seite 36).


Der Entwurf wird im Übrigen voraussichtlich noch in diesem Jahr im Bundestag beraten. Sollten die Abgeordneten zustimmen, könnte er Anfang 2016 bereits in Kraft treten.


1. Mehr Fläche bewirtschaften:

In unserem ersten Beispiel erreicht Landwirt Günther Schmidt Anfang 2016 das Rentenalter (alle Namen frei erfunden, Übersicht 1). Er ist derzeit 64 Jahre alt und hat 37 Jahre lang in die Alterskasse eingezahlt. Seine Frau ist verstorben, und seine drei Kinder arbeiten außerhalb der Landwirtschaft.


Schmidt beackert 48 ha, davon gehören ihm 25 ha selber, den Rest pachtet er zu. Er möchte keinesfalls auf die Rente verzichten, weil er gesundheitlich angeschlagen ist und beruflich kürzer treten muss. Gleichzeitig hängt er sehr an seinem Betrieb und will sich nicht komplett von diesem trennen.


Schmidt würde daher von den geplanten Änderungen profitieren. Denn diese sehen einen höheren Rückbehalt vor. Zum Verständnis: Bislang darf ein Landwirt bei Renteneintritt einen Teil seiner Fläche (max. 2 ha) weiter bewirtschaften, ohne dadurch seine Altersrente zu gefährden. Diesen zulässigen Rückbehalt will die Große Koalition auf 7,99 ha anheben. Damit wäre für Schmidt folgendes Szenario denkbar: Er gibt seine Pachtflächen zurück an seine Verpächter und verpachtet gleichzeitig einen Teil seiner eigenen Flächen. Seinen verkleinerten Betrieb mit ca. 7,9 ha bewirtschaftet er weiter und erhält dann eine Altersrente von rund 500 €.


2. Rente verschieben:

Schmidts Altersgenosse und Nachbar Karl Meier ist ebenfalls 64 Jahre alt, alleinstehend und hat für seinen Betrieb keinen Nachfolger (Übersicht 2). Da er noch leistungsfähig ist, kann er es sich im Moment nicht vorstellen, den Betrieb auf unter 8 ha zu verkleinern oder in fremde Hände abzugeben. Außerdem ist er auf die Rente nicht angewiesen, da er mit seinem Betrieb ein ausreichendes Einkommen erwirtschaftet. Insgeheim hofft er auch, dass sein Neffe Frank Meier, der Agrarwissenschaften studiert, seine Nachfolge antritt. Deshalb lässt er den Rentenantrittstermin verstreichen und macht weiter wie bisher.


Betriebsleitern wie Meier will die Regierung künftig entgegenkommen: Landwirte, die erst später in den Ruhestand wechseln, sollen einen Zuschlag auf ihre Rente erhalten. Dieser beträgt für jeden Monat, den sie später ins Altenteil gehen, 0,5 %. Damit würde die Koalition eine ähnliche Regelung der gesetzlichen Rentenversicherung in das landwirtschaftliche System aufnehmen.


Meier hat 37 Jahre lang in die Alterskasse eingezahlt. In 2016 wird er 65 Jahre alt. Dann steht ihm eine Rente von monatlich 500 € zu. Da er vermutlich aber erst 2021 seinen Betrieb aufgeben wird, erhält er einen um 30 % hö­heren Betrag (650 €/Monat).


Wenn Landwirt Meier seinen Hof 2021 an seinen Neffen abgibt, soll er nach dem Willen der Regierung auch ein Gemeinschaftsunternehmen mit seinem Nachfolger gründen können, ohne dadurch seine Ansprüche zu verlieren. Das war zwar auch bisher schon möglich. Allerdings hätte Meier dazu die Gesellschaft bereits vor der Abgabe gründen müssen. Künftig würde es ausreichen, wenn er seinen Betrieb bei Erreichen des Rentenalters erstmals in das Gemeinschaftsunternehmen einbringt. Allerdings darf er keine Führungsposition und keine Vertretungsmacht besitzen.


3. Ehepartner profitieren:

Knapp zwei Drittel aller Landwirte sind verheiratet. Auch diese können den ausgedehnten Rückbehalt und den Zuschlag für einen späteren Renteneintritt nutzen. Für Ehepaare sieht der neue Entwurf aber noch eine weitere Änderung vor: Die Abgabe des Betriebes an den Ehepartner, um eine Rente zu erhalten, soll attraktiver werden.


Hintergrund: Ein Landwirt kann ­seinen Betrieb auch an seine Ehefrau abgeben, um Rente zu erhalten. Dieses Modell ist bislang aber nur bei einem großen Altersabstand zwischen den Ehepartnern attraktiv. Denn eine solche Abgabe hat nach geltendem Recht nur solange Bestand, bis auch der den Betrieb übernehmende Ehegatte das Rentenalter erreicht oder voll erwerbsunfähig wird.


Wie die bisherige Regelung war, zeigt das Beispiel von Thomas Müller. Er erreicht 2016 das Rentenalter und gibt dann den Hof an seine drei Jahre jüngere Ehefrau Eva ab, um Rente beziehen zu können (Übersicht 3).


Eva Müller wird dadurch zur landwirtschaftlichen Unternehmerin und Thomas Müller zum Rentner. Drei Jahre später erreicht seine Frau ebenfalls das Rentenalter, sie will den Betrieb aber weiter bewirtschaften. Daher erhält sie in diesem Fall keine Rente. Außerdem: Weil sie sich für den Betrieb, statt für die Rente entschieden hat, streicht die Alterskasse auch Thomas Müller die Leistungen. Die Ehegattenabgabe ist somit aktuell nur solange gültig, bis Eva Müller ebenfalls das Rentenalter erreicht. Da der durchschnittliche Altersabstand bei Landwirtsehepaaren derzeit knapp drei Jahre beträgt, wird die Ehegattenabgabe daher auch nur wenig genutzt.


Die Regierung will diese starre Regelung nun lockern. Die entscheidende Neuregelung: Die Alterskasse würde Thomas Müller im Unterschied zum alten Recht auch dann nicht die Rente streichen, wenn seine Frau den Betrieb mit 65 Jahren noch weiter bewirtschaftet, anstatt selber Rente zu beziehen. Thomas Müller könnte dann den Betrieb an seine Frau abgeben und würde eine Rente in Höhe von knapp 500 € pro Monat erhalten (37 Beitragsjahre). Wenn Eva Müller drei Jahre später selbst das Rentenalter erreicht, den Hof aber nicht abgibt, verzichtet sie zwar zunächst auf monatlich 260 € Rente. So hoch ist derzeit im Schnitt die Rente für Ehegatten. Die Alterskasse würde ihrem Mann dafür aber auch nicht die Rente von monatlich 500 € entziehen. Außerdem kann sie die Gutschriften für den späteren Renteneintritt in Anspruch nehmen, wenn sie dann tatsächlich irgendwann den Hof abgibt.


Ehefrau von Beiträgen befreit:

Besonders interessant kann die Ehegattenabgabe dann werden, wenn Eva Müller von der landwirtschaftlichen Rentenkasse befreit wäre und keine oder nur geringe Rentenansprüche hat. Dann könnte Eva Müller ohne große finanzielle Verluste den Betrieb weiterbewirtschaften. Diese Konstellation dürfte nicht selten der Fall sein. Gegenwärtig sind ca. zwei Drittel aller Ehegatten von der Zahlung in die landwirtschaftliche Rentenkasse befreit. Das ist z. B. der Fall, wenn der Ehepartner ein dauerhaftes Einkommen von mehr als 400 €/Monat erwirtschaftet.


Landwirte können beispielsweise ihre Ehefrauen im eigenen Betrieb als “geringfügig Beschäftigte” anstellen. Dann dürfen diese bis zu 450 € pro Monat verdienen und können sich von der landwirtschaftlichen Rentenkasse befreien lassen.


Was sich noch ändern könnte:

Ändern will die Regierung auch folgende Altregelung: Wenn ein Landwirt schon in mittlerem Alter erheblich erkrankt, aus medizinischer Sicht jedoch nur eine teilweise Erwerbsminderung festgestellt wird, kann dieser bislang seinen Betrieb nur an Dritte abgeben, nicht aber an die Ehefrau. Nachteil dieser Regelung: Zwar könnte er den Betrieb auch seinem Hofnachfolger übergeben, der ist aber unter diesen Umständen oft noch zu jung für die Übergabe. Daher kommt nur eine Fremdverpachtung für neun Jahre in Betracht.


Die Abgabe an die nachfolgende Generation scheidet während dieses Neun-Jahres-Zeitraums aus. Das kann aber dazu führen, dass sich der vorgesehene Nachfolger in dieser Zeit möglicherweise beruflich neu orientiert. Künftig könnte sich dieses Problem nicht mehr stellen, weil die Hofabgabe an den Ehegatten auch bei teilweiser Erwerbsminderung erlaubt werden soll.-ro-

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