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„Ich bin der Pony-Typ!“

Lesezeit: 3 Minuten

Verena Bentele schwärmt von ihrer Kindheit auf dem elterlichen Demeter-Hof in Wellmutsweiler am Bodensee. Die frühere Profi-Sportlerin, heute Coach, Buchautorin und Behindertenbeauftrage der Bundesregierung, kam blind zur Welt.


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Als ich das Café in Berlin-Mitte betrete, ist sie schon da. Auf dem Tisch liegt das Smartphone. Neben ihr aufgereiht: Ein Mantel, eine große Handtasche, der dezent zu­sammengeklappte, weiße Blindenstock. Wir sind Bauerntöchter, fast im gleichen Alter und kommen schnell ins Gespräch – über den Bentele’schen Obstanbau, Bio-Hopfen, die Hofübergabe, Geschwister, kleine Nichten und Neffen.


Doch Verena Bentele hat noch etwas mehr zu berichten: Im Familienurlaub steht sie mit drei Jahren das erste Mal auf Skiern. Die sport-liebenden Eltern trotzen der Tatsache, dass Verena und ihr Bruder Michael blind sind, nur hell und dunkel unterscheiden können. Mit dem Ältesten, Johannes, wachsen die drei wie alle Bauernkinder auf: mit kleinen Blessuren, Schürfwunden, vielen Freiheiten und zeitweiser Mithilfe im Haus und auf dem Hof.


Auf dem Internat, das Verena und Michael ab der ersten Klasse besuchen, erprobt sich die Bauerntochter in Judo, Reiten und Leichtathletik. Als Jugendliche konzentriert sie sich auf den Wintersport. Ihr Ehrgeiz und Talent fallen den Trainern auf. 1997 startet Verena Bentele – die spätere „Schneekönigin“ – erstmalig vor großem Publikum. Der Erfolg und die Hochstimmung nach dem Sieg begeistern sie. „Ich erkannte schnell: Durch Training kann ich mich entwickeln, verbessern, Grenzen verschieben. Die Gefühle nach einem Wettkampf sind intensiv und wahnsinnig schön“, erklärt sie. „Sie geben mir Bestätigung. Und bedeuten auch Freiheit.“


Trotz eines schweren Unfalls 2009 bleibt Verena dran: Bis 2011, zum Ende ihrer Sport-Karriere, gewinnt sie im Biathlon und Langlauf 12 Goldmedaillen bei den Paralympics und 4-mal Weltmeister-Gold. Ebenfalls 2011 schließt sie ihr Germanistik-Studium ab. Sie absolviert die Ausbildung zum Systemischen Coach, ist als Vortragsrednerin und Personaltrainerin tätig. „Ja, ich habe viel Energie. Und Durchhaltevermögen. Das kommt vom Sport, von den straffen Trainingsplänen“, sagt sie, während wir Kaffee und Rührei bestellen.


Verena Bentele lebt in München, in Berlin arbeitet sie. „Hier steht mein Schreibtisch, hier sind meine Mitarbeiter“, erzählt sie bescheiden. Denn: Nach der Berufung durch Andrea Nahles zur Behindertenbeauftragten hat sie vor einem Jahr ihr Büro im Ministerium für Arbeit und Soziales bezogen. So ist die 33-Jährige heute in Sachen Inklusion deutschlandweit und international unterwegs.


Der Sport ist Freizeit-Thema. In der Intensität reicht er vom morgendlichen Jogging über die Besteigung des Kilimandscharo (2013) bis zum 540 km-Radmarathon in Norwegen (2013/14).


Doch – wie bewerkstelligt ein blinder Mensch solche Höchstleistungen? Mit einem offenbar eisernen Willen. Verena Bentele ist fokussiert auf Ziele und Stärken. Handicaps und Schwächen treten in der Begegnung mit ihr sofort in den Hintergrund. Und: Die junge, fröhliche Frau kann vertrauen. Beim Sport hat sie stets einen Begleitläufer an ihrer Seite, im Job sind es Assistenten, Politik-, Farb- oder Stil-Berater. „Sie leihen mir für bestimmte Aufgaben ihr Augenlicht.“


Die Bindung zum Hof ist weiterhin eng, der Draht zu den Eltern sehr gut. „Ich bin dankbar, dass sie uns Kindern solch ein Grundvertrauen ins Leben vermittelt haben.“ Ihre schönste Kindheitserinnerung sei das Shetlandpony. „Jimmy war eigensinnig, störrisch, zäh. Ich bin auch so ein Pony-Typ“, sagt sie und strahlt. Wir verabschieden uns.


Reingard Bröcker

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