Ich bin 22 Jahre alt und arbeite seit meiner Kindheit auf unserem Familienbetrieb in Westfalen. Aktuell studiere ich Agrarwissenschaften und beschäftige mich intensiv mit der Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland. Aus meiner Sicht befinden wir uns aktuell in einer sehr bewegten Zeit, in der die entscheidenden Weichen für die weitere Entwicklung der Agrarbranche in Deutschland gestellt werden.
In den letzten vier Wochen konnte ich die agrarpolitische Debatte in Berlin hautnah miterleben. Ich habe mit großer Sorge festgestellt, dass die Gräben zwischen Politik und Landwirten immer tiefer werden. Noch viel erschreckender ist für mich allerdings der Konfrontationskurs, der von Teilen der Landwirtschaft und Teilen der Gesellschaft eingeschlagen wird. Aus meiner Sicht ist die Landwirtschaft ein essentieller Teil der Gesellschaft und sollte sich nicht immer die Außenseiterrolle zuschieben lassen oder zum Teil auch selber zuschieben. Diese Entwicklung muss dringend aufgehalten werden, und dazu müssen sich die Extreme auf beiden Seiten abschwächen.
Die Protestaktion der grünen Kreuze ist bei der Lösung dieses Problems extrem kontraproduktiv, und daher ist es für mich völlig unerklärlich, wie manche politischen Akteure und die Presse ebenfalls darauf anspringen. Matthias Schulze Steinmann schreibt: „Stattdessen schlägt die Stunde der Scharfmacher. […] Genau das ist der falsche Weg.“ Diese Position teile ich komplett. Doch leider nehme ich auch top agrar als Medium wahr, das selten kritische Stimmen zu Wort kommen lässt und unter anderem mit der Kommentarfunktion auf seiner Homepage zur Konfrontation anstiftet. Ich sehe die Presse in der Verantwortung, eine konstruktive „Streitkultur“ zu ermöglichen. Sie, Herr Schulze Steinmann, haben die einfachste Möglichkeit, den Grundstein dafür zu legen. Deshalb wünsche ich mir, dass Sie sich von Ihren Forderungen in dem Kommentar als Erster angesprochen fühlen.
Ich denke, dass sich in den nächsten Jahren in der Landwirtschaft viel verändern muss und es zwangsläufig auch dazu kommen wird. Deshalb sollte man sich nicht weiter diesen Veränderungen verschließen, um den Status quo irgendwie zu erhalten, sondern versuchen, sie konstruktiv mitzugestalten. Das war in der Vergangenheit leider viel zu selten der Fall und sollte uns eine Lehre für die Zukunft sein.
Christoph Stumpe, 59427 Unna, Nordrhein-Westfalen