Glosse
Vor einigen Wochen feierte unsere Jüngste Schulabschluss – endlich. Zu diesem Anlass warfen wir Eltern uns in Schale und fuhren in unsere schöne Landeshauptstadt. Nach dem Festakt saßen wir mit den Erzeugern einer ihrer guten Freundinnen zusammen am Tisch. Der Vater ist gelernter und preisgekrönter Kameramann und ich verstand mich auf Anhieb prächtig mit ihm.
Es interessierte mich brennend, warum man so einen Beruf ergreift und noch mehr, wie man davon leben kann. Ihm jedenfalls scheint das bestens zu gelingen, bereist er doch schon über dreißig Jahre die ganze Welt.
Auch er interessierte sich seinerseits für unsere Arbeit und so durfte ich ihm allerhand erklären. Vieles wusste er schon, ist er doch in einer ländlichen Gegend aufgewachsen. Beim Stichwort „Gülle“ haperte es allerdings gewaltig. „Kann man die Gülle nicht einfach in einer Gasanlage verstromen und anschließend verbrennen, wenn ihr nicht wisst, wohin damit“, fragte er. Ich erklärte ihm, dass unsere Gülle in erster Linie nicht ein Problem, sondern ein wertvoller Dünger für die Felder sei. Problem gebe es nur, wenn zu viel Gülle auf zu wenig Fläche falle – was in unserer Gegend schon auch mal, aber nicht generell vorkomme. Deswegen hätten wir im Süden so ein verdammt gutes Trinkwasser.
Aus den Medien hatte er anscheinend ein anderes Bild und im weiteren Verlauf unserer Unterhaltung verstand ich auch, warum. Als ich ihn fragte, ob er denn als Kameramann auch gerne Filme anschaue, erklärte er mir, dass er sich das beinahe ganz abgewöhnt habe. Er wisse nämlich zu gut, wie viel Arbeit es mache, einen Film gut zu drehen. Deshalb sei er regelmäßig enttäuscht, wenn er dann das verkürzte Ergebnis sehe.
Was für eine gute Schule, die unsere Tochter da besucht hat, dachte ich mir. Da habe sogar ich noch eine Menge gelernt. Vor allem, dass entscheidend ist, was hinten rauskommt. Das Kulturmedium Film könnte sehr fruchtbar und nahrhaft sein für unser gesellschaftliches Leben, ebenso wie das Nährmedium Gülle für Leben und Wachstum unserer Agrarkultur.
Aber gelegentlich stinkt beides.
Herzlichst Ihr
Hans Neumayer