Den Maiszüchtern im GVO-Streit Paroli geboten hat jetzt einer der 228 Landwirte, die im Frühjahr 2010 unwissentlich gentechnisch verunreinigtes Maissaatgut ausgedrillt hatten.
Zur Erinnerung: Im Februar 2010 fand das niedersächsische Amt für Lebensmittelsicherheit (LAVES) Spuren des gentechnisch veränderten Mais „NK603“ im konventionellen Maissaatgut der Firma Pioneer. Bis das Amt die Ergebnisse meldete, vergingen aber Wochen, Pioneer selbst ließ weitere Zeit verstreichen. Der Verkauf an die Landwirte wurde letztendlich erst Anfang Mai gestoppt, nachdem bereits 2 000 ha ausgedrillt waren.
Es folgten gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen dem Landwirtschaftsministerium in Hannover und der Firma Pioneer, die darin endeten, dass die Firma Pioneer den betroffenen Landwirten eine „freiwillige Soforthilfe“ in Höhe von 1 800 €/ha anbot. Dieses Angebot beinhaltete nach Informationen von top agrar allerdings einen Kuhhandel: Im Gegenzug zur Zahlung des Geldes mussten die Landwirte unterschreiben, bei der Einleitung eines Amtshaftungsverfahrens gegen das Land Niedersachsen mitzuwirken und je nach Ausgang des Verfahrens die 1 800 € an Pioneer zurückzuzahlen. Die große Mehrheit der Landwirte hatte damals offenbar unterschrieben.
Wer profitiert?
Ein bayerischer Landwirt, der knapp 12 ha mit Pioneer-Mais bestellt hatte, wollte sich nicht auf die Klagen anderer verlassen und ergriff – vertreten durch den Fachanwalt für Agrarrecht Leopold M. Thum, München – selbst die Initiative. Er beschritt den Klageweg und verlor zunächst vor dem Landgericht, setzte sich dann aber in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht München endgültig durch: Für Umbruch und Ertragsausfall erhält er rund 12 300 € zuzüglich Zinsen. Für die übrigen Landwirte könnte der gewonnene Prozess bedeuten, dass sie das Geld aus der „freiwilligen Soforthilfe“ jetzt behalten können.
Herbe Kritik an Pioneer:
Recht-liches Neuland betraten die Richter, indem sie die Aussaat von GVO-verunreinigtem Saat-gut als faktische Blockade des Eigentums bewerteten. Der Landwirt könne aufgrund des verun-reinigten Saatgutes nicht mehr frei über seine Felder verfügen.
Deutliche Kritik übten sie auch an Pioneers allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen. Der Konzern dürfe nicht vorab festschreiben, dass „Saatgut mit Beimischungen von geringen Spuren gentechnisch veränderten Materials als nicht mangelhaft gilt“. Im Fall von Saatgut gehe es eben nicht nur um die Beschaffenheit des Gutes, es müsse sich auch für den vorgesehenen Zweck eignen. Sei das nicht der Fall, handele es sich um eine unangemessene Benachteiligung des Landwirtes entgegen den Geboten von Treu und Glauben.
Auch die Verkäuferin vor Ort muss sich Kritik gefallen lassen: Sie habe eine wesentliche Vertragspflicht verletzt, indem sie Saatgut lieferte, dessen Anbau in Deutschland nicht zulässig ist (Az: 24 U 2956/12).
Rechtsanwalt Leopold M. Thum, München
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Den Maiszüchtern im GVO-Streit Paroli geboten hat jetzt einer der 228 Landwirte, die im Frühjahr 2010 unwissentlich gentechnisch verunreinigtes Maissaatgut ausgedrillt hatten.
Zur Erinnerung: Im Februar 2010 fand das niedersächsische Amt für Lebensmittelsicherheit (LAVES) Spuren des gentechnisch veränderten Mais „NK603“ im konventionellen Maissaatgut der Firma Pioneer. Bis das Amt die Ergebnisse meldete, vergingen aber Wochen, Pioneer selbst ließ weitere Zeit verstreichen. Der Verkauf an die Landwirte wurde letztendlich erst Anfang Mai gestoppt, nachdem bereits 2 000 ha ausgedrillt waren.
Es folgten gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen dem Landwirtschaftsministerium in Hannover und der Firma Pioneer, die darin endeten, dass die Firma Pioneer den betroffenen Landwirten eine „freiwillige Soforthilfe“ in Höhe von 1 800 €/ha anbot. Dieses Angebot beinhaltete nach Informationen von top agrar allerdings einen Kuhhandel: Im Gegenzug zur Zahlung des Geldes mussten die Landwirte unterschreiben, bei der Einleitung eines Amtshaftungsverfahrens gegen das Land Niedersachsen mitzuwirken und je nach Ausgang des Verfahrens die 1 800 € an Pioneer zurückzuzahlen. Die große Mehrheit der Landwirte hatte damals offenbar unterschrieben.
Wer profitiert?
Ein bayerischer Landwirt, der knapp 12 ha mit Pioneer-Mais bestellt hatte, wollte sich nicht auf die Klagen anderer verlassen und ergriff – vertreten durch den Fachanwalt für Agrarrecht Leopold M. Thum, München – selbst die Initiative. Er beschritt den Klageweg und verlor zunächst vor dem Landgericht, setzte sich dann aber in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht München endgültig durch: Für Umbruch und Ertragsausfall erhält er rund 12 300 € zuzüglich Zinsen. Für die übrigen Landwirte könnte der gewonnene Prozess bedeuten, dass sie das Geld aus der „freiwilligen Soforthilfe“ jetzt behalten können.
Herbe Kritik an Pioneer:
Recht-liches Neuland betraten die Richter, indem sie die Aussaat von GVO-verunreinigtem Saat-gut als faktische Blockade des Eigentums bewerteten. Der Landwirt könne aufgrund des verun-reinigten Saatgutes nicht mehr frei über seine Felder verfügen.
Deutliche Kritik übten sie auch an Pioneers allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen. Der Konzern dürfe nicht vorab festschreiben, dass „Saatgut mit Beimischungen von geringen Spuren gentechnisch veränderten Materials als nicht mangelhaft gilt“. Im Fall von Saatgut gehe es eben nicht nur um die Beschaffenheit des Gutes, es müsse sich auch für den vorgesehenen Zweck eignen. Sei das nicht der Fall, handele es sich um eine unangemessene Benachteiligung des Landwirtes entgegen den Geboten von Treu und Glauben.
Auch die Verkäuferin vor Ort muss sich Kritik gefallen lassen: Sie habe eine wesentliche Vertragspflicht verletzt, indem sie Saatgut lieferte, dessen Anbau in Deutschland nicht zulässig ist (Az: 24 U 2956/12).