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Lassen sich die Bodenpreise noch bremsen?

Lesezeit: 10 Minuten

Der Kauf von Agrarflächen ist inzwischen ein teures Vergnügen. Jahr für Jahr steigen die Preise um über 8 %. Deshalb denkt die Politik über Preisbremsen nach. Prof. Dr. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim hält davon nicht viel.


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Die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen gingen in den vergangenen Jahren steil nach oben. 2005 kostete 1 ha LF „nur“ rund 8 700 €. Acht Jahre später lag der durchschnittliche Kaufpreis schon bei 16 400 €. Das sind über 8 % mehr pro Jahr (Übersicht 1). Zwischen und auch innerhalb der Regionen gibt es aber große Unterschiede:


  • Im Osten sind die Flächen oft günstiger.
  • In Bayern und Nordrhein-Westfalen sind sie im Schnitt am teuersten.
  • Ackerland kostet mehr als Grünland.
  • Größere Flächen sind teurer als kleinere Teilstücke.
  • Mit den Bodenpunkten steigen auch die Preise.


Der letzte Punkt ist auch dafür mitverantwortlich, dass die Bodenpreise schon innerhalb einzelner Landkreise sehr stark schwanken können. Dennoch gilt fast überall in Deutschland: Die Bodenpreise steigen – so stark, dass inzwischen immer mehr Landwirte um die Entwicklung ihrer Betriebe fürchten.


Politik schaltet sich ein:

Das hat die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern auf den Plan gerufen. Sie haben eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, bis zum kommenden Frühjahr Maßnahmen vorzuschlagen, mit denen sich die Preisdynamik am Bodenmarkt dämpfen lässt. In einem ersten Schritt haben die Experten knackige Ziele definiert:


  • Das Bodeneigentum soll breit gestreut bleiben.
  • Es soll weder für Nachfrager noch für Anbieter eine marktbeherrschende Position geben.
  • Auch Junglandwirte sollen am Bodenmarkt zum Zuge kommen.
  • Die landwirtschaftliche Nutzung von Agrarflächen soll Vorrang haben.
  • Die Markttransparenz des Bodenmarkts soll verbessert werden.
  • Landwirte sollen beim Flächenkauf privilegiert sein.
  • Der weitere Preisanstieg soll begrenzt werden.


Während die ersten fünf Ziele nachvollziehbar sind, ist es fraglich, ob eine politische Begrenzung des Preisanstiegs wirklich sinnvoll ist. Schon heute hat der landwirtschaftliche Bodenmarkt gesetzliche Leitplanken, die vom Bundesverfassungsgericht bislang auch als legitim angesehen werden. Über das Grundstückverkehrs­gesetz (GrdstVG) und das Reichssiedlungsgesetz (RSG) können die Genehmigungsbehörden der Länder „Überpreise“ verhindern oder einschränken.


Die Siedlungsgesellschaften der Länder können unter bestimmten Bedingungen Vorkaufsrechte ausüben, um die Flächen ggf. an ortsansässige Landwirte weiterzugeben. Damit soll die Agrarstruktur stabilisiert werden. Wenn die Politik nun den Bodenmarkt noch stärker regulieren will, müsste sie über die bisherigen Eingriffsoptionen hinausgehen. Das setzt aber voraus, dass die Bodenpreise tatsächlich zu hoch sind.


Bodenpreise zu hoch?

Die Antwort auf diese Frage lässt sich am besten von der Grundrente ableiten. Das ist die Entlohnung des Bodens, nachdem alle anderen Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) bereits vergütet wurden. Nach den Ergebnissen des Testbetriebsnetzes der Bundesregierung erzielten die deutschen Haupterwerbsbetriebe im Durchschnitt der letzten Jahre eine Grundrente zwischen 100 und 200 €/ha. Wenn man diese Grundrente kapitalisiert, d. h. unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer und des maßgeblichen Zinssatzes vervielfältigt, ergibt sich ein maximaler Kaufpreis, den ein Landwirt auf Basis seiner Ertragsfähigkeit für eine Fläche zahlen kann.


Bei einer Grundrente von 200 €/ha, einem Zinssatz von 4 % und einer unbegrenzten Nutzungsdauer (Boden hat keine Abnutzung) ergäbe sich ein maximaler Kaufpreis von nur 5 000 €/ha. Natürlich entspricht ein solcher Preis nicht der Realität. Den Markt bestimmen in der Regel die erfolgreichen bzw. optimistischen Landwirte, die vielfach aus dem Kreis der Veredlungs- und Ackerbaubetriebe stammen. Diese haben in den vergangenen Jahren durchaus Grundrenten von 500 bis 1 000 €/ha und z. T. mehr erzielt. Entsprechend höhere Kaufpreise können sie bieten.


Das erklärt zumindest zum Teil die zuletzt deutlich gestiegenen Kaufpreise, wenngleich die aktuelle Ertragslage vielen kaufinteressierten Akteuren einen erheblichen Dämpfer versetzen dürfte. Darüber hinaus führt das derzeit niedrige Zinsniveau zu weiteren Bodenpreissteigerungen, wenn das geringe Zinsniveau auf die gesamte Nutzungsdauer des Bodens übertragen wird (siehe Übersicht 2). Dabei gilt: Je niedriger der Zins und je höher die Grundrente, desto höher die Zahlungsbereitschaft beim Flächenkauf. Ein unterstellter Zins von 2 % führt bei einer erwarteten Grundrente von 1 000 €/ha zu einem Kaufpreis von 50 000 €/ha – allein aus der Ertragsentwicklung.


Hinzu kommt: Wenn gleichzeitig mehrere erfolgreiche bzw. optimistische Akteure mit niedrigen Zinserwartungen in einem regionalen Bodenmarkt aufeinanderstoßen, sind sie oft bereit, die volle erwartete Grundrente auf ihre max. Zahlungsbereitschaft zu übertragen. Das heißt, sie verzichten auf eine zusätzliche Unternehmerentlohnung.


In Einzelfällen kann auch die Vermeidung gewerblicher Einkünfte oder die Ermöglichung von Baugenehmigungen und Investitionszuschüssen zu noch höheren Zahlungsbereitschaften beim Bodenkauf führen. Damit wird deutlich: Die positive Ertragsperspektive und die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre haben einen großen Anteil an den steigenden Bodenpreisen.


Keine weiteren Bremsen nötig?

Es ist also bei diesen Rahmenbedingungen völlig normal und nachvollziehbar, dass die Bodenpreise steigen. Wenn die Politik dies für eine ungesunde Entwicklung hält und weitere Preisbremsen einziehen will, stellt sich die Frage, wo? Grundsätzlich können die Maßnahmen bei den Ursachen für die steigenden Preise oder beim Preis selber ansetzen.


Übersicht 3 gliedert die inneren und äußeren Einflussfaktoren für eine wachsende Nachfrage nach Agrarflächen. Danach können einzelbetriebliche Gründe, wie eine verbesserte Arrondierung des Betriebes oder der Ausgleich von Flächenverlusten für Siedlung und Verkehr, starke Motive für einen Bodenkauf sein. Darüber hinaus sind gute wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen ebenfalls ein bedeutender Anreiz für den Erwerb von Acker- und Grünland. Am Ende können auch persönliche Einstellungen des Betriebsleiters für eine verstärkte Flächennachfrage verantwortlich sein.


Die Politik hat Möglichkeiten, die Ursachen der Nachfrage nach Boden zu beeinflussen. Allerdings führen die meisten der in Übersicht 3 aufgeführten Einflussfaktoren direkt oder zumindest indirekt zu einer reduzierten Ertragsfähigkeit der Betriebe. Das kann nicht das Ziel der Politik und des Berufsstandes sein.


Eine Maßnahme könnte jedoch für Landwirtschaft und Politik zu einer Win-win-Situation führen und zwar dann, wenn der Bund den § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) modifizieren würde. Danach können Veräußerungsgewinne aus betrieblichen Bodenverkäufen steuerfrei auf andere Flächen übertragen werden. Diese Regel kann in der bestehenden Form fast zu einer Verdopplung der Zahlungsbereitschaft für zusätzliche Betriebsflächen führen. Vor allem in Regionen mit urbanem Siedlungsdruck führt dies zu erheblichen Preissteigerungen. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind überregional bis in die Neuen Bundesländer spürbar.


Es wäre aber nicht sinnvoll, den § 6b EStG ganz abzuschaffen. Die negativen Wirkungen wären für die Volkswirtschaft zu groß. Viel besser wäre es, wenn Bund und Länder es gemeinsam schafften, den Flächenverbrauch für Siedlung, Verkehr und für Ausgleichsmaßnahmen deutlich zu verringern.


Darüber hinaus könnte es überlegenswert sein, die bisherigen Reinvestitionsmöglichkeiten zu erweitern. Eine alternative Versteuerung von betrieblichen Veräußerungsgewinnen aus landwirtschaftlichen Nutzflächen mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % wie bei den Einkünften aus Kapitalver­mögen hätte Potenzial, den Bodenmarkt zu entlasten und sogar dem Fiskus mehr Steuern einzubringen. Damit würde die Zahlungsbereitschaft mit einer 6b-Rücklage aufgrund der alternativen (geringeren) Versteuerung nicht mehr um maximal 100 %, sondern „nur noch“ um maximal 30 % ansteigen.


Eine solche Anpassung des § 6b EStG wäre rechtlich und administrativ gut umsetzbar. Alternativ könnte auch der Vorschlag des Berufsstands aufgegriffen werden, die Veräußerungsgewinne wieder auf Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens zu übertragen. Der preisdämpfende Effekt wäre zwar nicht groß, aber zumindest erkennbar.


Andere geeignete Ansatzstellen und Instrumente zu finden, die nicht die Ertragsfähigkeit einschränken und damit die Betriebsentwicklung der Landwirte behindern, dürfte schwerfallen.


Nicht gegen den Markt:

Wenn es kaum möglich ist, bei den Ursachen anzusetzen, bleibt noch die Option, die (regionalen) Symptome zu bekämpfen. Dabei wird versucht, die Bodenpreise zu senken oder zumindest nicht weiter ansteigen zu lassen, ohne den Wert des Bodens zu beeinträchtigen. Übersicht 4 zeigt, welche Möglichkeiten es dafür grundsätzlich gibt, wie diese wirken und wie sie zu bewerten sind. Das reicht von der theoretischen Möglichkeit, Bodenverkäufe weitgehend zu untersagen, über die Festlegung von Höchstpreisen bis hin zu unterschiedlich starken Genehmigungsauflagen.


Nicht alles, was diskutiert wird, ist rechtlich möglich und politisch gewollt. Außerdem sind die Marktkräfte oft stärker als politische Hürden. Alle diese Optionen haben fast immer den Nachteil, dass sie mehr oder weniger stark zu rechtlich nicht erlaubten und volkswirtschaftlich schädlichen Seitenzahlungen („Schwarzgeschäften“) bzw. zu sonstigen Ausweichreaktionen führen.


Das geschieht immer dann, wenn der Bodenpreis künstlich niedrig gehalten wird, während zur gleichen Zeit der tatsächliche Bodenwert steigt. Eine solche Entwicklung würde das bislang in Deutschland vergleichsweise gut funktionierende System der Bodenrichtwerte infrage stellen. Das wäre schade, ist dieses in Deutschland viel kritisierte System im internationalen Vergleich eines der besten Systeme der Welt. Hinzu kommt: Massive Preiseingriffe in den Bodenmarkt würde die Transparenz für Käufer und Verkäufer (auch für den Staat) negativ beeinträchtigen.


Nicht alles sinnvoll:

Glücklicherweise werden gegenwärtig nur maßvolle und zum Teil auch sehr berechtigte Eingriffe diskutiert (s. Übersicht 4). Dazu zählt u. a. die Möglichkeit, auch den Anteilserwerb für landwirtschaftliche Unternehmen (insbesondere in Ostdeutschland) stärker zu kontrollieren und mit einer Genehmigungspflicht zu belegen. Hier hat das gegenwärtig geltende Grundstückverkehrsgesetz noch Lücken, deren Beseitigung allerdings ein „dickes rechtliches Brett“ darstellt. In der Tat geht ein Kauf von Unternehmensanteilen viel weiter als der direkte Bodenkauf, wenn man reine „Bodeneigentumsgesellschaften“ außen vor lässt.


Gegenwärtig dürfen die Behörden die Genehmigung eines Bodengeschäftes versagen, wenn der Preis um mehr als 150 % über dem durchschnittlichen Verkehrswert vergleichbarer Grundstücke liegt. Das ist vielfach gerichtlich bestätigt. In Baden-Württemberg liegt diese Grenze „nur“ bei 120 %. Das scheint gewagt, denn in der Rechtsprechung zu den Bodenwertgutachten wird üblicherweise von einer 20 bis 30 %igen Unschärfe ausgegangen.


Darüber hinaus werden landwirtschaftliche Nutzflächen vergleichsweise wenig gehandelt (pro Jahr im Schnitt 0,7 % der Gesamt-LF in Deutschland). Das kann die Unschärfe bei nur wenigen geeigneten Vergleichsgrundstücken weiter erhöhen. Eine bundesweite Absenkung auf 120 % als Messgröße für einen „Überpreis“ erscheint daher gewagt. Eine Grenze zwischen 120 % und 150 % ist vermutlich weniger risikoreich. Die Zahl der gerichtlichen Streitfälle würde aber wahrscheinlich ansteigen, ohne dass den Landwirten damit erkennbar weitergeholfen würde.


Unabhängig davon könnte die Politik auch an kleinen Schrauben drehen. So könnte bei derAusübung des Vorkaufsrechts durch die Siedlungsgesellschaften und der anschließenden Weitergabe an ortsansässige Landwirte künftig keine doppelte Grunderwerbsteuer mehr anfallen, zumal diese bereits in einfacher Form fragwürdig hoch ist.


Was nun?

Die steigenden Preise für Agrarflächen spiegeln die zunehmenden Ertragserwartungen und das aktuell niedrige Zinsniveau wider. Wenn überhaupt, gibt es nur kleinräumig in einzelnen Bundesländern „überzogene“ Preise. Eine Gefahr für die Agrar­struktur geht davon aber nicht aus.


Wenn der Politik die gegenwärtige Preisdynamik dennoch zu hoch ist und diese mit dem aktuellen Recht (v. a. dem Grundstückverkehrsgesetz) nicht mehr händelbar erscheint, wären allenfalls Maßnahmen auf Ebene der Bundesländer angezeigt. Die Wanderung des Bodens zum besseren Unternehmer muss auch künftig möglich sein, sofern damit niemand tatsächlich marktbeherrschende Stellung erlangen kann.


Alternativ könnten einzelne ostdeutsche Bundesländer die Flächen der BVVG übernehmen, um diese unter stärkerer Beachtung agrarstruktureller Aspekte in der Region zu verkaufen, vorausgesetzt eine Weitergabe an erfolgreiche Landwirte ist EU-konform. Das haben die Landesregierungen in Magdeburg und Schwerin erkannt. Seit Langem verhandeln sie intensiv mit dem Bund über die BVVG-Flächen.-sp-

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