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Mindestlohn: Mehr Kontrollen, mehr Haftung

Lesezeit: 6 Minuten

Hinter dem neuen Mindestlohngesetz steckt viel Bürokratie: Wie Sie Kost und Logis in Rechnung stellen, die Haftung eingrenzen und Kontrollen meistern, erklärt Marion von ­Chamier vom Westfälisch-Lippischen Arbeitgeberverband.


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Um die neuen Vorschriften zum Mindestlohn kommt kaum ein Landwirt herum – selbst dann, wenn Sie nur einen Lohnunternehmer beauftragen, sind Sie schon davon betroffen, ganz zu schweigen von den Auflagen für Arbeitgeber. Bereits in der Januar-Ausgabe von top agrar haben wir über die neuen Pflichten berichtet. Heute geht es um Kost und Logis in Saisonbetrieben, die Haftung des Arbeitgebers bei der Beauftragung von Lohnunternehmern und wie Sie sich bei Kontrollen verhalten.


Hin und her bei Kost und Logis:

Für viel Verwirrung auf den Saisonbetrieben sorgte die Frage, ob und wie Ausgaben für Verpflegung und Unterbringung auf den Lohn anrechenbar sind. Hieß es erst, dies sei generell möglich, macht das Hauptzollamt den meisten Landwirten jetzt einen gründlichen Strich durch die Rechnung. Laut neuster Veröffentlichung ist nun die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) relevant:


  • Nichtmitglieder, wie z.B. bestimmte Hofläden, fallen unter das Mindestlohngesetz. Sie dürfen für Saisonarbeiter Kost und Logis auf den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € anrechnen. Das heißt: In der Praxis reicht es aus, wenn der Bruttolohn – zusammengesetzt aus Arbeitsentgelt und dem Wert der gewährten Unterkunft bzw. Verpflegung – die Mindestlohngrenze erreicht.
  • Mitglieder der landwirtschaftlichen BG dagegen dürfen Kost und Logis nicht anrechnen. Denn durch den allgemeinverbindlichen Mindest­entgelt-Tarifvertrag in der Landwirtschaft gilt bis Ende 2017 das Arbeitnehmerentsendegesetz. Folge: Der Mindestlohn liegt 2015 bei 7,40 € (West) bzw. 7,20 € (Ost) reines Arbeitsentgelt. Das heißt, dass Unterbringung oder Verköstigung nicht enthalten sein dürfen.


Als Verwaltungsvereinfachung für landwirtschaftliche BG-Mitglieder ist gerade noch so erlaubt, Arbeitslohn und Bezahlung Unterkunft und Verpflegung in einen Vertrag zu fassen, so die mündliche Auskunft des Bundesfinanzministeriums.


Sie könnten also das Arbeitsentgelt berechnen, wobei der Mindestlohn von 7,40 € bzw. 7,20 € gegeben sein muss, davon dann die Kosten für Logis abziehen und alles in einer Summe auszahlen. Aber Achtung: Wer diesen Weg wählt, sollte bei den Unterbringungs- bzw. Verpflegungskosten unbedingt die Sachbezugswerte nicht überschreiten – sonst sind Probleme mit dem Zoll vorprogrammiert. Dazu kommt, dass der Arbeitnehmer mindestens das pfändungsfreie Arbeitsentgelt als Zahlung erhalten muss. Bei Prüfungen legt das Hauptzollamt monatlich bis zum 30.06.2015 für ledige, nicht unterhaltspflichtige Personen 1 049,99 € zugrunde. Hat der Arbeitnehmer Unterhaltspflichten für Kinder etc., erhöht sich die Pfändungsfreigrenze.


Besser zwei Verträge!

Wer Saisonkräfte beschäftigt und ihnen Verpflegung bzw. Unterkunft stellt, sollte besser zwei Verträge abschließen:


  • Einen Saisonarbeitsvertrag ohne Unterkunft bzw. Verpflegung.
  • Einen getrennten Werkmietvertrag für Unterbringung bzw. Verköstigung.
  • Saisonarbeiter erhalten dann zwei Zahlbeträge und unterschreiben zwei Quittungen. Steuerberater Arno Ruffer von der BSB-GmbH erläutert dazu:
  • Der Zoll prüft nur den Mindestlohn. Kost und Logis sind außen vor.
  • Für Werkmietverträge gilt Vertragsfreiheit. Sie können die Miethöhe also frei festlegen. Untergrenze sollte der Sachbezugswert sein. Nach oben gilt: Mieten von 20 % über der ortsüblichen Miete sind Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bis zu 50 000 €. Statt selbst zu vermieten, können Sie auch einen Dienstleister beauftragen oder selbst eine Gesellschaft ausgründen.
  • Bei der Umsatzsteuer fällt für Vermietungen bis sechs Monate immer 7 % Umsatzsteuer an – auch dann, wenn Sie ansonsten die Umsatzsteuer pauschalieren. Eine längere Vermietung ist umsatzsteuerfrei. Bei der Verpflegung gilt: Für die reine Überlassung der Speisen ohne Sitzgelegenheiten und Geschirr fallen 7 %, sonst 19 % Umsatzsteuer an.
  • Werkmietwohnungen gehören zum notwendigen Betriebsvermögen und sind zu bilanzieren. Mieten für Wohncontainer sind sofort abziehbare Kosten. Aufwendungen wie Afa, Versicherungen, Stromkosten, Kosten für Frisch- und Abwasser sind Betriebsausgaben. Mieteinnahmen aus den Werkmietwohnungen müssen Sie versteuern.


Entsprechende Werkmietverträge mit Übersetzung ins Polnische, Rumänische und Bulgarische erhalten Sie bei Ihrem jeweiligen Arbeitgeberverband Land- und Forstwirtschaft.


Haften für den Lohnunternehmer:

Besonders hanebüchen ist die neue Unternehmerhaftung: Per Gesetz haften Sie dafür, dass die von Ihnen beauftragten Lohnunternehmen an ihre Arbeitskräfte den für diese Branche geltenden Mindestlohn zahlen! Erhält der Drescherfahrer oder Stallreiniger z. B. nur 5,00 € pro Stunde vom Lohnunternehmer, stehen Sie als Auftraggeber für den Mindestlohn gerade. Bekommt ein Arbeiter kein oder zu wenig Geld, kann er sich direkt an Sie wenden.


Achtung: Diese Haftung greift auch bei der Beauftragung eines osteuropäischen Lohnunternehmers mit seinen Arbeitskräften! Hier gilt es, die Notwendigkeit des Einsatzes genau zu prüfen, denn es gibt nur wenig Möglichkeiten, die Haftung einzugrenzen:


  • Lassen Sie sich vom Auftragnehmer eine Kalkulationsgrundlage geben, aus der ersichtlich ist, dass er mit dem entsprechenden Mindestlohn und Sozialversicherungsbeiträgen kalkuliert hat.
  • Verlangen Sie eine schriftliche Bestätigung, dass der Mindestlohn tatsächlich gezahlt wird.


Ob die Arbeitsbedingungen dem Mindestlohngesetz und Arbeitnehmer­entsendegesetz entsprechen, prüft das Bundeszollamt, wo derzeit 1 600 neue Stellen entstehen.


Rücken die Prüfer an, sollten Sie baldmöglichst nach deren Ausweisen fragen und diese fotokopieren bzw. die Namen aufzeichnen. Oft trägt das zumindest zur Beruhigung der Situation bei.


Für die Prüfung dürfen Prüfer Ihre Geschäftsräume und Grundstücke während der Geschäftszeit betreten. Erlaubt ist die Einsicht in alle Lohn- und Meldeunterlagen sowie andere Geschäftsunterlagen, aus denen Umfang, Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses hervorgeht.


Allerdings dürfen Prüfer Unterlagen nicht eigenmächtig aus dem Regal nehmen, beschlagnahmen oder gar mitnehmen. Arbeitgeber sind aber verpflichtet, den Hauptzollbeamten z. B. die Arbeitsverträge, Stundenzettel, Fragebögen zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht bzw. -freiheit, Lohnabrechnungen u.a. vorzulegen. Wichtig zu wissen: Liegen Ihre Unterlagen bei Ihrem Lohnbüro bzw. beim Steuerberater, können Sie die Zollbeamten darauf verweisen.


Prüfung durch den Zoll:

Während sie bei Ihnen sind, dürfen die Zollbeamten während der Prüfung:


  • Personalien überprüfen und Ausweis-papiere herausverlangen;
  • die Personen in den Geschäftsräumen und auf dem Grundstück des Arbeitgebers hinsichtlich ihrer Beschäftigungsverhältnisse bzw. Tätigkeiten befragen;
  • Unterlagen kontrollieren, die Personen bei sich tragen, wenn daraus Umfang, Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder Tätigkeiten ableitbar sein könnten, wie zum Beispiel mitgeführte Stundenaufzeichnungen.


Als Arbeitgeber müssen Sie das Betreten der Grundstücke und Geschäftsräume sowie die Prüfung dulden und aktiv mitwirken. Dies gilt sogar dann, wenn das Hauptzollamt z. B. ein von Ihnen betriebenes Hof-Café oder Gaststätte überprüft, zu dem in dieser Zeit viele Gäste zum Essen gekommen sind. Schlimmstenfalls kann dies zur „Lahmlegung“ des Betriebes für eine Stunde oder mehr führen.

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