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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Mit diesen Preisen können Landwirte jetzt rechnen

Lesezeit: 8 Minuten

Auf die Frage, mit welchen Getreidepreisen die deutschen Landwirte in der Ernte 2002 rechnen können, geben die meisten Händler und Genossenschaften zurzeit die gleiche Antwort: Wir werden uns bei Gerste und Roggen viel enger am Interventionsniveau orientieren als vor zwölf Monaten. Und bei Weizen wollen wir ebenfalls deutlich unter den letztjährigen Notierungen bleiben. Ob es wirklich so kommt, bleibt zwar abzuwarten. Schließlich wird Jahr für Jahr von der Abnehmerseite versucht, Landwirte schon im Vorfeld der Ernte auf niedrige Preise einzustimmen. Doch der Grund für die offensichtliche Vorsicht der hiesigen Getreidebranche liegt auf der Hand: Im Wirtschaftsjahr 2001/02 haben sich etliche Unternehmen verspekuliert und dabei viel Geld verloren. In der Ernte wurden recht hohe Erzeugerpreise gezahlt. Doch dann hielt der Markt nicht, was er zuvor versprochen hatte. Dies traf auch Landwirte, die ihr Getreide einlagerten, um es später zu vermarkten. Gewinne werden dabei unterm Strich nur erzielt, wenn die Preise monatlich um mehr als 17 bis 21 Ct/dt steigen. Solche Aufschläge waren jedoch 2001/02 nicht zu realisieren (vgl. Übersicht 1): Bis Oktober 2001 traten die Notierungen für Gerste und Weizen auf der Stelle. Dann zogen die Kurse zwar bis Februar 2002 an. Im Vergleich zum Ernteniveau hielten sich die Aufschläge mit insgesamt plus 50 bis 75 Cent/dt aber in Grenzen. Ab Ende Februar 2002 wendete sich das Blatt sogar zum Schlechteren. Die Getreidenotierungen gerieten unter Druck. Es wäre jedoch falsch, anzunehmen, die neue Saison würde genau so unbefriedigend verlaufen. Falls Handel und Genossenschaften in der diesjährigen Ernte wirklich nur Preise bieten, die von der Intervention abgeleitet sind, wären spürbar steigende Kurse bis November (Interventionsbeginn) fast vorprogrammiert. Erzeuger sollten aber auf jeden Fall darauf achten, wie sich der Markt entwickelt, um den besten Verkaufszeitpunkt zu treffen. Dabei sollten Sie auch den internationalen Handel beobachten. Denn dieser beeinflusst das Geschehen in der EU immer stärker. Weltweit leichter Bestandsabbau bei Weizen Vieles hängt von der internationalen Versorgungslage ab. Die globale Getreideerzeugung soll sich 2002/03 nach Schätzungen des Internationalen Getreiderates (IGC) auf rund 1,5 Mrd. t belaufen (ohne Reis). Da der Verbrauch etwa 12 Mio. t darüber liegen dürfte, gehen die Vorräte erneut zurück. Der IGC erwartet, dass diese bis Mitte 2003 auf insgesamt 281 Mio. t schwinden (minus 4% gegenüber 2002). Hierzu nähere Informationen: Bei Grobgetreide (Gerste, Mais usw.) dürften sich Angebot und Nachfrage fast die Waage halten. Nach IGC-Angaben sollen die Endbestände bis Ende Juni 2003 um 5 Mio. t zurückgehen. Weltweit zeichnet sich mit 593 Mio. t zwar eine deutlich größere Weizenproduktion ab als vor einem Jahr (581 Mio. t), so die IGC-Schätzung. Sie reicht jedoch nicht aus, um den Bedarf (unverändert ca. 600 Mio. t) zu decken. Dieser muss demnach teilweise aus den vorhandenen Lagerbeständen befriedigt werden. Diese Prognosen sind aber nicht unumstritten. In puncto Weizen kommt z. B. das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) in seiner jüngsten Vorschätzung zu etwas anderen Ergebnissen. Demnach könnte zwar in den USA im Jahr 2002 mit nur ca. 49,6 Mio. t (minus 4 Mio.t gegenüber 2001) die kleinste Weizenernte seit 1977/78 anstehen. Dies, so das USDA, werde aber durch kräftige Erntesteigerungen von insgesamt plus 19 Mio. t gegenüber dem Vorjahr in Argentinien, Kanada und der EU mehr als ausgeglichen. EU könnte Marktanteile zurückgewinnen Einigkeit hingegen herrscht bezüglich der Exportchancen. IGC und USDA erwarten, dass die EU verlorene Anteile am Weltmarkt in der Saison 2002/03 zurückerobern kann. Das könnte den Notierungen einen gewissen Auftrieb geben. Der Getreiderat beziffert das mögliche Exportplus auf 4 Mio. t EU-Weizen. Das entspräche fast der Menge, um die die Ausfuhren 2001/02 zurückgegangen sind. Optimistischer als bisher werden aber auch die Chancen beurteilt, dass das Drittlandsgeschäft mit Futtergerste aus der EU besser in Schwung kommt. Sollte sich das bewahrheiten, wäre es eine wichtige Stütze für den hiesigen Markt. Denn die Saison 2001/02 hat auf ganzer Linie enttäuscht. Bis Ende Mai 2002 waren erst Lizenzen über 2,8 Mio. t Gerste erteilt worden (minus 2,5 Mio. t gegenüber 2000/01). Doch Prognosen sind eine Sache, die Marktrealität eine andere. Beim Drittlandsgeschäft hängt vieles von der Brüsseler Exportpolitik (z. B. Erstattungen) ab und davon, wie sich der Kurs des Euro im Vergleich zum US-Dollar entwickelt. Viele EU-Exporteure klagen, dass sie Probleme mit Mitbewerbern aus Übersee bekommen. Denn der Euro hat gegenüber dem US-Dollar in den letzten Wochen spürbar an Wert gewonnen. Und das verteuert hiesiges Getreide am Weltmarkt. Seit Mitte Mai bewilligte die EU erstmals im Wirtschaftsjahr 2001/02 zwar Erstattungen für Weizenausfuhren in Drittländer. Der Höchstsatz, der auch für Gerste gewährt wurde, betrug bis zuletzt 5 E/t (50 Cent/dt), und das glich die währungsbedingten Nachteile hiesiger Anbieter aus. Es ist jedoch keineswegs sicher, ob Brüssel den Pfad der restriktiven Exportpolitik damit verlassen hat oder ob es sich dabei eher um ein Warnsignal an die USA im Vorfeld der WTO-II-Verhandlungen gehandelt hat. Anmerkung: Die US-Regierung hat kürzlich ihr neues Agrargesetz (Farm Bill) verabschiedet und damit eine kräftige Aufstockung der Subventionen und Preisgarantien für die Farmer in den USA beschlossen. Das stehe im Widerspruch zu den bestehenden WTOVereinbarungen sowie den Zielen der neuen Gespräche, so die EU. Einfuhren lassen sich nicht völlig unterbinden Aber es war in der Saison 2001/02 nicht nur der ruhige Export, der den Preisspielraum nach oben am EU-Getreidemarkt massiv einschränkte. Der hiesige Handel hatte auch Getreideeinfuhren aus Drittländern oft kaum etwas entgegenzusetzen. Das gilt besonders für Weizen aus Schwarzmeeranrainerstaaten. Der Ruf nach einem besseren Außenschutz des Binnenmarktes gegen Getreideeinfuhren zu Dumpingpreisen wird denn auch immer lauter. Die Kommission könne doch z. B. verfahren wie bei Stickstoffdüngemitteln, heißt es. Schließlich schütze sie die Landwirtschaft ja auch vor preisgünstigen N-Düngern aus Drittländern. Ob vergleichbare Schritte bei Getreide eingeleitet werden, ist jedoch fraglich. Derzeit wird unser Gemeinschaftsmarkt durch Einfuhrzölle geschützt, die sich aus der Differenz zwischen dem so genannten Schwellenpreis (155% des Interventionspreises) und dem aktuellen Weltmarktpreis ergeben. Dieser wird vom Kurs der Chicagoer Börse Cbot abgeleitet. Falls sich der Unterschied innerhalb von zwei Wochen um mehr als 5 E/t ändert, wird der Zollsatz angepasst. Doch gerade bei den belastenden Importen aus Osteuropa hat dieser Schutz in den letzten Monaten nicht gegriffen. Weizen und Gerste werden an der Cbot nach Berechnungen des französischen Getreideamtes Onic derzeit 30 bis 35 Dollar/t über dem realen Preis fob Schwarzmeer notiert. Ergebnis: Schwarzmeer-Getreide drängt unterhalb des Schwellenpreises auf den EU-Markt, und das setzt die hiesigen Notierungen unter Druck. Es besteht also Handlungsbedarf, und folgende Maßnahmen werden momentan diskutiert, um den Außenschutz zu verbessern: Man könnte die Einfuhrzölle genauer auf das Preisniveau des jeweiligen Lieferlandes abstimmen. Die Kommission erwägt, jährliche Importquoten für jeden Drittstaat einzuführen (Durchschnitt der Liefermengen der letzten drei Jahre plus zehn Prozent). Auf den ersten Blick scheinen diese Überlegungen in der Tat durchaus Erfolg versprechend zu sein. Es ist jedoch nicht sicher, ob sie sich realisieren lassen. Faire Zollsätze könnten schon daran scheitern, dass aussagekräftige Notierungen in vielen Regionen der Welt absolute Mangelware sind. Und in puncto Importquoten droht eventuell sogar Streit vor der WTO. Staaten, die sich erst jüngst zu Exporteuren gemausert haben, könnten sich durch Quoten benachteiligt sehen. Hinzu kommt, dass die Quoten eventuell ohnehin nicht halten, was sie versprechen. Wie will Brüssel verhindern, dass Schwarzmeer-Getreide künftig beispielsweise verstärkt über die Beitrittskandidaten auf den Binnenmarkt gelangt? In diesem Zusammenhang könnten sich die jüngsten Doppel-Null-Abkommen mit diesen Ländern als Stolperstein erweisen. Fazit: Einen wirklichen Schutz vor BilligImportgetreide kann die Kommission vermutlich nicht garantieren. Kurzfristig bleibt also nur zu hoffen, dass sich die kürzlich nach unten korrigierten Ernteund Exportschätzungen für Russland, die Ukraine und andere Billiganbieter in den nächsten Monaten bewahrheiten. Vieles spricht für eine große EU-Getreideernte In der Saison 2002/03 sieht die EU selbst einer erheblich größeren Ernte entgegen als vor einem Jahr. Denn die Anbauflächen wurden ausgedehnt, und der bisherige Vegetationsverlauf spricht für relativ gute Erträge. Das Handelshaus Töpfer International rechnet mit einer EU-Produktion von rund 212 Mio. t Getreide (plus 15 Mio. t), davon ca.: 97 Mio. t Weichweizen (+ 13 Mio. t), 50 Mio. t Gerste (+ 1,4 Mio. t), 38 Mio. t Mais (+ 0,4 Mio. t), 5,6 Mio. t Roggen (- 0,9 Mio. t) sowie 5,5 Mio. t Triticale (+ 0,2 Mio. t). Bei Weizen dürfte das Angebot somit kräftig zunehmen. Hinzu kommt, dass vor allem in Frankreich noch große Mengen der Saison 2001/02 zur Vermarktung anstehen. Das könnte den Preisspielraum nach oben vorerst einschränken. Sicher ist das jedoch nicht. Sollte es in der Weizenernte 2002 zu erheblichen Niederschlägen kommen, die zu Qualitätseinbußen führen, wären auch anziehende Brotweizenkurse denkbar. Derzeit kann man darüber zwar nur spekulieren. Landwirte sollten sich aber durch hohe Erntevorschätzungen nicht verunsichern lassen. Abgerechnet wird erst, wenn das letzte Feld gedroschen ist. Außerdem bedeutet eine große EU-Ernte nicht zwangsläufig, dass die Erlöse permanent unter Druck stehen. Der Markt ist für Überraschungen gut.

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