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Mit gutem Service gegen enge Margen

Lesezeit: 8 Minuten

Der Wind für Pensionspferdehalter wird rauer: Sinkende Stallmieten stoßen auf steigende Kosten. Wie kann man da noch Gewinne erzielen?


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Es ist nicht lange her, da war die Pensionspferdehaltung die eier-legende Wollmilchsau unter den Betriebszweigen. Landwirte konnten Stallplätze in alten Gebäuden ohne große Investitionen vermieten und verzeichneten dabei immer größere Nachfrage. Zwischen 1970 und 2000 vervierfachte sich die Zahl der Pferde in Deutschland von ca. 300 000 auf ca. 1,2 Millionen. Reitvereine und Landwirte profitierten von diesem Boom.


Doch in den letzten Jahren kühlte sich die Stimmung ab. Wer heute in deutsche Pferdeställe blickt, findet viele leere Boxen. Auslastungsraten von 50 – 75 % sind bei vielen Pensionspferdehaltern Realität. Was ist passiert?


Zum einen setzte nach der Jahrtausendwende eine Marktsättigung ein. Während sich die Zahl der Pferde kaum noch erhöhte, stiegen weiter viele Landwirte in das Geschäftsfeld ein. Das hat die Stallmieten nach unten gedrückt.


Zum anderen hatten die Pensionspferdehalter in den letzten zehn Jahren viele finanzielle Hürden zu nehmen: 2004 entschied der Bundesfinanzhof, dass Landwirte die Umsatzsteuerpauschalierung nicht mehr auf die Pferdehaltung anwenden dürfen. Seither gilt die Regelbesteuerung, der Satz dafür stieg 2007 auf satte 19 % (s. Kasten rechts). In den Jahren darauf setzte es weitere Nadelstiche, wie zuletzt die Zusammenlegung der zuvor neun Berufsgenossenschaften 2013. Dies führte zu teils happigen Beitragserhöhungen.


Jetzt droht in vielen Gemeinden Deutschlands die Einführung einer Pferdesteuer. Bereits 2012 erhob das hessische Bad ­Sooden-​Allendorf eine Steuer von 200 € pro Pferd und Jahr. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat dagegen keine Einwände: Wenn sich jemand das teure Hobby Reiten leisten kann, dann dürfen Gemeinden dessen Zahlungsfähigkeit mittels einer Steuer abschöpfen, meinten die Richter 2014 (Aktenzeichen: 5 C 2008/13.N).


Zwar haben bislang nur drei hessische Gemeinden eine Pferdesteuer eingeführt, rege Diskussionen darüber gibt es aber auch in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. In Baden-Württemberg könnten sich einige Gemeinderäte sogar eine Steuer von 1 000 € vorstellen. Diese zahlt zwar nicht der Landwirt, sondern der Pferdebesitzer. Aber das macht das Reiten teurer und wirkt sich negativ auf die Zahlungsbereitschaft für Stallmieten aus.


Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) rät Pferdefreunden in betroffenen Gemeinden, gemeinsam Druck auf Kommunalpolitiker auszuüben. Trotz der im Sommerloch abgeflauten Diskussionen um die Steuer sieht die FN „noch keine Ruhe an der Front“.


Und der Ausblick in die Zukunft lässt weitere Hürden für die Pferdehalter erahnen: Bei der anstehenden Reform der Düngeverordnung wird voraussichtlich auch Pferdehaltern vorgeschrieben, Mist-Lagerkapazitäten für drei Monate vorzuhalten. Das Fachzentrum Pferdehaltung des Landwirtschaftsamtes in Fürstenfeldbruck rechnet hierfür bei einer Lagerhöhe von zwei Metern mit einem Flächenbedarf von 2 – 4 m2 pro Tier – je nach Einstreu und Haltungsform. Zusätzlich müssen Pferdehalter möglicherweise künftig das Mistlager überdachen oder eine Jauchegrube vorhalten, um Sickerwasser zu verhindern oder aufzufangen.


Insgesamt würde ein überdachter Mistplatz einen Investitionsbedarf von rund 300 bis 500 € pro Pferd bedeuten. 2016 könnte die neue Düngeverordnung in Kraft treten. In einigen Bundesländern sind bereits jetzt größere Lagerkapazitäten vorgeschrieben.


All das drückt auf die Margen der Pensionspferdehalter. Da ist es wichtiger denn je, die Kosten genau im Blick zu haben, während man die Stallmiete festlegt. An welche Positionen man dabei im Einzelnen denken muss, sehen Sie in den Übersichten 1 bis 3.


Wie viel Miete verlangen?

Die Zahlen dazu sind Durchschnittswerte aus Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern. Der dargestellte Beispielbetrieb hat nur das Mindestmaß an Einrichtungen: einen Boxenstall, eine Reithalle und Koppeln. Damit kann er vor allem solche Reiter von seinem Betrieb überzeugen, die nicht auf Turniere gehen und keine teuren Trainingseinrichtungen brauchen. Dennoch hat es die Mindest-Monatsmiete mit 475 € in sich.


Auf den ersten Blick sind die hohen Kosten für Arbeit auffällig. Sie ist einer der Punkte, die man leicht unterschätzt.


Das hat auch Ulrike Struck, Fachreferentin für Pferdezucht und -haltung bei der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen, festgestellt: „Neueinsteiger sollten sich die Arbeitsbelastung genau bewusst machen“, appelliert sie. Will man alle Arbeiten wie Einstreuen, Füttern und Misten selbst erledigen, muss man mit einem Aufwand von ca. 70 bis 100 Stunden pro Pferd und Jahr rechnen. Geht man von 100 Stunden und einem Lohnansatz von 15 €/Stunde aus, macht das 125 Euro pro Monat. Wer so viel Arbeit nicht selbst leisten kann und keine günstigen Fremdarbeitskräfte findet, der könnte sie den Einstellern überlassen. Die ausschließliche Vermietung von Box und Weide ist sogar steuerbefreit (siehe top agrar 6/2015, S. 24). Ob man damit allerdings bei Reitern punkten kann, die sich in ihrer Freizeit eigentlich erholen wollen, ist zumindest fraglich.


Auslastung wichtig:

Ein weiterer wichtiger Aspekt, auf den Struck und ihre Kollegen aus ganz Deutschland hinweisen, ist die Auslastungsrate. Je weniger Pferde im Stall stehen, desto höher der Anteil an den Abschreibungen und Zinskosten, die jedes Tier tragen muss. Übersicht 2 zeigt: Sind statt 80 % der Stallplätze nur 60 % belegt, so steigen Zins- und Abschreibungs­-kosten pro Pferd um ca. ein Drittel. Eine Zusammenstellung kostenloser Programme zur Berechnung Ihrer Mindest-Stallmiete finden Sie unter www.topagrar.com/heft+.


Das Beispiel zeigt: Obwohl die Kosten eher günstig berechnet sind, braucht der Betrieb mindestens 475 € Stallmiete, um nicht draufzuzahlen bzw. Abstriche beim Arbeitslohn machen zu müssen. Allein: Das wahre Niveau der Mieten liegt in weiten Teilen Deutschlands deutlich darunter. Verlangt man mehr, riskiert man, dass die Kunden die Pferde in den nächstbesten Stall verlegen.


Müssen sich Pensionspferdehalter Dumping-Preise also einfach gefallen lassen? Mitnichten, meint man unter anderem bei der Baden-Württembergischen Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL). Diese stellt in ihrem Pferdereport fest: Geld ist nicht der häufigste Grund, warum Einsteller ihre Pferde verlegen. Vielmehr gehen sie, wenn sie sich vom Halter „nicht ernst genommen und verstanden“ fühlen.


Was Einsteller wollen:

Im Umkehrschluss heißt das: Wer seinen Kunden das Gefühl gibt, dass ihre „Schützlinge“ in guten Händen sind, der kann dafür auch angemessene Mieten verlangen. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die meisten Einsteller keinen landwirtschaftlichen Hintergrund und mitunter etwas eigene Vorstellungen von artgerechter Haltung haben. Neben einem „guten Händchen“ im Umgang mit den Pferden ist deshalb ein guter Zustand der Einrichtungen unerlässlich. Das bestätigt auch Ulrike Struck: Bei Betrieben mit ausgezeichneten Haltungsbedingungen läge die Auslastung häufig bei 100 %. „Dazu gehören z. B. große, helle Boxen, täglicher Weidegang und eine moderne Reithalle“, zählt Struck auf.


Darüber hinaus ist es vorteilhaft, wenn sich der Halter mit Fütterung und Gesundheit der Tiere gut auskennt. Das sieht auch Pensionspferdehalter Martin Schmid aus Holzgerlingen bei Stuttgart so. Mit neuen Einstellern erarbeitet er zunächst eine Futterration für deren Pferd. Dabei ermittelt er den Energiebedarf des Pferdes anhand dessen aktuellen Zustandes und der Arbeit, die es täglich verrichten wird. Seine Erfahrung: Die meisten Besitzer füttern ihren Pferden lieber etwas zu viel als zu wenig. Die Tiere seien daher oft etwas beleibter, als es gesundheitlich optimal wäre. „Aber das ist die Entscheidung meiner Kunden“, akzeptiert Schmid.


Ein weiterer Vorteil Schmids: Er steht in engem Austausch mit dem Tierarzt und kennt sich mit typischen Gesundheitsproblemen der Pferde aus. Die Einsteller wissen zu schätzen, wenn Schmid sie beraten und manchmal beruhigen kann: „Wenn ein Pferd einmal leicht hustet, überzeuge ich die Leute gerne davon, dass sie nicht sofort einen Tierarzt brauchen. Umgekehrt rufe ich ihn auch selbstständig, wenn ich es für nötig halte“, so Schmid. Sein Rezept: „Mit Know-how zur Fütterung kann man neue Einsteller auf den Hof locken, mit Know-how zur Tiergesundheit kann man sie halten“ (siehe Reportage S. 36). Mit diesen Grundlagen kann man bereits eine Stallmiete über dem üblichen Niveau verlangen.


Schmid und andere Pferdehalter wissen aber auch: Wer langfristig auf dem Markt bestehen will, braucht eine klare Strategie. Struck von der LWK Niedersachsen unterscheidet zwei grundlegende Ausrichtungen: auf „Genussreiter“ und auf „Turnierreiter“.


Welche Kundschaft will ich?

Die Genussreiter legen Wert auf ein ansprechendes Ausrittgelände. Auf dem Betrieb reicht ihnen oft ein Stallplatz und eine Reithalle. Diese müssen jedoch in einem guten Zustand sein. Denn gerade für die Genussreiter ist ihr Pferd oft wie ein vierbeiniges Familienmitglied. Sie zahlen nur für gute Haltungsbedingungen ohne Murren.


Ein gutes Zubrot können die Halter hier mit Zusatzleistungen verdienen, z. B. der Betreuung des Pferdes während eines Hufschmied-Termines oder während des Urlaubs der Einsteller. Wer selbst ein guter Reiter ist, kann auch Reitunterricht anbieten.


Deutlich höhere Anforderungen haben dagegen die Turnierreiter, die mit ihren Pferden an Wettbewerben teilnehmen. Diese brauchen auf ihre Disziplin abgestimmte Übungsplätze. Dafür zahlen sie in der Regel höhere Stallmieten. Außerdem erwarten sie ein umfangreiches Zusatzangebot, von qualifizierten Reitlehrern bis zur organisatorischen Unterstützung bei Turnieren. Will man diese Kunden binden, so muss man regelmäßig in aktuelle Haltungsformen investieren, weiß auch Landwirt und Pferdehalter sowie -züchter Harm Kleemeyer aus Niedersachsen: „Manchmal ändern sich die Wünsche der Einsteller schneller, als man die Investitionen abschreiben kann“ (s. Reportage links). Auch er ist überzeugt: Geht man auf die Wünsche seiner Einsteller ein, kann man mit der Pensionspferdehaltung nach wie vor Gewinne einfahren.


Claus Mayer

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