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Müllprobleme nicht unterschätzen!

Lesezeit: 6 Minuten

Vergessene Siloreifen, alte Maschinen oder Bauschutt sind für Behörden schnell Abfall. Wie Sie Ärger und Kosten am besten umschiffen, erklärt ­Rechtsanwalt Alexander Völke, Helmstedt.


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Als er den Brief liest, wird Landwirt Koller einiges klar: Es waren Behördenvertreter, die sich neulich so auffällig für die frisch aufgefüllte Senke auf seiner Hofweide inte­ressierten. Das verwendete Erdmaterial hat die Behörde ohne sein Wissen fotografiert und beprobt. Ergebnis: Weil die Füllerde wenige Baustoffreste und kleine Plastikstücke enthält, lastet sie Koller nun unerlaubte Abfallentsorgung an. Der Landwirt ärgert sich zwar über die Anschuldigungen, vergisst aber, sich zu melden. Nun zieht die Behörde alle Register: Koller muss sämtliche Füllerde komplett entsorgen, eine dicke Geldauflage zahlen und bekommt es mit dem Staatsanwalt zu tun.


Was ist Abfall?

Wie leicht abgelagerte Materialien offiziell als Abfall gelten, ist, wie im Beispiel, vielen Landwirten nicht bewusst. Welche Ablagerungen problematisch sind, wird je nach Behörde z. T. unterschiedlich gehandhabt. In der Praxis häufig heikel sind:


  • Mit Bauschutt versetzte Erdhaufen, zerfallene Unterstände, abgelagerte Lichtmasten auf Acker oder Grünland. Lagert Abfall auf einer Fläche, für die Betriebsprämie beantragt ist, kann es zusätzlich Beanstandungen der Agrarförderbehörde geben.


Aufgepasst heißt es auch beim Flächenkauf. Es gibt Umweltämter, die dann sofort prüfen, um bekannte „Problemfälle“ zu lösen. Neueigentümer schaf­fen es nur selten, die Haftung auf den Alteigentümer abzuwälzen, vor allem, wenn dort „nichts zu holen“ ist.


  • Hofzwischenlager für Abbruchreste, Bau­schutt und Ziegelsteine, Steine, Baum- und Strauchschnitt sowie Reifen, die Landwirte aktuell nicht verwenden, sondern entsorgen wollen. Aber: Gibt es einen Verwendungszweck, dürfen Sie zwischenlagern. Hier gibt es häufig Streit mit der Behörde, z. B. wenn Sie Altreifen für die Siloabdeckung „vergessen“.
  • Wilde Müllkippen: Lässt sich für Abfälle kein Verursacher ermitteln, steht der Landeigentümer für die Entsorgung in der Pflicht.
  • Lagerung von gefährlichen Stoffen: Kleinste Mengen und kurze Zwischenlagerungen reichen für einen Verstoß. Typische Fälle sind Eternitdächer oder Eisenbahnschwellen. Beauftragen Sie hier Fachfirmen mit der Entsorgung und bewahren Sie den Nachweis gut auf!


Schweigen erlaubt!

Wichtigster Rat bei allen „Müllproblemen“: Nehmen Sie die Anliegen der Behörde keinesfalls auf die leichte Schulter! Kostenträchtige Verfahren lassen sich vermeiden, wenn Sie sich zeitnah kooperativ zeigen. Aber: Gestehen Sie möglichst nie ohne vorherige Überprüfung der Ihnen vorgeworfenen Abfalldelikte Versäumnisse ein, nur um die Behörde „schnell wieder los“ zu sein. Denn meist ermittelt parallel der Staatsanwalt. Geben Sie eine Straftat zu, kann das weitreichende Folgen haben, z. B. den Entzug des Jagdscheins. Machen Sie im Strafverfahren deshalb von Ihrem „Recht zu schweigen“ Gebrauch.


Wie das Verfahren läuft:

In der Praxis beginnt der „Müll­ärger“ meist mit einem unangekündigten Ortstermin. Behördenvertreter dokumen­tieren einen (vermeintlichen) Verstoß, meist mit Fotos und Proben. Betreten sie dabei Ihr Grundstück, vermuten Landwirte oft einen strafbaren Hausfriedensbruch. Allerdings: Die Erfolgschancen einer Anzeige sind gering, oft besteht sogar ein ausdrückliches Betretungsrecht.


Es folgt das Anhörungsschreiben, dass Ihnen Gelegenheit gibt, sich zur Sache zu äußern, Vorwürfe aus­zuräumen oder Missstände zu beseitigen. Reagieren Sie jetzt unbedingt. Dabei kommt es darauf an, wie Sie Ihr „Vergehen“ einschätzen:


  • Tatsächliche Abfallablagerung: Hier kommen Sie erfahrungsgemäß am kostengünstigsten aus dem Schneider, wenn Sie sich direkt melden und den Abfall beseitigen. Fordern Sie die Behörde auf, das Grundstück anschließend „abzunehmen“. Sonst stellt sie möglicherweise später Versäumnisse fest und brummt Ihnen eine kostenpflichtige Beseitigungsverfügung auf.
  • Bei Zweifeln am Verstoß: Auch hier sollten Sie sofort reagieren, sonst erlässt die Behörde eine Beseitigungsverfügung. Eine Strategie ist, der Behörde einen Ortstermin vorschlagen, um die Vorwürfe vor Ort klären zu können.


Fordern Sie auch Akteneinsicht ein, um die Gründe für die Vorwürfe zu kennen. Hier spielt allerdings nicht jede Gemeinde mit. Wer denkt, dass die Behörde nicht rechtmäßig vorgeht, sollte nun einen Rechtsanwalt einschalten. Er kann die Akten einsehen und damit die Vorwürfe effektiver entkräften.


Endet das Anhörungsverfahren ohne Einigung, erlässt die Behörde die Beseitigungs- und Entsorgungsverfügung. Wer den Abfall nun nicht fristgerecht entsorgt, riskiert Zwangsmaßnahmen.


Beachten Sie dabei die Rechtsbehelfsbelehrung der Verfügung. Ist ein Widerspruchsverfahren vorgesehen, legen Sie Widerspruch ein, unabhängig davon, ob die Behörde im Recht ist. Das gilt auch, wenn Sie den Verstoß bereits zugegeben haben. Der Widerspruch hemmt die Rechtskraft der Verfügung, und verhindert möglicherweise den anschließenden Zwangsgeldbescheid. Es eröffnet sich außerdem eine zweite Möglichkeit, mit der Behörde nach Lösungen zu suchen bzw. Ihre Argumente vorzubringen.


Pragmatisch könnte jetzt ein Kompromiss sein: Sie beseitigen die als Abfall deklarierten Gegenstände – allerdings ohne zuzugeben, dass Sie Abfall abgelagert haben. Danach fordern Sie die Behörde auf, das Grundstück als ordnungsgemäß abzunehmen. Der Erlass eines Zwangsgeldes ließe sich so verhindern. Auch der Widerspruch lässt sich zurücknehmen und so der kos­tenpflichtige Widerspruchsbescheid vermeiden. Das Verwaltungsverfahren müssen Sie meist selbst bezahlen.


Im Notfall klagen:

Was aber, wenn die Behörde den Widerspruch zurückweist obwohl man selbst glaubt, nicht gegen das Abfallgesetz verstoßen zu haben? Oder im jeweiligen Bundesland gar kein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist?


In diesem Fall bleibt nur die Klage vor dem Verwaltungsgericht. Sie kann verhindern, dass die Beseitigungs- und Entsorgungsverfügung rechtskräftig wird. Damit führt dann kein Weg mehr an der Entsorgung vorbei und die Behörde erlässt ein Zwangsgeld. Allerdings sollten Sie möglichst auch gegen den Zwangsgeldbescheid Widerspruch einlegen. Dabei ist zu überprüfen, ob die erlassene Zwangsmaßnahme verhältnismäßig ist. Erfolgsaussichten bestehen z. B., wenn die Behörde im Vorfeld einen Ortstermin verweigert hat. Das Zwangsgeld müssen Sie in der Regel aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung zunächst zahlen, erhalten es aber bei Erfolg zurück.


Zusätzliches Strafverfahren:

Bedenken Sie, dass Abfallvergehen nicht nur Verwaltungsverfahren sind, sondern oft zusätzlich in einem unabhängigen Verfahren wegen einer Straftat ermittelt wird. Denn die Behörde unterrichtet standardmäßig den Staatsanwalt. Er stützt sich auf die Erkenntnisse der Verwaltungsbehörde, ermittelt teilweise aber auch selbst mit Hilfe der örtlichen Polizei. Kommt es dazu, sollten Sie die Aussage zunächst verweigern und einen Anwalt beauftragen.


Auch im Strafverfahren lohnt es sich zu kooperieren: Zeigt sich ein Landwirt ohne Vorstrafen einsichtig und entfernt den Abfall, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren oft gegen Geldauflage ein. Richtig ins „Eingemachte“ geht es, wenn man einen Strafbefehl oder sogar eine Anklage kassiert. Das passiert z. B.:


  • bei Vorbelastungen und früheren Verstößen gegen das Umweltrecht,
  • bei „gefährlich“ eingestuften Abfällen wie Asbest, Altöl, Mineralfaserwolle,
  • wenn Sie sich strikt weigern zu kooperieren, obwohl Sie offensichtlich gegen das Abfallgesetz verstoßen.


Eine Anklage mündet zumindest in Geldstrafen, im Extremfall aber auch in Freiheitsstrafen. Oft gilt man danach als vorbestraft, was sich z. B. im Entzug des Jagdscheins auswirken kann.

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