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Naturschutz-Ausgleich: So sparen Sie Flächen

Lesezeit: 6 Minuten

Erst das Baugebiet, dann der Ausgleich – täglich fällt Land aus der Bewirtschaftung. Drei Beispiele, wie man den Naturschutz-Ausgleich flächensparsam organisieren kann.


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Rund 25 ha für 30 km Stromtrasse hier, 10 ha für den neuen Kuhstall da und noch mal 100 ha für den Ausbau einer ICE-Strecke – Ausgleichsflächen kompensieren den Verlust von Artenvielfalt und Lebensräumen, der durch jede Baumaßnahme entsteht.


Was logisch klingt, führt in der Praxis dazu, dass Landwirte sich oft doppelt gestraft fühlen: Verloren geht nicht nur die Fläche für den Bau, zusätzlicher Flächendruck entsteht durch den Ausgleich. Denn immer noch ist für viele Gemeinden das Bauen auf der grünen Wiese konkurrenzlos billig und der Ausgleich durch Aufforsten einer Ackerfläche nicht selten. Und das, obwohl das Bundesnaturschutzgesetz den schonenden Umgang mit landwirtschaftlicher Fläche bereits seit 2010 glasklar regelt. Das Gesetz schreibt vor, dass


  • auf agrarstrukturelle Belange bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Rücksicht zu nehmen ist, vor allem bei fruchtbaren Böden und dass
  • vorrangig zu prüfen ist, ob der Ausgleich oder Ersatz durch Entsiegelung, Wiedervernetzung von Lebensräumen oder Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, möglich ist.


Schleppend umgesetzt:

Trotzdem hapert es in der Praxis aber mit der Flächenschonung. Die Probleme:


  • Behörde vor Ort: Für den „Eingriffsausgleich“ z. B. bei einer Baumaßnahme zuständig sind die Unteren Naturschutzbehörden. Hier gibt es himmelweite Unterschiede: Oft lässt die dünne Personaldecke nicht zu, dass sich die Mitarbeiter tief einarbeiten und fortlaufend um die Kompensationsmaßnahmen kümmern. So mancher Amtmann verweigert aber auch die Zusammenarbeit. Gibt es dagegen engagierte Mitarbeiter, ist sehr viel möglich.
  • Verschiedene Bewertungsysteme: Der „Verlust an Natur und Landschaft“ durch eine Baumaßnahme ist gleichwertig auszugleichen. Als Währung fungieren dabei sogenannte Ökopunkte. Wird ein Naturraum durch eine Baumaßnahme um eine bestimmte Punktzahl abgewertet, ist dafür an anderer Stelle um die gleiche Punktzahl aufzuwerten. Für Landwirte unverständlich ist, dass es bundesweit mehrere zulässige Methoden zur Ermittlung der Punkte gibt.
  • Unattraktive Entsiegelung: Die alleinige Vorher/Nachher-Bewertung des Zielbiotopes benachteiligt die Entsiegelung. Ein Beispiel: Wird ein altes Betonsilo zum Magerrasen, erhält nur der Magerrasen Ökopunkte, nicht jedoch z. B. der Abriss oder die Entsorgung von Beton und Altlasten. Ökopunkte aus einer Entsiegelung sind damit sehr teuer.
  • Falsche Ackerlandbewertung: Für Ackerland gibt es nur wenige Punkte. Das Aufwertungspotential ist dadurch hoch und der Ausgleich auf produktivem Ackerland wird attraktiver.


Diese Schieflagen bereinigen könnte eine bundesweite Kompensationsverordnung. Hier hat sich die Politik aber mächtig verhakt (siehe Kommentar Seite 3).


Von PIK profitieren!

Doch während die Politik wertvolle Zeit verbummelt, beteiligen sich zunehmend freiwillig Landwirte an Kompensationsmaßnahmen. Dabei stehen die Produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen (PIK) im Fokus. Hierbei schafft der Landwirt durch eine bestimmte Bewirtschaftung Ökopunkte und erhält dafür Geld. PIK sind auch aus Naturschutzsicht vorteilhaft:


  • Wird auf Acker- und Grünland gebaut, verschwinden Lebensräume der Offenlandarten, z. B. Lerchen und Kiebitz. Ausgleich auf bewirtschaftetem Acker hilft ihnen besonders.
  • PIK können Schutzzonen für Biotope sein oder diese vernetzen.
  • Über PIK denkbar sind auch Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) oder in FFH-Gebieten, z. B. Pufferstreifen entlang von Gewässern.


Interessant für PIK sind weniger ertragreiche Flächen wie nasses Grünland, Ackerränder und an bestehende Biotope oder Gewässer angrenzende Flächen. Typische Beispiele sind Blühstreifen, Gewässerschutzstreifen, Lerchenfenster, Brachestreifen, Grünland-extensivierung oder Saumstrukturen wie Grünlandstreifen im Ackerland.


Wie vorgehen?

Kompensationsmaßnahmen sind oft dauerhaft, die Fläche ist für mindestens 30 Jahre wie zugesagt zu bewirtschaften. Meist sichert das ein Grundbucheintrag.


Eine große Rolle spielt bei Ausgleichsmaßnahmen die Untere Naturschutzbehörde, die Ihre Maßnahmen genehmigt, oft auch bewertet und so den finanziellen Ausgleich festlegt.


Grundsätzlich kann jeder Landwirt selbst eine Fläche „naturschutzfachlich aufwerten“, die entstandene Verbesserung mit Ökopunkten bewerten lassen, ein eigenes Ökokonto einrichten und dann die Punkte selbst vermarkten. Das birgt allerdings ein Risiko: Möglicherweise investieren Sie und finden dann keinen Abnehmer. Die Vermarktung der Ökopunkte ist außerdem recht zeitintensiv.


Allerdings ist für den Landwirt bei eigener Vermarktung oft mehr Geld drin. Teils unterstützen die Land-wirtschaftskammern, z. B. in Schleswig-Holstein, beim Konzept, der Vermarktung und dem Monitoring. Die Regel sind eigene Ökokonten z. B. beim Stallbau auf dem eigenen Hof.


Wer Interesse an der Bereitstellung von Ausgleichsflächen hat, den Zeitaufwand und das Vermarktungsrisiko aber scheut, wendet sich an eine Kulturlandschaftsstiftung oder Landgesellschaft.


Diese erstellen gemeinsam mit den Unteren Naturschutzbehörden ein Konzept, suchen einen Käufer, organisieren das notwendige Monitoring und vor allem: Sie stehen zusätzlich zum Grundbucheintrag langfristig für die Umsetzung der Kompensationsmaßnahme gerade. Deshalb akzeptieren die Unteren Naturschutzbehörden rotierende Maßnahmen wie Blühstreifen oder Maßnahmen auf Pachtland oft nur, wenn ein Vermittler wie eine Stiftung dahinter steht. Als Landwirt kümmern Sie sich dann um die Bewirtschaftung, die von der Stiftung entlohnt wird, unabhängig davon, ob die entstehenden Ökopunkte bereits vermarktet sind oder nicht. Oft können Sie dort auch potenzielle Flächen melden, die dann bei Bedarf als Ausgleichsfläche dienen.


Und die Finanzen?

Ausgleichsmaßnahmen können lukrativ sein, z.B. bringen Grünlandextensivierungen durchaus einmalig 30 000 €. Bei Blühstreifen auf Ackerland liegt die Entschädigung z.B. meist deutlich über denen aus den Agrarumweltprogrammen der Länder. Auch lässt sich die Orientierung am Deckungsbeitrag verhandeln, wenn dieser z.B. durch Zuckerrüben höher liegt als sonst ortsüblich. Bei dauerhaften Maßnahmen sollten Sie auch den Verkehrswertverlust durch den Grundbucheintrag in den Verhandlungen ansprechen. Außerdem passt Ihre Bank eventuell die Beleihungsgrenze an.


Wie viele Ökopunkte sich auf einer Fläche schaffen lassen, hängt von der Maßnahme und der Bewertung ab. Der Preis pro Ökopunkt ergibt sich aus den Kosten der „Natur-Verbesserung“. Besonders teuer ist hier die Entsiegelung. Aber Bauträger kaufen auch teure Ökopunkte – etwa wenn sie Flächen- und Artenausgleichspflichten auf einer Fläche „erledigen“ können.


Prämien checken!

Klären Sie vorab genau, ob weiterhin EU-Flächenprämie fließt, der Ackerstatus bei Ackerflächen erhalten bleibt oder die Fläche weiterhin als Futterflächennachweis gilt. Prämien für Agrarumweltmaßnahmen gibt es auf Ausgleichsflächen meist nicht. Allerdings lassen sich manche Kompensationsmaßnahmen, wie etwa Pufferstreifen an Gewässern auch fürs Greening einsetzen – fragen Sie hier bei Ihrer Bewilligungsbehörde vor Ort nach!Gesa Harms

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