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Neue Gesellschafter: Oft kneift die Finanzierung

Lesezeit: 11 Minuten

In vielen landwirtschaftlichen Großbetrieben steht in den kommenden Jahren ein Generationswechsel an. Dann steigen meist neue Gesellschafter ein. Was das für die Finanzierung bedeutet, weiß Albrecht Schünemann von der Deutschen Kreditbank in Berlin.


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In Familienbetrieben ist der Generationswechsel im Prinzip eine klare Sache: Eines der Kinder übernimmt den Hof, weichende Erben werden abgefunden und die Altenteiler bekommen ein Wohnrecht. Wenn es keinen Nachfolger gibt, wird der Betrieb aufgegeben. Maschinen und Vieh werden verkauft, die landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet und die Gebäude von anderen Betrieben weiter bewirtschaftet oder umgenutzt.


So einfach ist das in Großbetrieben mit einem oder mehreren Gesellschaftern nicht. Vielen Agrarunternehmen gelingt es nicht, in den eigenen Reihen geeignete Betriebsnachfolger zu finden. Selbst dann, wenn das Unternehmen wirtschaftlich solide dasteht. In diesen Fällen ist es für Personengesellschaften und juristische Personen meistens vorteilhafter, das Unternehmen als funktionierende wirtschaftliche Einheit zusammen mit den Pacht- und Lieferverträgen zu verkaufen, anstatt den Betrieb aufzulösen und das betriebliche Vermögens zu veräußern.


Generationswechsel steht an:

Wie so ein Gesellschafterwechsel abläuft und welche Probleme dabei gelöst werden müssen, zeigt folgendes Beispiel: Zum Verkauf steht die im Handelsregister eingetragene Agrar GmbH, die bislang von den drei Gesellschaftern Hans Meier, Gerd Müller und Klaus Schulze gemeinsam geführt wird. Die drei wollen aus Altersgründen verkaufen. Nachfolger in den eigenen Familien gibt es nicht. Mit Michael Diekmann haben Sie einen Kaufinteressierten gefunden.


Zurzeit bewirtschaftet die Agrar GmbH 500 ha Ackerland. Davon ge­hören ihr 35 %, der Rest ist gepachtet. Der Ackerbaubetrieb im nordöstlichen Brandenburg hat ein für die Region typisches Anbauprogramm mit 200 ha Winterweizen, 130 ha Winterraps, 65 ha Wintergerste, 55 ha Winterroggen und 50 ha Silomais, der an eine nahe gelegene Biogasanlage verkauft wird. Maisbestellung und Häckseln übernimmt ein Lohnunternehmer, alle anderen Feldarbeiten werden mit eigener Technik erledigt.


Für benachbarte Betriebe übernimmt die Agrar GmbH außerdem im Lohn die Bodenbearbeitung und den Mähdrusch. Für die eigene Ernte sind Trocknungs- und Lagerkapazitäten vorhanden. Im Unternehmen sind zwei der drei Gesellschafter tätig. Außerdem sind zwei Mitarbeiter fest angestellt, zwei Aushilfskräfte unterstützen in der Ernte.


Die Agrar GmbH ist wirtschaftlich kerngesund. In der Bilanz stehen 1,5 Mio. €. Davon sind 55 % Eigenkapital. Aktuell belaufen sich die Verbindlichkeiten insgesamt auf 675 000 €, darunter 75 000 € an kurzfristigen Krediten bei Händlern oder auf dem laufenden Konto. Diese sollen noch vor dem Verkauf getilgt werden. Nachfolger Diekmann müsste somit 600 000 € an Alt-Krediten übernehmen.


Asset Deal oder Share Deal?

Im ersten Schritt muss Diekmann mit den Altgesellschaftern klären, in welcher Form der Einstieg erfolgen soll. Grundsätzlich kann er zwischen einem Share Deal oder einem Asset Deal wählen. Bei einem Share Deal wechseln Geschäftsanteile den Besitzer. Das geht nur bei einer Personen- oder Kapitalgesellschaft (s. Kasten auf Seite 55). Das Unternehmen bleibt dann als Rechtspersönlichkeit unverändert bestehen.


Im Rahmen eines Asset-Deals werden dagegen Vermögensteile eines Betriebes erworben. Das können Flächen, Gebäude, Maschinen oder Umlaufvermögen sein. Diese sind dann auch konkret Gegenstand eines Kaufvertrages.


Der Asset Deal wird gewählt, wenn es sich bei dem Eigentümer um eine natürliche Person handelt, die verkaufende Gesellschaft nicht weiter geführt oder nur ein Teil des Betriebes verkauft werden soll. Da bei einer Fortführung der Agrar GmbH die Pachtverträge unverändert fortbestehen und der Gesamtbetrieb erworben werden soll, bevorzugt Diekmann den Share Deal.


Typische Übernahmen: Wenn in einem Unternehmen Gesellschaftsanteile zum Verkauf stehen, treten in der Praxis häufig drei typische Übernahmemodelle auf (s. Übersicht 1):


  • Gesellschaft kauft selber: In diesem Fall erwirbt die GmbH die Anteile der ausscheidenden Gesellschafter, ohne dass neue Personen hinzutreten und den Eigentümerkreis erweitern oder verjüngen. Sie ist dann auch Kreditnehmerin und kann dafür eigene Sicherheiten nutzen.
  • Neuer Gesellschafter steigt ein: Dieser Fall tritt zum Beispiel ein, wenn eine junge Führungskraft aus dem eigenen Unternehmen als Mit-Gesellschafter einsteigt. Kreditnehmer ist dann die junge Nachwuchskraft. In diesem Fall können in der Regel keine Sicherheiten des landwirtschaftlichen Betriebs genutzt werden, da der neue Gesellschafter über diese nicht voll verfügen kann.


Der neue Anteilseigner muss den Kredit aus seinem Arbeitslohn und den ihm zustehenden Ausschüttungen des Betriebes bedienen, wobei ungewiss ist, ob künftige Gewinne auch ausgeschüttet werden.


  • Neuer Gesellschafter übernimmt komplett: Die bisherigen Gesellschafter scheiden aus und das Unternehmen wird komplett von einem neuen Gesellschafter übernommen. In diesem Fall können für die Rückzahlung Erträge und für die Besicherung Vermögensteile des Landwirtschaftsbetriebes berücksichtigt werden. Die Laufzeit des Darlehens hängt dann von den Besicherungsmöglichkeiten ab.


Genug Sicherheiten?

Michael Diekmann hat keinen Partner. Er will die Agrar GmbH zu 100 % übernehmen und als alleiniger Gesellschafter weiterführen. Das heißt für ihn, dass er auch die zur Verfügung stehenden Sicherheiten der Agrar GmbH für die Finanzierung nutzen kann.


Nun müssen sich die Parteien auf einen Kaufpreis verständigen. Dabei haben Verkäufer und Käufer naturgemäß unterschiedliche Interessen. Für Meier, Müller und Schulze ist der Verkaufserlös ein Stück Alterssicherung.


Diekmann darf sich dagegen beim Kaufpreis nicht übernehmen. Klar ist, dass die in den vergangenen Jahren gestiegenen Bodenpreise den Wert der Agrar GmbH erhöht haben. Das ist für Diekmann ein Problem, da er sich vor allem am nachhaltig erzielbaren Ertrag orientieren muss. Um diesen zu be­stimmen, schaut er sich zunächst die standörtlichen und betriebsindividuellen Verhältnisse an und versucht, mögliche Ertragssteigerungs- bzw. Kostensenkungspotenziale zu erfassen.


Dazu stellen ihm die Altgesellschafter erste Informationen über Betriebsgröße und -struktur, einen Überblick über die Flächen sowie Naturalerträge der vergangenen Jahre zur Verfügung. Außerdem erhält er eine Inventarliste. Auf dieser Basis entwickelt Diekmann eine erste grobe Kalkulation für die Übernahme. Danach scheint ein Erwerb der Agrar GmbH durchaus inte­ressant.


Diekmann beschließt, den Kauf zusammen mit einem Berater im Detail zu prüfen und zu rechnen. Als Basis dienen ihm die Jahresabschlüsse, betriebswirtschaftlichen Auswertungen, exakte Inventarlisten und Pachtflächenaufstellungen. Er will wissen, welches finanzielle Ertragspotenzial besteht und was das Unternehmen wert ist. Dabei ist es wichtig, auch die zu übernehmenden Verpflichtungen, wie zum Beispiel Kredite und Beschäftigungsverhältnisse, einzubeziehen.


Gewinn ausbaufähig:

Bisher erreicht der Betrieb einen Brutto-Cashflow (Betriebsergebnis + Abschreibung) von etwa 130 000 €. Damit kann der Betrieb Ertragssteuern und Tilgungsverpflichtungen decken. Das ist Diekmann aber zu wenig. Er geht davon aus, dass unter Berücksichtigung von regional typischen Erträgen und Durchschnitts­preisen der vergangenen Jahre auch 190 000 € nach Abzug der Zinsen für die Bestandsfinanzierungen möglich sind. Dabei hat Diekmann Optimierungen beim Personalaufwand und eine höhere Auslastung des Maschinenparks über Lohnarbeiten berücksichtigt. Er betrachtet dieses Ergebnis als durchschnittliches Szenario.


Im Idealfall kommt es zur Einigung. Auch die Altgesellschafter haben die Agrar GmbH bewerten lassen und erwarten unter Berücksichtigung der Alt-Kredite einen Kaufpreis von mindestens 2,8 Mio. € für sämtliche Geschäftsanteile. Diesen Kaufpreis hält Diekmann für akzeptabel. Deshalb prüft er als nächstes, ob und wie er diesen finanzieren kann. Insgesamt muss Diekmann ein Finanzpaket von 3,4 Mio. € stemmen, da er auch die 600 000 € an Alt-Krediten übernehmen muss.


Diekmann verfügt über Eigenkapital in Höhe von 1 Mio. €. Davon will er maximal 800 000 € für die Kaufpreisfinanzierung einsetzen. Den Rest möchte er für die anfallenden Nebenkosten (Beratung, Notar und Makler) und als Reserve zurückbehalten.


Unterm Strich muss Diekmann also den Kapitaldienst für 2,6 Mio. € leisten, 600 000 € für die Alt-Kredite der Agrar GmbH und 2 Mio. € für den Kauf der Anteile. Da Diekmann über keine weiteren Unternehmen und Einkommensquellen verfügt, muss er den gesamten Kapitaldienst aus den Erträgen der Agrar GmbH stemmen können.


Ob er dies schafft, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: von den Zinssätzen und Laufzeiten für die Bestandskredite sowie von der Höhe des Brutto-Cashflows, den Diekmann erwirtschaften kann.


Laufzeit entscheidend:

Wie stark sich längere Laufzeiten auf Zins und Tilgung auswirken, zeigt Übersicht 2. Dort werden zwei Szenarien durchgespielt: Für die Bestandskredite werden 200 000 € für Maschinenfinanzierungen mit entsprechend kurzen Laufzeiten als Tilgungskredit sowie 400 000 € für eine Flächen- und Gebäudefinanzierung als Annuitätenkredit unterstellt.


Entscheidender Unterschied zwischen den beiden Szenarien sind die Laufzeiten sowie die Zinssätze. Alternative 1 geht davon aus, dass wegen fehlender freier Sicherheiten für die Bestandskredite keine Tilgungsstreckung möglich ist und für die Finanzierung des Kaufs der Agrar GmbH nur eine Laufzeit von 8 Jahren in Frage kommt. Unterm Strich muss Diekmann dadurch einen hohen Kapitaldienst von 324 000 € pro Jahr leisten.


Alternative 2 geht davon aus, dass Diekmann über die Agrar GmbH werthaltige Acker- und Gebäudeflächen als Sicherheiten anbieten kann. Die Maschinenfinanzierungen können dann abgelöst und mit einer längeren Laufzeit umgeschuldet werden (Tilgungsstreckung). Dadurch sinkt der Zinssatz von 3,5 % auf 2,8 %. Auch für die Fi­nanzierung des Anteilkaufs der Agrar GmbH gilt nun eine Laufzeit von 20 Jahren. Damit reduziert sich der Gesamt-Kapitaldienst deutlich auf nur noch 184 600 € pro Jahr (Übersicht 2).


Diekmann kann mit Alternative 2 weitaus besser leben, da im Unternehmen in den nächsten Jahren weiterer Investitions- und damit auch Finanzierungsbedarf ansteht. Neben Ersatz­investitionen in neue Technik stehen Reparaturen an den Gebäuden an. Außerdem rechnet Diekmann damit, dass einige seiner Verpächter ihre Flächen lieber verkaufen als weiter verpachten wollen. Wenn er seine Flächen halten will, ist er fast gezwungen, den Pächtern ein Angebot zu machen.


Langfristige Kredite notwendig:

Für Diekmann ist das Ergebnis klar: Er kann die Agrar GmbH nur dann erwerben, wenn es ihm gelingt, mit seiner Bank eine entsprechend langfristige Finanzierung auszuhandeln. Nur dann hätte er noch genügend Spielraum zu investieren und den Betrieb weiterzuentwickeln.


Ein Kapitaldienst von deutlich über 300 000 € würde dagegen die Stabilität und Liquidität des Unternehmens auf Jahre hinaus gefährden. Hinzu kommt, dass Diekmann keine weiteren Einkünfte hat, mit denen er überraschend auftretende Engpässe leichter überbrücken könnte.


Das Beispiel der Agrar GmbH zeigt, wie eng die Finanzierung beim Kauf von Unternehmensanteilen häufig ist. Ohne Eigenkapital und ausreichende Sicherheiten wird der Liquiditätsbedarf für Zins und Tilgung so hoch, dass der Anteilskauf kaum vom Unternehmen selbst getragen werden kann. Für die finanzierenden Banken sind ausreichende Eigenmittel aus zwei Gründen wichtig: Zum einen steht der neue Gesellschafter direkt im Risiko und bindet sich an das Unternehmen. Zum anderen senkt das Eigenkapital Zahlungen für Zins und Tilgung. Das macht unter Umständen die Fremdfinanzierung überhaupt erst möglich.


Kapitaldienst tragbar?

Ähnliche Auswirkungen hat die Besicherung. Die Verfügbarkeit von Sicherheiten entscheidet über die Finanzierungslaufzeiten und die wiederum über die Höhe des zu erbringenden Kapitaldienstes. Steht nur der Geschäftsanteil am Unternehmen als Pfand zur Verfügung, ist die Kreditlaufzeit meist auf 10 Jahre begrenzt. Gibt es hingegen werthaltige Gebäude-, Acker- oder Grünlandflächen zur grundpfandrechtlichen Besicherung, kann die Laufzeit auch bis zu 30 Jahre betragen.


An erster Stelle steht jedoch auch für die Bank die Frage nach der Ertragskraft und Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens. Gern stützen sich die Kredit­institute bei der Finanzierungsentscheidung auf die bisherigen Unternehmenszahlen. Die sind aber nur dann eine verlässliche Basis, wenn zumindest ein Teil der bislang verantwortlichen Akteure im Unternehmen bleibt.


In unserem Beispiel ist das nicht der Fall. Alle bisherigen Eigentümer, die zugleich auch die Geschäftsführer des Unternehmens waren, ziehen sich zurück. Das heißt, mit dem neuen Eigentümer kommt auch ein neues Management auf den Betrieb. Michael Diekmann muss erst noch beweisen und der Bank schlüssig darlegen, dass er die von ihm ausgegebenen Ertragsziele auch tat­sächlich erreichen kann. Der geplante Brutto-Cashflow von ca. 190 000 € ist für die Finanzierungsvariante 2 aus­reichend, Ertragssteuern, Tilgung und Zinszahlungen für die Anteilskauf­finanzierung von insgesamt 173 000 € können daraus bezahlt werden.


Für die Finanzierung ist es auch immer entscheidend, welchen Einfluss der neue Gesellschafter auf das Unternehmen hat. In unserem Beispiel erwirbt Michael Diekmann alle Anteile an der Agrar GmbH. Er hat damit unbeschränkt Einfluss auf Unternehmensführung und Gewinnverwendung.


Das sähe anders aus, wenn er nur einen Teil der GmbH-Anteile erwerben und als neuer Minderheitsgesellschafter auftreten würde (was in der Praxis selten vorkommt). Er müsste dann natürlich eine deutlich geringere Summe finanzieren, hätte aber auch nicht den unbeschränkten Zugriff auf den Unternehmensgewinn. Das schränkt sowohl seine Besicherungsmöglichkeiten als auch seine Kapitaldienstfähigkeit erheblich ein. Für eine klassische Bank­finanzierung müssten in diesem Fall ­entsprechende Regelungen getroffen werden, sodass Besicherung und Kapitaldienstfähigkeit dennoch positiv geprüft werden könnten.-sp-

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