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Rating: Wenn die Bank Noten verteilt...

Lesezeit: 9 Minuten

Wussten Sie, dass Ihre Bank Noten verteilt? Wie in der Schule wird bewertet, wie gut Sie Ihre Finanzen im Griff haben und wie wirtschaftlich erfolgreich Ihr Betrieb ist. Haben Sie z. B. Ihren Kontokorrentrahmen ohne Absprache überschritten, die Bilanz nicht rechtzeitig eingereicht oder längere Zeit die Abschreibungen nicht erwirtschaftet, könnte sich das folgendermaßen auswirken: ? Sie zahlen höhere Zinsen für das Kontokorrentkonto; ? Sie erhalten schlechtere Konditionen bei anstehenden Investitionskrediten, oder Ihre Kreditanfrage wird sogar wegen mangelnder Bonität abgelehnt; ? im Extremfall könnte es aber auch passieren, dass Sie aus heiterem Himmel die Aufforderung erhalten, umgehend Ihre Kredite glattzustellen und sich eine neue Bank zu suchen. Bei schlechten Noten sprich schlechter Bonität drohen ernste Konsequenzen. Das erinnert tatsächlich an die Schule, mit einem Unterschied: Schüler wissen schon vorher, wie es um sie steht. Für die wenigsten ist das Zeugnis eine wirkliche Überraschung. Anders geht es den meisten Bauern. Sie haben bisher kaum Informationen, wie sie von ihrer Bank bewertet werden. Häufig wissen Sie nicht einmal, dass die Banken regelmäßig eine Bewertung ihrer Kreditnehmer, das so genannte Rating, durchführen. In der Tat sind die Banken nicht dazu verpflichtet, ihre Kunden über die Durchführung eines Ratings zu informieren. Sie müssen noch nicht einmal Auskunft geben, wenn der Kunde Einsicht in die Bewertung verlangt. Im Hintergrund wird bewertet und dann entschieden, beschreibt Berater Josef Reimann von der Landwirtschaftskammer Münster die häufig unbefriedigende Situation. Aber: Es gibt auch Kreditinstitute, die an einem offenen Umgang mit ihren landwirtschaftlichen Kunden interessiert sind. Zwar sprechen bisher nur wenige ihre Kunden von sich aus auf das Thema Rating an. Auf Nachfrage sind aber viele bereit, die Ergebnisse mit dem Kunden zu besprechen, damit dieser nachvollziehen kann, wie sein Betrieb bezüglich der Kreditwürdigkeit eingestuft ist und welche Punkte dafür maßgebend sind. Neue Regeln für die Banken Dabei ist Rating an sich nichts Neues. Schon immer haben die Banken die Kreditwürdigkeit und das Ausfallrisiko für jeden Kunden bewertet. Neu ist, dass die Kreditwürdigkeit jetzt systematischer und nach einem festen Schema bewertet werden muss. Geändert hat sich außerdem die Bedeutung des Ratings im Banken-Alltag. Die Institute kommen gar nicht daran vorbei, sich im Kreditgeschäft viel stärker an den Rating-Ergebnissen zu orientieren. Hintergrund: Voraussichtlich ab 2006 sind alle Banken gezwungen, die Kreditvergabe stärker nach der Bonität der Kunden auszurichten (Stichwort: Basel II). Bei guten Kunden müssen sie dann weniger, bei schlechten mehr Eigenkapital für die gewährten Darlehen bereitstellen. Kreditnehmer mit hoher Bonität können dadurch künftig günstigere Konditionen erhalten als Betriebe, bei denen die Bank mit einem höheren Ausfallrisiko rechnen muss. Außerdem gelten schon ab 2004 neue Mindestanforderungen für das Kreditgeschäft (MAK). Wichtig hierbei ist, dass ein Kredit nur dann bewilligt werden darf, wenn zwei Mitarbeiter unabhängig voneinander ein positives Votum abgegeben haben. Die Werthaltigkeit der Sicherheiten muss regelmäßig überprüft werden und die Konditionsgestaltung muss nachvollziehbar dokumentiert und begründet sein. Auch müssen Problemkredite gesondert behandelt werden, was die Betreuung solcher Kunden aus Sicht der Bank natürlich verteuert. Ob und wie gut die Banken diese Vorgaben einhalten, wird künftig verstärkt überprüft. Dabei interessiert die Bankenaufsicht nicht zuletzt, nach welchen Kriterien die Bank ihre Kredite gewährt und die Konditionen festlegt. Auf der Basis der standardisierten Ratings kann sie außerdem eine Gesamtbewertung des Kreditgeschäfts einer Bank vornehmen. Das bedeutet: Auch für die Bank wird ein Rating vorgenommen, mit entsprechenden Folgen für ihre Refinanzierungsbedingungen am Kapitalmarkt. Entscheidend für Sie als Landwirt ist Folgendes: Es reicht nicht mehr aus, wenn Sie einen guten Draht zu Ihrer Hausbank haben. Alle Kreditkonditionen müssen künftig bei internen und externen Kontrollen der Bank nachvollziehbar sein. Beste Konditionen erzielt in Zukunft nur derjenige, der seine Bank auch regelmäßig mit den notwendigen Unterlagen versorgt, die vereinbarten Bedingungen einhält und sowohl bei anstehenden Investitionen als auch bei Problemen frühzeitig das Gespräch sucht. Wer macht das Rating, wie läuft es ab? Dazu müssen Sie aber wissen, was in der Bank tatsächlich vorgeht. Ein Firmenkundenberater hat selbst für größere zukunftsorientierte Betriebe im Durchschnitt nur 17 Stunden pro Kunde und Jahr, gibt Dr. Wesselmann, Agrarexperte der Westdeutschen Genossenschafts-Zentralbank (WGZ) zu bedenken. Damit wird eines klar: Zeit ist für die Bank ein knapper Faktor. Arbeitsprozesse wie das Rating werden standardisiert und zunehmend per EDV durchgeführt. So erfolgt die Bilanzanalyse häufig schon automatisch: Diskette rein, und der Rechner prüft alle für die Bank wichtigen Kenndaten. Das Ergebnis geht direkt in das Rating-Formular. Der einzelne Kundenberater kann darauf positiv wie negativ nur noch begrenzt Einfluss nehmen. Auch für die Branchenbewertung werden fertige Daten verwendet. Dazu gibt es entsprechende Analysen oder eigene statistische Auswertungen der Bank. Wie der Kreditberater selbst die Lage und Zukunft der Landwirtschaft einschätzt, spielt an dieser Stelle keine Rolle. Es ist durchaus möglich, dass Ihre Bank sogar mehrmals im Jahr ein Rating über Sie und Ihren Betrieb anfertigt: ? zum einen muss die Bank auf diese Weise Ihre Bonität prüfen, nachdem Sie die jeweils neueste Bilanz eingereicht haben; ? bei Kreditanfragen wird neben der aktuellen Situation des Betriebes natürlich die Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit der Investition überprüft; ? aber auch andere Anlässe, wie z.B. eine Erhöhung der Kreditlinie auf dem laufenden Konto oder eine plötzliche Durststrecke bei den Marktpreisen, können zum Anlass genommen werden, die Einstufung Ihres Betriebes anhand aktueller Daten zu überprüfen. Einige Landwirte haben es schon erlebt, dass Ihnen der Kundenberater den Kredit zusagte und kurze Zeit später ein Schreiben der Bank in der Post lag mit der Mitteilung, dass die Kreditanfrage abgelehnt wird. Hat der Berater seine Meinung geändert? Nicht unbedingt! Neben dem Kundenberater muss ein zweiter Mitarbeiter der Bank völlig unabhängig und nur anhand der vorliegenden Informationen ein Rating durchführen. Nur wenn beide zu einer positiven Entscheidung kommen, wird der Kredit genehmigt. Die Bonität entscheidet Wie aber läuft ein solches Rating ab? Wir haben mit Banken beispielhaft mehrere Ratings für landwirtschaftliche Betriebe durchgespielt. Grundsätzlich erstreckt sich die Bewertung auf fünf Teilbereiche: 1. Persönlichkeits- und Qualifikationsprofil: Hier muss der Kreditsachbearbeiter die Management-Qualitäten des Landwirts bewerten. Welche Ausbildung hat der Betriebsleiter, hat er den Betrieb im Griff, sind die Finanzen geordnet, wie weit setzt er die Buchführung und andere Kontrollinstrumente für das betriebliche Management ein? Gute landwirtschaftliche Unternehmer können hier durchaus Bestnoten erhalten, wenn sie nicht nur die jährliche Bilanz pünktlich einreichen, sondern z. B. jederzeit die erwartete Liquiditätsentwicklung darlegen können. Das zeigt auch ein Blick in unsere Übersicht (Seite 35): Der erfolgreiche Schweinemäster A. kann hier eine glatte 1 verbuchen. Seinem Berufskollegen B. bescheinigt die Bank dagegen weil er in der Produktion weniger erfolgreich ist und den Papierkram gerne vor sich herschiebt nur ein Ausreichend (Note 4). 2. Markt/Branche: Bewertet werden hier die Marktbedingungen der jeweiligen Betriebszweige. Auf diese Punkte hat der einzelne Landwirt nur wenig Einfluss. Dies gilt erst recht für die allgemeine Branchenbewertung (Punkt 2.1 in der Übersicht). Dafür verwenden viele Banken z. B. vorgegebene Analysen unabhängiger Institute. Die Landwirtschaft erhält hierbei meist die Note 4. Dies ist zwar nicht erfreulich und auch keineswegs generell gerechtfertigt. Andererseits handelt es sich hier nur um eine Teilnote, die gute Betriebe durch Top-Noten in anderen Bereichen durchaus wettmachen können. Das zeigt sich auch das Beispiel unserer beiden Schweinemäster (Übersicht). Mäster A. bekommt bei der Beurteilung der Konjunkturabhängigkeit eine bessere Note als B., weil er seine Preise zeitweise an der Warenterminbörse absichert. Positiv bewertet der Kreditbearbeiter auch die Tatsache, dass er einen festen Ferkel-Lieferanten hat und bei der Vermarktung zwischen verschiedenen Abnehmern wählen kann. Mäster B. bekommt hier durchweg schlechtere Noten. Die Abhängigkeit von EU-Beschlüssen und die Konkurrenzintensität sind allerdings für alle Schweinemäster gleich. Jedoch ist A. bereits QS-zertifiziert. Dies verbessert seine Produktbewertung. Für seine sehr guten Zunahmen und geringen Verluste in der Mast bekommt er außerdem die Note 1 im Punkt Leistungsstandard, während B. hier im unteren Mittelfeld landet. 3. Kundenbeziehungen: Unter dieser Rubrik bewertet die Bank ihre Geschäftsbeziehungen mit dem jeweiligen Landwirt. Da ist zum einen die Frage, ob sein Konto ständig Soll-Salden ausweist oder sogar der vereinbarte Kontokorrentrahmen häufiger ohne Absprache überzogen wurde. Auch geht es darum, wie offen der Kunde die Bank informiert. Reicht er seine Bilanz rechtzeitig ein, oder erst nach mehrmaligem Nachfragen? Spricht er die Bank bei finanziellen Engpässen rechtzeitig an oder wartet er, bis es die Bank merkt. Gleiches gilt natürlich auch bei anstehenden Investitionen. 4. Wirtschaftliche Verhältnisse: Die Jahresabschlüsse des Betriebes werden häufig schon automatisch ausgewertet und beurteilt. Die Banken achten dabei vor allem auf die Rentabilität und die Kapitaldienstfähigkeit. Bewertet werden aber auch die gesamten Vermögensverhältnisse des Betriebsleiters. Daraus zieht die Bank ihre Rückschlüsse auf die langfristige finanzielle Stabilität des Unternehmens. 5. Weitere Unternehmensentwicklung: Neben der aktuellen Entwicklung will die Bank sich auch ein Bild machen, welche Chancen der Betrieb in den nächsten Jahren hat. Wichtig ist hierbei häufig die Frage, ob die Hofnachfolge geklärt ist. Weitere Pluspunkte können Sie sammeln, wenn Sie der Bank ein längerfristiges Entwicklungskonzept vorlegen (Punkt 5.2) und die bisherige Entwicklung belegt, dass Sie mit großer Sicherheit auch künftig Ihren Kapitaldienst leisten können. Unter besonderen Risiken vermerkt die Bank, ob der Betrieb für Krisenfälle optimal abgesichert ist (z. B. Risiko-Lebensversicherung, Feuer- und Ertragsausfallversicherung). Aber auch drohende Naturschutzauflagen, die eine Weiterentwicklung des Betriebes erschweren können, gehen hier als Teilnote ein. Im nächsten Schritt werden die Teilnoten zu einem Durchschnittswert für die fünf Rating-Bereiche zusammengefasst. Diese fließen dann in die Gesamtnote (Gesamtdurchschnitt) ein. Diese Note entscheidet schließlich über die Bonitätseinstufung. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass die beste Bonitätsstufe 1 für Landwirte nur im Ausnahmefall drin ist. Gute Betriebe können hier aber durchaus die Note 2 schaffen. Auch bei einer 3 vor dem Komma liegen Sie noch ganz gut im Rennen. Ab Bonitätsstufe 4 sollten Sie dagegen dringend prüfen, ob und wie Sie Ihr Rating-Ergebnis verbessern können. Sicherheiten bleiben wichtig Die Bonität alleine entscheidet aber nicht über Ihre künftigen Kreditkonditionen. Denn parallel wird die Bank auch die Frage der Sicherheiten klären. Werden die Verbindlichkeiten zu mehr als 100% durch werthaltige Sicherheiten gedeckt, erhält der Kunde die Sicherheitsklasse 1; bei unter 50 % z. B. nur noch die Klasse 4. Erst die Bonitätseinstufung und die Bewertung der Sicherheiten zusammen erlauben der Bank eine abschließende Beurteilung des jeweiligen Kreditrisikos. A. Quiring

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