Wenn wir die Energiewende wirklich wollen, brauchen wir 4 000 km neue Leitungsnetze, heißt es. Und das möglichst schnell. Derzeit werden jedes Jahr aber nur ein paar Kilometer gebaut. Daran sind die Bauern schuld, meinen jedenfalls die Netzbetreiber.
Die Landwirte wollten „in andere Dimensionen der Entschädigung vorstoßen“ und an der der Wende verdienen, schimpfen EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall. Deshalb warnen sie vorsorglich vor langen Debatten über die Höhe der Entschädigung, die den Bau von Leitungen verzögern und verteuern könnten, schreibt das „Handelsblatt“.
Die derzeit üblichen 20 % des Verkehrswerts der beanspruchten Grundstücksfläche seien nicht ausreichend, hält DBV-Präsident Gerd Sonnleitner dagegen. Damit steht er nicht allein, denn auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (58, CSU) will die Entschädigungszahlungen anheben und damit den Netzausbau beschleunigen. Zumindest hat er das öffentlich angekündigt.
Das „Handelsblatt“ sieht dann einen Geldregen auf die Bauern niedergehen. Schon nach der bisherigen Regelung würden 1 000 m Leitung mit einem Schutzstreifen von 70 m Breite bei einem Verkehrswert von 4,5 €/m2 mit 63 000 € vergütet. Hinzu kämen 3 x 4 000 € für die Masten. Das mache zusammen 75 000 €. In den Augen der Zeitung offenbar mehr als genug, denn außerdem würden die Preise für landwirtschaftliche Flächen derzeit enorm ansteigen. Das treibe die Entschädigungen zusätzlich in die Höhe.
top agrar meint: Die Aussagen des Handelsblattes sind eine Frechheit. Von einer seriösen Wirtschaftszeitung hätten wir mehr Ausgewogenheit erwartet. Hier wird auf dem Rücken der Landwirte Stimmung gemacht.
Die Zahlen mögen für Nordrhein-Westfalen und Bayern noch halbwegs zutreffen. Für den Rest Deutschlands aber nicht! 2010 lag das durchschnittliche Preisniveau für Agrarflächen im Westen bei 18 700 €/ha und im Osten bei 7 400 €/ha. Bei diesen Werten würden die Bauern für 1 000 m Leitung im Westen mit 37 900 € und im Osten mit nur noch 22 360 € entschädigt. Außerdem macht die Entschädigung maximal 3 bis 5 % der gesamten Baukosten aus. Selbst wenn in Zukunft höher entschädigt würde, hätte das also nur marginale Auswirkungen.
Von „Taschen vollmachen“ kann demnach überhaupt keine Rede sein, wenn man die dauerhaften Bewirtschaftungsnachteile dagegenstellt.
Im Vergleich zu den Bauern sind die Kommunen übrigens deutlich besser gestellt. Sie erhalten von den Netzbetreibern eine jährliche Konzessionsabgabe für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen.