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Rentenreform - Für Mütter und Männer

Lesezeit: 8 Minuten

Kindererziehung und ein ­langes Arbeitsleben bringen ab Juli neue Pluspunkte bei der Rente. Nicole Spieß vom Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V. erklärt die Details.


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Das ging schnell: Ab dem 1. Juli kommt die Rente mit 63 und auch die zusätzliche Mütterrente. Die große Koalition hat Wort gehalten.


Auch Landwirte und deren Ehefrauen können von der Reform profitieren. Das gilt zuallererst für Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern. Sie bekommen ab Juli in der Regel automatisch einen Rentenzuschlag. Außerdem können Landwirte, die 45 Jahre Wartezeit voll bekommen, ab 63 Jahre das abschlagsfreie Altersgeld beziehen.


Frühe Rente auch für Landwirte:

Zum 1. Juli können auch alterskassenversicherte Landwirte ohne Abschläge mit 63 in Rente gehen. Kommt der Landwirt mit den Beitragszeiten von Alterskasse und gesetzlicher Rentenversicherung auf 45 Jahre Wartezeit und hat er den Betrieb abgegeben, kann er die vorzeitige Rente der Alterskasse in Anspruch nehmen.


Zu den typischen Beitragszeiten gehören die betriebliche Ausbildung, eine Erwerbstätigkeit, z. B. im elterlichen oder einem anderen Betrieb, aber auch Arbeitnehmertätigkeiten in ganz anderen Berufen. Anerkannt werden auch Wehr- und Zivildienstzeiten, sowie Zeiten als mitarbeitendes Familienmitglied, je nachdem als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auch in der Alterskasse. Nicht mitgezählt werden Schuljahre an der Fachschule sowie Schul- und Hochschulzeiten. Was im Detail zu den Pflichtbeitragszeiten zählt, zeigt die Übersicht 1.


Die Möglichkeit, mit 63 in Rente zu gehen, gibt es uneingeschränkt nur für Versicherte, die vor 1953 geboren sind. Für Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1953 wird das Zugangsalter zur vorzeitigen Rente wieder angehoben. Die Übersicht 2 zeigt die Einzelheiten.


Vorzeitige Rente ja oder nein?

Die vorzeitige abschlagsfreie Rente kann für die Landwirte attraktiv sein, die den Betrieb sowieso in den nächsten Jahren übergeben bzw. abgeben wollen.


Angenommen ein Landwirt bekäme allein durch seine Alterskassenzeiten die 45 Beitragsjahre voll, könnte er aktuell mit 63 Jahren eine Rente von monatlich rund 595 € beziehen (Westdeutschland). Voraussetzung ist wie immer die Abgabe des Betriebes. Bei einer Weiterführung des Betriebes bis zum 65. Lebensjahr würde sich das monatliche Altersgeld lediglich um gut 26 € erhöhen.


Außerdem hat es steuerliche Vorteile, früher in Rente zu gehen. Denn in den nächsten Jahren steigt der steuerpflichtige Anteil der Rente und damit auch des Altersgeldes jährlich um 2 % und ab 2021 um 1 %. Der steuerpflichtige Anteil beträgt bei Neurentnern in diesem Jahr 68 %, wer zwei Jahre länger arbeitet, ist schon für 72 % der Rente steuerpflichtig.


Interessant ist die vorzeitige Rente auch für Landwirte, die gesundheitlich schwer angeschlagen sind und deren Antrag auf Erwerbsminderungsrente bislang abgelehnt wurde. Sie sollten ihre Wartezeiten in Alterskasse und gesetzlicher Rentenversicherung genau prüfen, um die abschlagsfreie Rente dann gegebenenfalls zum Ausstieg zu nutzen.


Nur 26 Jahre Alterskasse:

Etlichen Landwirten steht neben der Alterskassenrente eine gesetzliche Rente zu, z.B. durch die Lehre und eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung. Ärgerlich ist, dass die gesetzliche Rentenversicherung nach wie vor die Beitragszeiten der Alterskasse nicht anerkennt. Bei insgesamt 45 Jahren in Alterskasse und Rentenversicherung kann ein Landwirt zwar die Rente mit 63 der Alterskasse erhalten, muss aber bis zum Erreichen des Regelrentenalters auf seine gesetzliche Rente warten.


Davon betroffen ist z. B. Hermann Leifert (Name geändert): Er wird im März nächsten Jahres 63 Jahre alt. Nach der Ausbildung war er 20 Jahre rentenversicherungspflichtig im elterlichen Betrieb angestellt und nach der Hofübergabe weitere 26 Jahre als Unternehmer in der LAK versichert. Die abschlagsfreie Rente der Alterskasse kann Leifert ab dem 63. Geburtstag beanspruchen, er kommt auf 46 Beitragsjahre. Seine gesetzliche Rente ohne Abzüge bekommt er aber erst mit 65 Jahren und sechs Monaten.


Ob es in einem solchen Fall sinnvoll ist, den Betrieb abzugeben und das vorzeitige Altersgeld in Anspruch zu nehmen, hängt davon ab, ob dem Landwirt – auch ohne die gesetzliche Rente – genügend Geld für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Es kommt also auf die Höhe von Altenteil bzw. Pachteinnahmen an und eventuellen weiteren Einnahmen, z. B. aus einer Photovoltaikanlage oder einer Gewinnbeteiligung als GbR-Gesellschafter.


Das gilt für Nebenerwerb:

Viele Nebenerwerbslandwirte sind als Arbeitnehmer beschäftigt und deshalb gesetzlich rentenversichert. Sie können die Rente mit 63 Jahren beziehen, wenn sie in der gesetzlichen Rentenversicherung auf 45 Beitragsjahre kommen (siehe Übersicht 1).


Beitragsjahre eines Nebenerwerbslandwirtes in der Alterskasse durch eine frühere Tätigkeit als Haupterwerbslandwirt oder mitarbeitende Familienarbeitskraft werden von der gesetzlichen Rentenversicherung nach wie vor nicht anerkannt. Falls also ein Nebenerwerbslandwirt seinen Betrieb z. B. 15 Jahre im Haupterwerb und dann im Nebenerwerb geführt hat, kann er die vorzeitige gesetzliche Rente nicht in Anspruch nehmen – auch wenn er bei gesetzlicher Rentenversicherung und Alterskasse zusammen auf insgesamt 45 Jahre kommt. Allerdings könnte der Landwirt bei Abgabe des Betriebes die frühe Rente der Alterskasse beziehen, weil die Alterskasse die Beitragszeiten der Rentenversicherung anerkennt.


Für die Ehefrauen der Landwirte wird die frühe Rente mit 63 selten infrage kommen. Viele werden aufgrund von Familienphasen, selbstständigen Tätigkeiten oder Minijobs ohne eigenen Rentenversicherungsbeitrag die 45 Beitragsjahre in der gesetzlichen Versicherung nicht voll bekommen. In der Alterskasse ist das aufgrund der Bäuerinnenrente u.U. eher möglich.


Jedes Jahr zählt

: Für die vorzeitige Rente müssen Sie einen Rentenantrag stellen. Wenn Sie schon im Juli in Rente gehen wollen, beantragen Sie die Rente gleich dann. Ansonsten stellen Sie den Antrag rund drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn.


Wichtig ist, dass Sie sich darüber informieren, ob die Wartezeit von 45 Jahren in Ihrem Fall tatsächlich erfüllt ist. Möglichen Beitragslücken sollten Sie nachgehen und gegebenenfalls nachträglich Nachweise erbringen.


Eine Verbesserung gibt es künftig für diejenigen Landwirte, die eine Erwerbsminderungsrente der Alterskasse oder der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Bis jetzt wurden Erwerbsgeminderte, deren Rente vor dem 60. Lebensjahr begann, bei der Berechnung ihrer Rente so gestellt, als hätten sie bis zum vollendeten 60. Lebensjahr weitergearbeitet. Künftig wird diese sogenannte Zurechnungszeit um 24 Monate verlängert – sie umfasst dann die Zeit vom Eintritt der Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres. Dadurch erhöht sich die Rente in der Alterskasse um rund 26 € im Monat und in der gesetzlichen Rentenversicherung um durchschnittlich 40 € pro Monat.


Für Mütter mehr Rente pro Kind:

Die zusätzliche Mütterrente bringt Vorteile für fast alle Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben. Statt wie bisher ein Jahr, werden für diese Kinder in der gesetzlichen Rentenversicherung nun zwei Jahre Erziehungszeit angerechnet. Ein Erziehungsjahr bringt aktuell ein Plus von 28,61 € brutto bei der monatlichen Rente, also vor Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.


  • Für Mütter, die noch nicht im Rentenalter sind, werden die zusätzlichen Erziehungsjahre für die zukünftige Rente angerechnet. Diese fällt dann bei Erreichen des Rentenalters automatisch entsprechend höher aus.
  • Mütter, die heute bereits Rente beziehen, bekommen ab Juli mehr Rente ausgezahlt. Hat eine Mutter z.B. vier vor 1992 geborene Kinder großgezogen, bekommt sie ab Juli automatisch 114,44 € mehr Rente pro Monat überwiesen.
  • Und auch Mütter im Rentenalter, die bislang keinen eigenen Rentenanspruch hatten, weil sie die Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt hatten, haben ab Juli u.U. einen eigenen Anspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung.


Zum Beispiel Inge Schulz, 67 Jahre: Sie war zusammen mit ihrem Ehemann in der landwirtschaftlichen Alterkasse versichert, aber nie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für ihre drei 1988, 1990 und 1991 geborenen Kinder wurden Inge Schulz bislang drei Kinder-erziehungsjahre gutgeschrieben. Bisher hatte die Mutter damit jedoch die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren nicht erfüllt. Mit dem neuen Recht kommt Inge Schulz nun auf sechs Kindererziehungsjahre, sodass sie allein aufgrund der Kindererziehungszeiten ab Juli eine eigene gesetzliche Rente von monatlich rund 172 € bekommt. Bei ein oder zwei Kindern helfen manchmal zusätzliche „echte“ Beitragsjahre, z.B. aus der Lehrzeit, um die fünf Jahre Wartezeit voll zu bekommen.


Die Auszahlung der zusätzlichen Mütterrente erfolgt übrigens in den meisten Fällen automatisch.


Beiträge nachentrichten?

Etwas komplizierter ist es für Mütter, die trotz der zusätzlichen Erziehungszeiten die Mindestbeitragszeit von fünf Jahren nicht voll bekommen. Betroffen sind Frauen, die keine oder wenig eigene Rentenbeiträge geleistet haben und „nur“ ein oder zwei vor 1992 geborene Kinder großgezogen haben. Sie bekommen nun mit der verbesserten Mütterrente insgesamt zwei bzw. vier Beitragsjahre. Und gerade, wenn z.B. bei vier Beitragsjahren durch zwei Kinder nur ein Jahr bis zum Erreichen der Mindestbeitragszeit fehlt, ist es meistens sinnvoll, für dieses Jahr Beiträge an die Rentenversicherung nachzuentrichten. Denn mit dem Mindestbeitrag von 1 020,60 € für ein Jahr können betroffene Mütter sich eine monatliche Rente von knapp 119 € brutto sichern. Nach etwa neun Monaten hätten die Mütter die Beitragsnachzahlung schon heraus.


Auch Witwen können nicht immer in vollem Umfang von der zusätzlichen Mütterrente profitieren. Denn wenn das eigene Einkommen der Witwe – zu dem auch die eigene Rente zählt – den monatlichen Freibetrag von 755,30 € übersteigt, wird das den Freibetrag überschreitende Einkommen (also auch die zusäzliche Mütterente) zu 40 % auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.


Gar nicht von der zusätzlichen Mütterrente profitieren Frauen, die im Alter die sogenannte Grundsicherung beziehen, da die zusätzliche Rente voll auf die Grundsicherung angerechnet wird.


Eine Besonderheit gilt für geschiedene Mütter: Bringt die zusätzliche Mütterrente wesentliche Änderungen bei der Rente, ist eine Neuberechnung des Versorgungsausgleichs denkbar.


Übrigens: In der Regel steht den Müttern die Mütterrente zu. Wenn jedoch beide Elternteile übereinstimmend erklärt haben, dass die Erziehungszeiten nicht der Mutter, sondern dem Vater zustehen sollen, dann steht die zusätzliche Mütterrente dem Vater zu.

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