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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Schlechte Zeiten – gute Zeiten

Lesezeit: 5 Minuten

Der Start war hart – doch jetzt brummt der Ackerbau, und Solarenergie wird zum neuen Geschäftsfeld.


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Eigentlich spielt’s doch keine Rolle, wo man ist“, sagt Hubertus von Westerholt. „Hauptsache, die Voraussetzungen für die Landwirtschaft stimmen.“ Der 53-jährige gehört zu der Sorte von Weltfarmern, die überall zufrieden sind, solange was auf den Feldern wächst.


Sein Start in Kanada war aus heutiger Sicht durchaus hart: 1977, als 18-jähriger, kam er nach Ontario, und zwar allein. „Ich war vorher auf dem Internat und gewohnt mich so zurechtzufinden“, sagt er bescheiden.


Bereits 1973 hatte sein Vater die 100 ha-Farm in Palmerston gekauft. Die Flächen waren anfangs verpachtet. Trotzdem hatte Hubertus zumindest eine Anlaufstelle. Bereits 1979 kam sein Bruder Egon herüber, mit dem er bis heute den erfolgreichen Betrieb führt. 1981 wurden die ersten 40 ha der Farm frei und Hubertus und Egon wagten die Selbständigkeit. Die restlichen 60 ha kamen etwas später dazu, mussten aber vom Vater zurückgepachtet werden: „Er war der Meinung, 40 ha reichen als Start für uns beide, und er hatte Recht: Wir mussten sofort lernen, wirtschaftlich zu arbeiten.“


Natürlich kann man von 40 ha nicht leben, auch 1981 nicht. Deshalb zogen die v. Westerholts mit gebrauchten Maschinen ein Lohnunternehmen auf. Beide haben Spaß an der Arbeit mit Maschinen und sitzen noch heute auf dem Bock, wenn es sein muss auch rund um die Uhr.


Dass sich der Fleiß ausgezahlt hat, zeigen die Zahlen des heutigen Betriebes: Die v. Westerholts bewirtschaften an zwei, rund 75 km entfernten, Standorten mit ihren vier Mitarbeitern 2 350 ha, davon sind 1 600 ha Eigentumsflächen. Die Pachtflächen gehören vor allem deutschen Eigentümern, die in den 80er-Jahren in Ontario investiert haben.


Vielseitige Ackerbauern:

Hubertus und Egon v. Westerholt bauen Mais, Soja, Winterweizen, Hartweizen für Nudeln sowie Sommerweizen und Sommergerste als Saatgut an. Sommeraps wandert in die Ölproduktion, bei Winterraps ist das Auswinterungsrisiko zu hoch. Dazu kommen einige Bohnen-Arten für die Lebensmittelproduktion.


Beim Anbauverfahren bleiben die adeligen Farmer flexibel: Bis zu 600 ha pflügen sie, vor allem vor Sommerweizen und -gerste sowie zu Raps. Allerdings nie tiefer als 15 bis 16 cm. Mehr lässt die Krume nicht zu. Winterweizen nach Soja und Soja nach Mais werden direkt bestellt.


Während Hubertus v. Westerholt bei Mais wie üblich auf GVO-Sorten setzt (genetisch modifizierter Mais), baut er nur strikt GVO-freie Soja-Sorten an – nicht aus Überzeugung sondern wegen der Vermarktung nach Japan und Belgien als Tofu-Grundlage. Geschäft ist Geschäft. Bevor die Sojabohnen im Silo landen muss das Lager peinlich sauber sein, die Aufkäufer finden selbst kleinste Spuren von GVO-Mais im Soja. Rund 10 000 t fasst der v. Westerholtsche „Elevator“, so nennt man in Kanada das gesamte Lager, nicht nur die Fördertechnik.


Die Erträge sind für die relativ dünnen Böden ordentlich: 6,5 t/ha Winterweizen, Mais 10 bis 11 t/ha, Soja 4 t/ha und Sommerraps rund 2,5 t/ha. Ständig arbeiten die Westerholts daran, die Flächen zu verbessern. Bei unserer Rundfahrt über die Farm laufen gerade Drainage-Arbeiten – ziemlich ungewöhnlich für Ende Januar. Doch der Winter hat bisher in Ontario kaum seine Zähne gezeigt. Normalerweise haben sie hier zwischen Mitte September und Anfang Mai Frost. Die Drainage wirkt sich direkt auf den Ertrag aus. Die Flächen trocknen im Frühjahr schneller ab, man kommt eher auf den Acker und kann Maissorten mit einer höheren FAO-Zahl einsetzen.


Durststrecke Ende der 80er:

Ist also Kanada das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Hubertus v. Westerholt sagt, dass hier seit 2007 eigentlich alle Ackerbauern gut verdient haben. Das geht vor allem auf die gestiegene Ethanolnachfrage und die Trockenheit in den USA zurück. Doch die Brüder haben auch ganz andere Zeiten erlebt: 1989 bis 1992 waren die Preise so schlecht, dass die v. Westerholts vier Wochen lang in Ostdeutschland unterwegs waren, um nach einem neuen Betrieb zu suchen. Damals haben sie außerdem einige Jahre mit dem Import gebrauchter Porsches aus Deutschland dazu verdient. Im besten Jahr steckten sie 20 Stück in die Container.


Zur Ruhe kommt der 53-jährige Vater von zwei Kindern auch heute noch nicht. Gerade kommt er aus der Provinz Manitoba zurück. Zusammen mit Egon ist er dort – immerhin 2 500 km entfernt – wieder auf der Suche nach neuen Flächen. 2 500 $/ha (ca. 1 900 €) haben sie sich als Limit gesetzt. Und eigentlich wollen sie sich nicht auf Kanada beschränken, sie sehen sich weltweit um.


Zum Schluss zeigt uns Hubertus v. Westerholt sein neuestes Geschäftsfeld – Solaranlagen. Er war früh genug dran, um vom kurzfristigen Solarprogramm der Regierung zu profitieren: 15 Anlagen hat er gebaut, 2 auf dem Dach und 13 so genannte Tracking-Anlagen, die auf dem Boden stehen und der Sonne automatisch folgen. Die Technik stammt aus Deutschland, und 80 Cent gibt es für die Kilowattstunde, das sind rund 0,60 €.


Weil die Zahl der Anlagen pro Farm bzw. Eigentümer begrenzt ist, hat er Standorte für zehn weitere Tracking-Anlagen (Fundament etwa 3 x 3 m) verpachtet, je für 1 500 $ (ca. 1?100 €). Eine dieser Anlagen macht ihm besonders Spaß: Die Solaranlage auf dem Bahndamm. „Den Damm habe ich mal für 500 $ gekauft. Jetzt steht da die Solaranlage eines Unternehmers, und der zahlt 1?500 $ Pacht für knapp 10 m² Fundament – pro Jahr!“ Manchmal muss man sich eben nicht nur in der Welt umsehen. Manchmal verdient man das Geld auch direkt vor der Tür, hier in Ontario.G. Höner

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