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Schweine mästen und vermarkten wie die Dänen?

Lesezeit: 16 Minuten

Die bisherige Einzelkämpfer-Mentalität führt uns an dem hart umkämpften Schweinefleischmarkt in die Sackgasse. Die Landwirte müssen künftig bereit sein, viel enger mit den Schlachtbetrieben zusammen zu arbeiten. Nahezu jeder deutsche Schweinehalter hat diese oder ähnliche Thesen schon gehört, wenn es in Vortragsveranstaltungen um die Frage ging, wie wir der ausländischen Konkurrenz besser Paroli bieten können, um Marktanteile zu sichern. Das ist gerade in produktionsstarken Regionen wie Niedersachsen immer wieder ein zentrales Thema. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Selbstversorgungsgrad in diesem Bundesland weit über 250 % liegt und damit viel Schweinefleisch anderweitig abgesetzt werden muss. Beispiel: Im Jahr 1998 betrug der niedersächsische Inlandsverbrauch ca. 420 000 t, aber mehr als 710 000 t wurden überregional vermarktet. Bei diesen Ausfuhren handelt es sich zwar meistens um den Verkauf in deutsche Zuschussregionen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die niedersächsische Ware mit Fleisch aus Belgien, Dänemark und Holland konkurriert. Diese Länder geben an den internationalen Exportmärkten für Schweinefleisch den Ton an. Besonders die dänische und holländische Erzeugung und Vermarktung werden denn auch als richtungweisend für die deutschen Überschussregionen bezeichnet. Auf den ersten Blick hinkt Niedersachsen hinterher Im Vergleich zu diesen Ländern werden der niedersächsischen Schweinebranche erhebliche Defizite nachgesagt. Hier die vier wichtigsten: 1. Ungünstige Strukturen: Viele Schweinehalter, aber auch viele Schlachthöfe seien zu klein, um Einsparpotenziale im Ein- und Verkauf ausschöpfen zu können. Richtig ist, dass bei den Wettbewerbern schon rund 30 % aller Mastschweine in Beständen von mindestens 1000 Tieren gehalten werden. In Niedersachsen liegt dieser Anteil noch unter 20 %. Insgesamt sind die niedersächsischen Schweinemäster nach ihrer Größe und Struktur aber durchaus wettbewerbsfähig im internationalen Vergleich. Anders bei den Abnehmern: Ein durchschnittlicher niedersächsischer Schlachthof erfasst etwa 250 000 bis 3000 Schweine pro Jahr (Stand 1999). In Holland sind es dagegen gut 800 000 und in Dänemark bereits über eine Million Tiere pro Schlachthof und Jahr. 2. Mehrstufige Erfassung: Überzählige Schlachthaken und die mehrstufige Erfassung führen nach Ansicht der meisten Kritiker zu höheren Kosten als bei den Hauptwettbewerbern. Richtig ist, dass die bundesdeutschen und niedersächsischen Schlachthöfe seit Jahren unzureichend ausgelastet sind (nach älteren Untersuchungen nur zwischen 58 und 75 %). Das treibt die Fixkosten in die Höhe, und der starke Wettbewerb um den Rohstoff verteuert den Einkauf. Im Gegensatz dazu weisen dänische und niederländische Schlachthöfe eine Auslastung von meist 95 bis 98 % auf. Hinzu kommt, dass bei uns der Viehhandel (privat und genossenschaftlich) bei der Schlachtviehvermarktung noch eine große Rolle spielt. Bei Ausschaltung dieser Zwischenstufe, so rechnen Experten vor, könnten Kosten von 6 bis 9 E/Tier gespart werden. 3. Zersplitterte Branche: Wir verlieren Marktanteile, weil die Branche im Weiterverkauf nicht an einem Strang zieht so ein weiterer, oft genannter Schwachpunkt. Es gibt in der Tat keine übergeordnete Branchenorganisation, wie die Danske Slagterier oder die holländische Wirtschaftsvereinigung für Vieh, Fleisch und Eier. Deshalb ist ein abgestimmtes Agieren der niedersächsischen Schweinefleischbranche gegenüber dem hochkonzentrierten Lebensmittelhandel und den ausländischen Wettbewerbern unmöglich. 4. Zu geringe Integration: In Niedersachsen werden rund 35 bis 40% des Schweinefleisches in vertikal geschlossenen Ketten produziert (im Verbund vom Landwirt bis zum Schlachthof). In Dänemark sollen dagegen bereits mehr als 95% vertraglich gebunden sein und in Holland 60 bis 70 %. Anbieter aus diesen Ländern, so die Schlussfolgerung, können vergleichsweise leicht die Partien und Garantien liefern, die auch deutsche Abnehmer vermehrt fordern ohne dies jedoch durch entsprechende Preiszuschläge zu honorieren! Ist es also wirklich höchste Zeit, das Ruder herumzuwerfen, damit die niedersächsische Schweinefleischbranche nicht weiter ins Hintertreffen gerät? Viele Experten sind dieser Ansicht und propagieren folgende Strategie für die Zukunft: ? Die Schweinehalter sollten sich verstärkt den bestehenden Erzeugergemeinschaften (EZG) anschließen (horizontale Kooperation). ? Außerdem müsse die vertikale Integration (über alle Stufen der Branche hinweg) verstärkt werden. Nur so könne auch die Erzeugung von Qualitäts- bzw. Markenfleisch forciert werden, das sich durch besondere Merkmale von dem Fleisch der Standardqualität abhebt. In der Theorie leuchtet das ein, aber Realität ist: Das viel beschworene Dänische Modell mit seinen festen vertraglichen Bindungen von der Zucht bis zur Schlachtung kommt bei uns nicht voran, obwohl seit Jahren darüber gesprochen wird. Das muss Gründe haben, denen wir in unserer Untersuchung nachgegangen sind u. a. durch eine gezielte Befragung von Schweinemästern und Schlachtbetrieben. Starke Position des freien Viehhandels Das wichtigste Ergebnis vorweg: Die meisten Landwirte sind mit der jetzigen Vermarktung ihrer Mastschweine offenbar weitgehend zufrieden. Das zeigt die Befragung von gut 320 Betriebsleitern, von denen knapp 45 % einer Erzeugergemeinschaft angehören. Die EZG-Mitglieder waren damit leicht überrepräsentiert. Anmerkung: Insgesamt waren Fragebögen an 1005 Betriebe verschickt worden, ca. 34% davon haben geantwortet. Die befragten Betriebsleiter vermarkten ihre Mastschweine wie folgt: ? zu 38,9% über Erzeugergemeinschaften; ? zu 34,3% über den privaten Viehhandel; ? zu 19,4% über den genossenschaftlichen Viehhandel (VVG) und ? zu 7,4% direkt an den Schlachthof. Der Anteil der Mastschweine, die über eine Erzeugergemeinschaft vermarktet wurden, lag mit knapp 39 % deutlich unter dem Anteil der Mastplätze in den Mitgliedsbetrieben danach hätten es fast 50 % sein müssen. Begründen lässt sich dieses Ergebnis damit, dass nicht alle EZG-Mitglieder sämtliche Tiere über ihre Organisation vermarkten. Jeder vierte Landwirt, der Mitglied einer Erzeugergemeinschaft ist, nutzt die EZG gar nicht für den Verkauf. Hier zeigt sich die nach wie vor große Bedeutung des Viehhandels in Niedersachsen. Die befragten Betriebe vermarkteten mehr als die Hälfte ihrer Tiere über private Viehhändler oder VVGs. Dabei konnte der private Handel seinen Marktanteil offenbar ausbauen. Mitte der 90er Jahre ergab eine wissenschaftliche Studie, dass ca. 20% der niedersächsischen Schweine über private Händler und ca. 37% über eine VVG vermarktet wurden. Dagegen haben sich die Marktanteile zwischen dem (privaten und genossenschaftlichen) Viehhandel insgesamt und den Erzeugergemeinschaften kaum verschoben. Experten gehen davon aus, dass auch schon vor zehn Jahren rund 40 % der niedersächsischen Mastschweine über EZGs vermarktet wurden. Das ist im Vergleich zu den meisten anderen landwirtschaftlichen Produktionszweigen ein hoher Wert. Auch bundesweit liegen die Niedersachsen damit an der Spitze. Denn in den übrigen Regionen werden nicht einmal 20 % der Mastschweine über Erzeugergemeinschaften vermarktet. Doch unter dem Strich treten die horizontalen Kooperationen von Schweinehaltern offenbar auf der Stelle. Zuwächse hat trotz der finanziellen Förderung im Rahmen des Marktstrukturgesetzes kaum gegeben. Mäster schielen nicht nur auf den höchsten Preisen Wie lässt sich das erklären? Die Antwort: Offenbar fahren die befragten Mäster, die ihre Schweine frei vermarkten, z. B. hinsichtlich der Erlöse so gut damit, dass sie keine Veranlassung sehen, sich fest an eine Erzeugergemeinschaft zu binden! Ein Grund dafür sind sicher die überzähligen Kapazitäten in der heimischen Schlachtbranche lebende Schweine sind jederzeit problemlos abzusetzen. Hinzu kommt, dass private Viehhändler und VVGs die Wünsche der Landwirte bei der Schlachtschweinevermarktung anscheinend ähnlich gut erfüllen wie die Erzeugergemeinschaften. Den größten Wert legen Mitglieder einer EZG und Nichtmitglieder auf eine übersichtliche und vollständige Abrechnung. Ganz weit vorne in der Wichtigkeit rangieren zudem Absatzund Preissicherheit, Transparenz und das Vertrauen zum Vermarktungspartner. Hier zeigt sich, dass die Mäster keineswegs einseitig nach dem höchsten Basispreis schielen, wie oft behauptet wird. Das Ziel, beim Schweineverkauf jeweils den höchstmöglichen Preis zu erzielen, steht bei EZG-Mitgliedern erst an siebter Stelle der Skala, bei Nichtmitgliedern an fünfter dies ist im Prinzip noch kein großer Unterschied. Deutlicher werden die Unterschiede bei den Gründen, die die Betriebsleiter für die Wahl ihres jeweiligen Vermarktungsweges angeben. Die EZG-Mitglieder legen im Vergleich zu ihren ungebundenen Berufskollegen mehr Wert auf zusätzliche Leistungen, die über die reine Abnahme und Abrechnung hinausgehen. Für Mäster, die über den Viehhandel vermarkten, spielt dagegen die Unabhängigkeit eine große Rolle, also die Tatsache, sich nicht vertraglich binden zu müssen. Die Vermarkter werden relativ gut beurteilt Als nächstes wurden die Mäster gefragt, wie weit sie ihre gesteckten Ziele erreicht haben, wie zufrieden sie also mit ihrem jetzigen Vermarktungsweg sind. Ergebnis: In den meisten Punkten gaben die EZG-Mitglieder ihrer Erzeugergemeinschaft etwas bessere Noten als die ungebundenen Mäster ihren Viehhändlern bzw. ihrer VVG. Unter dem Strich sind jedoch beide MästerGruppen recht zufrieden mit ihrem jeweiligen Vermarktungspartner. Deshalb bleiben auch viele Mäster dem einmal gewählten Vermarktungsweg treu. Zwar haben die meisten Landwirte schon einmal mit dem Gedanken gespielt, diesen Vermarktungsweg zu wechseln. Doch der Druck, dies auch umzusetzen, ist nicht sehr groß. Warum auch etwas ändern, wenn man überzeugt ist, dass die jetzige Vermarktung unkompliziert, bewährt und erfolgreich ist? Interessant ist allerdings, dass die EZGMitglieder in der Erzeugergemeinschaft insgesamt auch den wirtschaftlichsten Weg der Schweinevermarktung sehen. Davon sind ihre Berufskollegen, die über Viehhandel oder VVG vermarkten, nicht in gleichem Maße überzeugt. Dies erscheint auf den ersten Blick überraschend, da doch immer wieder kritisiert wird, eine EZG-Mitgliedschaft bringe keine oder nur geringe wirtschaftliche Vorteile. Ein Widerspruch ist es aber nicht. Denn die Kritik wird in erster Linie daran festgemacht, dass Mitglieder kaum höhere Auszahlungspreise erzielen als ungebundene Mäster. Die Erzeugergemeinschaften erbringen aber oft zusätzliche Leistungen, die von ihren Mitgliedern durchaus geschätzt und gelobt werden. Für die NichtMitglieder haben diese Serviceleistungen (z.B. Schlacht- und Abrechnungskontrolle) aber offenbar nicht den gleichen Stellenwert; oder sie sind überzeugt, dass ihr jetziger Vermarktungspartner (z.B. Viehhändler, VVG) ähnliches bietet. Jedenfalls scheint es den Erzeugergemeinschaften bisher nicht gelungen zu sein, ihre Mehrleistungen wirkungsvoll genug herauszustellen, um dadurch neue Mitglieder zu gewinnen. Der Eintritt in eine Erzeugergemeinschaft wird für viele Mäster offenbar erst dann interessant, wenn es erhebliche Probleme mit dem bisherigen Vermarkter gegeben hat. Treten dagegen keine oder nur kleine Unstimmigkeiten auf, nimmt man diese in Kauf, ohne gleich den Vermarkter zu wechseln. Misstrauen gegenüber den Schlachtunternehmen Ist demnach aus Sicht der Landwirte alles im grünen Bereich? Nicht ganz, in einigen Punkten gibt es offenbar deutliche Defizite. Am stärksten fällt die Kritik der Mäster an den Schlachthöfen aus. Dringenden Verbesserungsbedarf sehen sie ? bei der unabhängigen Klassifizierung, ? bei dem Informations- und Datenaustausch sowie ? bei der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Schlachtbetrieb. Bezeichnend sind auch die Antworten auf die Frage, ob Landwirte engere vertragliche Bindungen mit Schlachthöfen eingehen sollten. Nur 26 % der EZG-Mitglieder und noch nicht einmal 10 % der ungebundenen Mäster sind dafür. Auch eine finanzielle Beteiligung an einem Schlachthof lehnen die meisten der Landwirte ab (Übersicht 1). Viele Mäster misstrauen der Schlachtbranche. Das erschwert die Zusammenarbeit sowie die Kommunikation. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass es den hiesigen Schlachtbetrieben bisher nur bedingt gelungen ist, die Schweinemäster besser über die Anforderungen der Fleisch-Großabnehmer und der Endverbraucher zu informieren. Dabei sehen viele Landwirte sehen durchaus Verbesserungsbedarf, z. B. bei der Dokumentation der Qualität und der Ausrichtung der Produktion an den Forderungen der Abnehmer. Um hier die Abstimmung und Zusammenarbeit zu verstärken, müssen bessere, glaubhafte Signale von der Schlachtbranche kommen. Dies gilt auch für die Erzeugung von Markenfleisch, das sich hinsichtlich der Produktions- und Qualitätskriterien von der Standardqualität abhebt. Rund 75% der befragten ungebundenen Mäster wollen weiterhin der Erzeugung von Standardqualitäten treu bleiben; bei den EZGMitgliedern sind es immerhin auch noch fast 50 %. Zwischenbilanz aus Mästersicht Fasst man die Ergebnisse der Befragung zusammen, so lautet das Zwischenfazit: Für die niedersächsischen Schweinemäster gibt es derzeit weder große Anreize noch nachhaltigen Druck, ihre momentane Vermarktungsstrategie zu ändern. Hemmschuh für eine stärkere vertragliche Zusammenarbeit mit den Schlachtstätten ist vor allem das große Misstrauen vieler Landwirte. Auch die Erzeugergemeinschaften werden kämpfen müssen, um neue Mitglieder zu gewinnen und ihren Markteinfluss zu erhöhen. Denn die meisten ungebundenen Mäster wollen jedenfalls vorerst ihrem jetzigen Handelspartner und Absatzweg treu bleiben. Dabei ist es unbestritten, dass Erzeugergemeinschaften den Mästern konkrete Vorteile bringen können und zudem die Position der Erzeuger gegenüber den Abnehmern verbessern. Außerdem kommt den EZGs eine sehr wichtige Rolle bei der Qualitätssicherung zu. Deshalb sollten sich die Organisationen verstärkt Gedanken darüber machen, wo die eigenen Stärken liegen und wie eventuelle Schwächen behoben werden könnten (siehe Übersicht 2 und Interview auf Seite 36). Schlachthöfe mit unterschiedlichen Strategien Die bisherigen Ausführungen waren sicher Wasser auf die Mühlen derjenigen, die den Schweinehaltern schon länger vorwerfen, sie seien bindungsunwillig und würden damit eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Branche blockieren. Doch das wäre zu kurz gesprungen. Denn eine gleichzeitig durchgeführte Umfrage bei den Schlachthof-Betreibern zeigt, dass auch diese völlig unterschiedliche Strategien am Markt verfolgen. Während größere Unternehmen verstärkt auf vertragliche Zusammenarbeit mit den Landwirten setzen, agieren viele kleinere und mittlere Schlachthöfe lieber frei am Markt und sehen darin auch in Zukunft gute Chancen für ihren Betrieb. Die Umfrage wurde im Herbst 2002 bei sämtlichen in Niedersachsen nach der 4. DVO meldepflichtigen Schlachtstätten durchgeführt. Beteiligt haben sich 18 Unternehmen, die im Jahr 2000 insgesamt rund 5,9 Mio. Schweine schlachteten (etwa 59 % Marktanteil in Niedersachsen). Die Struktur der befragten Schlachtbetriebe ist sehr unterschiedlich und reicht von 16 000 bis rund 1 Mio. Eigenschlachtungen pro Jahr. Die großen Unternehmen machen zwar hinsichtlich ihrer Schlachtzahlen und der Kapazitätsauslastung einen recht positiven Eindruck, doch auch sie haben damit zu kämpfen, dass es viele kleinere bzw. mittlere und vor allem schlecht ausgelastete Standorte gibt. Je nach Struktur und Größe der Betriebe ist der Anteil der Schweine, die auf vertraglicher Basis oder frei am Markt eingekauft werden, sehr unterschiedlich: ? Die großen Schlachtstätten (im Schnitt ca. 720 000 Schweine/Jahr) setzen im Einkauf zu 76 % auf vertragliche Bindungen. ? Mittlere Schlachtbetriebe (gut 310 000 Schweine/Jahr) haben ihren Bedarf zu knapp einem Drittel fest gebunden. ? Kleinere Unternehmen setzen dagegen fast ausschließlich auf den freien Markt. Der Anteil vertraglich gesicherter Tiere liegt hier nur bei knapp 2%. Im Mittel liegt der Anteil der vertraglich gebundenen Schweine im Einkauf dieser Schlachtbetriebe bei knapp 60 % (zwei Drittel davon werden von Erzeugergemeinschaften bezogen, der Rest überwiegend von VVGs). Freie Tiere werden meistens über den privaten Handel sowie über Viehhandelsgenossenschaften gekauft. Die Befragung zeigt, dass auch die Schlachthof-Betreiber die Notwendigkeit einer engeren vertraglichen Bindung der Landwirte sehr unterschiedlich beurteilen. Jeder Dritte hält dies künftig auf jeden Fall für nötig. Rund 44 % sehen diese Notwendigkeit nur in Teilen. Aber immerhin jeder fünfte Schlachthof-Betreiber hält eine stärkere Kooperation mit den Mästern für überflüssig. Hinzu kommt, dass die Schlachtunternehmen teilweise recht unterschiedliche Vorstellungen von einer engeren Zusammenarbeit mit Mästern haben. Die meisten Betreiber denken hier lediglich an verstärkte Informationen und regelmäßige Gespräche mit den Lieferanten, eventuell auch an eine Beratung der Mäster. Zum Zeitpunkt der Befragung versuchten nur zwei Schlachtbetriebe, die Bindungsbereitschaft der Landwirte durch Bonuszahlungen zu honorieren. Andere lehnten preisliche Anreize dagegen sogar kategorisch ab. Fazit: Nicht nur die Mäster, auch die Schlachtbetriebe verfolgen unterschiedliche Marktstrategien. Manche kleinere und mittlere Betriebe agieren frei am Markt und versprechen sich davon auch künftig gute Überlebenschancen. Die größeren Schlachtunternehmen, die schon jetzt auf die Lieferantenbindung setzen, wollen diese künftig jedoch schrittweise weiter ausdehnen (im Schnitt aller Standorte auf 63 % der Mastschweine). Dadurch soll der Einfluss auf die landwirtschaftliche Erzeugung gestärkt und die von Firmenkunden geforderten Qualitätssicherungssysteme etabliert werden, so die Begründung. Der Zwang zur engeren Abstimmung zwischen Landwirten und Schlachtbranche wäre sicher größer, wenn es Probleme gäbe, das Fleisch zu vermarkten. Bisher gelingt es den Unternehmen in weiten Teilen jedoch recht gut, die Anforderungen der verschiedenen Abnehmer in puncto Qualitätsund Herkunftssicherung zu erfüllen. Erst wenn sich das merklich ändert, wird der Zwang zu Kooperationen über alle Stufen der Branche hinweg zunehmen. Das könnte sich positiv auf die Mitgliederzahlen der Erzeuergemeinschaften auswirken. Doch sicher ist das nicht. Denn vermutlich wird sich auch der Viehhandel bemühen, stärker in die Qualitätssicherung einzusteigen. Fazit und Empfehlungen Im Gegensatz zu wichtigen Mitbewerbern, vor allem Holland und Dänemark, steckt die vertragliche Bindung von Schweinemästern und Schlachtstätten bei uns noch in den Kinderschuhen. Selbst in der Exportregion Niedersachsen werden nur rund 35 bis 40 % der Schweine in festen Verbundsystemen erzeugt, gut 60% werden frei vermarktet. Dabei kommt dem genossenschaftlichen und privaten Viehhandel eine große Bedeutung zu. Dieser niedrige Organisationsgrad ist jedoch besser als sein Ruf. Unsere Umfrage belegt: Die meisten Landwirte sind mit ihrem jetzigen Vermarktungsweg recht zufrieden. Sie verhalten sich wirtschaftlich durchaus vernünftig, wenn sie neben Markenfleisch- und Vertragsproduktion auch die Chancen nutzen, die sich durch den Wettbewerb der Schlachtstätten um die freien Schweine bieten. Die ständigen Vorwürfe an die Adresse der Mäster, sie seien bindungsunwillig und würden damit die Wettbewerbskraft der Branche gefährden, sind in dieser pauschalen Form jedenfalls nicht gerechtfertigt. Und auch die Schlachtstätten fahren trotz aller Klagen mit der mehrgleisigen Strategie offenbar nicht schlecht. Der Einkauf von Standardqualitäten überwiegend auf dem freien Markt, passt ins Konzept etlicher Schlachtunternehmen und Weiterverarbeiter. Der Markt für so genanntes Markenfleisch scheint vorerst gesättigt zu sein bzw. nur noch geringfügig zu wachsen. Das wiederum bedeutet: Es macht derzeit wenig Sinn, der gesamten Schweinefleischbranche in Niedersachsen das Dänische Modell zu verordnen, besonders nicht von heute auf morgen. Die Markenfleischerzeugung, das Hauptbetätigungsfeld der Erzeugergemeinschaften, braucht zwar den festen Verbund. Doch bei der Produktion von Standardqualitäten, eventuell nach den QS-Richtlinien, spricht auch künftig wenig gegen eine zweigleisige Vermarktung von freien und gebundenen Schlachtschweinen. Die Signale, ob und in welchem Umfang die horizontale und vertikale Integration verstärkt werden muss bzw. welche Fleischqualitäten gebraucht werden, müssen vom Markt kommen. Dies sollte über eine entsprechende Preisgestaltung geschehen ein höherer Aufwand muss sich für alle Stufen der Branche lohnen. Bei einem wirklichen Mehrerlös wären sicher auch mehr Landwirte bereit, Erzeugergemeinschaften beizutreten. Selbst Mäster, die ihre Schweine heute noch frei vermarkten, halten die vertikale Integration auf mittlere Sicht für sinnvoll. Der Staat sollte sich darauf beschränken, mindestens auf Bundesebene einheitliche gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Eine finanzielle Unterstützung zum Aufbau von stufenübergreifenden Qualitätssicherungssystemen sollte, falls politisch gewünscht, unabhängig von dem Vermarktungsweg allen Beteiligten zur Verfügung stehen, um wettbewerbsneutral zu bleiben.

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