So neu ist er nicht, der Trend zur „Neuen Ländlichkeit“. Amüsiert hat mich die Aussage von Frau Neu über die Zusammensetzung der „neuen“ Landliebhaber. Die Professorin argumentiert „aus dem Bauch heraus“ und meint – mehr als Meinung kann das dann ja nicht sein –, aktive ältere Seniorinnen suchten Gemeinschaft in Generationshäusern auf dem Land, um mitzumischen. Da fallen mir sofort die Generationshäuser auf den Bauernhöfen ein, wo dass mit dem Mitmischen älterer Frauen so eine Sache für sich ist.
Als Bäuerin und Landfrau verfolge ich schon länger den Trend zum Landleben in den Medien. Spätestens seit die Zeitschrift Landlust diesen Trend hofiert, meinen viele zu wissen, wie dass ursprüngliche Landleben aussieht. Nachdem ich das Interview von Frau Neu gelesen hatte, habe ich meine gesammelten Zeitschriftenwerke mit „Land“ im Titel hervorgekramt. Alle Zeitschriften behandeln durchweg die gleichen Themen: Essen, Trinken, Garten, Wohnen, Deko. Selten bis nie wird die reale Welt auf einem normal arbeitenden landwirtschaftlichen Betrieb thematisiert. Landwirtschaft kommt sowieso höchstens alternativ oder museal vor. Landwirtschaft ist nun mal nicht nur schön.
Dabei drängt sich mir die universelle Frage auf: Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei? Entstand der Trend zur neuen Ländlichkeit durch den „Land“ -Zeitschriftenboom oder sprangen die Verlage auf diesen Zug auf? Vermutlich letzteres. Man kann aber kaum leugnen, dass der Trend dadurch gefördert wird.
In manchen Orten haben die Menschen das gegenteilige Problem, nämlich das der Landflucht und des Landfrusts. Ein Bürgermeister aus Niedersachsen bot ab 2014 jungen Familien extrem preiswerte Grundstücke für den Hausbau an, um den Abwärtstrend abzuwenden. Damit die nächste Zeitschrift nicht Land Unter heißt.Hanne Große Kleimann,
48155 Münster, NRW