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Serie:Zukunft Milch - Gegen fallende Preise absichern?

Lesezeit: 8 Minuten

In zwei Jahren fällt die Quote. Dann fahren die Milchpreise noch stärker Achterbahn. Die Marktexperten* des ife Instituts und der FH in Kiel sagen, wie Sie darauf reagieren können.


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Wenn am 1. April 2015 die Milchquote endgültig ausge­laufen ist, gibt es keine Quotenkosten und keine Superabgabe mehr. Das ist die gute Nachricht. Es gibt aber auch eine Kehrseite der Medaille: Das Auf und Ab der Preise wird zunehmen, weil Angebot und Nachfrage dann auch bei uns viel stärker auf den Preis durchschlagen können als heute.


Für Deutschland rechnen die meisten Experten nach 2015 mit steigenden Milchmengen:


  • Auf vielen Betrieben gibt es noch freie Stallplätze, die ein Wachstum zu relativ geringen Grenzkosten möglich machen. Allein in Schleswig-Holstein haben die Milcherzeuger nach unseren Schätzungen noch Stallplatzreserven von 20 %.
  • Viele Familienbetriebe wollen aufstocken. Der technische Fortschritt vor allem in der Melktechnik macht das auch möglich.


Mehr Milch wird es vor allem in den nordwestdeutschen Grünlandregionen geben. Das belegt die Quotenwanderung der vergangenen Jahre. Je teurer Getreide wird und je größer die Preisrelation von Getreide zu Milch ist, desto ausgeprägter wird dieser Effekt sein.


Molkereien unter Druck.

Für die Molkereien in den betroffenen Regionen ist das nicht einfach. Sie können kurzfristig kaum gegensteuern, weil sich der Absatz von Premiumprodukten und Herstellermarken auf dem heimischen Markt nicht beliebig ausweiten lässt. Viele Molkereien werden deshalb mehr exportieren und dafür international konkurrenzfähiger werden müssen.


Dennoch wollen die meisten Milchverarbeiter ihre Abnahmemengen nicht begrenzen. Das haben vor allem die Genossenschaftsmolkereien schon klar gemacht. Die privaten Molkereien dürften bald nachziehen.


Der Grund ist einfach: Ohne Abnahmegarantie müsste ein Teil der Milcherzeuger an mehrere Molkereien liefern, um ihre Milch an den Mann zu bringen. Dann könnten sie die Molkereien gegeneinander ausspielen, fürchten diese. Ein noch stärkerer Wettbewerb um die Milch und erhöhte Molkereikosten wären die Folge. Für die Verantwortlichen ist das eher ein Schreckensszenario.


Und außerdem ist es den Milchverarbeitern bisher noch immer gelungen, die auf dem heimischen Markt nicht absetzbare Milch auf dem Spotmarkt und im Export unterzubringen. Die vor allem in Asien wachsenden Märkte scheinen dafür auch gute Perspektiven zu bieten (siehe Teil 1 und 2 der Serie „Zukunft Milch“ in top agrar 10 und 11/2012)


Einen Haken hat die Sache aber: Wenn die Spot- und Exportmärkte wichtiger werden, führt dies automatisch zu stärkeren Preisschwankungen (siehe Übersicht 1). Und zwar nach oben und nach unten. Das sehen wir auch in diesem Jahr wieder. Aktuell steigen die Preise wieder, weil am Weltmarkt das Angebot rückläufig war.


Lieferverträge überholt?

Die skizzierten Entwicklungen machen eine Anpassung der Milchlieferverträge in Zukunft unausweichlich. Das gilt insbesondere für die Menge und die Preisbildung. Milch­erzeuger und Molkereien sind in dieser Frage übrigens gar nicht so weit auseinander. Nach einer aktuellen Erhebung unter 64 Milcherzeugern im Norden und Nordwesten Deutschlands und 20 Molkereien wünschen sich beide Seiten weiterhin eine hundertprozentige Abnahmeverpflichtung seitens der Molkereien. Es soll auch bei Einheitspreisen für alle Milcherzeuger einer Molkerei bleiben.


Hinsichtlich der Milchpreise verlangt die Mehrzahl der Milcherzeuger künftig aber Festpreise für die Milch. Und zwar mindestens einen Monat im Voraus nicht erst im Nachhinein! Was die eigenen Verpflichtungen angeht, sind die Milchbauern dagegen vorsichtiger. Einige halten eine verbindliche Zusicherung des Erzeugers an die Molkerei über eine bestimmte Milchliefermenge für machbar, andere sind dagegen skeptisch und wollen sich nur ungern festlegen. Selber in die Spotmilchvermarktung einsteigen, möchten aber die wenigsten.


Das ist für die Erzeuger auf lange Sicht auch kaum interessant. Das bestätigen Analysen der Fachhochschule Kiel in Rendsburg aus dem vergangenen Jahr. Demnach lag der monatliche Rohmilchpreis auf dem deutschen Spotmarkt signifikant unterhalb des durchschnittlichen Milchauszahlungspreises der Molkereien. Im Mittel der Jahre von 2008 bis 2011 waren dies immerhin gut 2 Cent je kg Rohmilch (mit 4 % Fett) weniger. Zwar gibt es kurzfristig immer mal wieder interessante Verkaufspreise auf den Spotmärkten. Doch das Problem ist, dass die Preisschwankungen sehr viel ausgeprägter sind. Zudem gibt es weder Preiszuschläge für große Lieferanten noch Qualitätszuschläge.


Für Molkereien könnte der Spotmarkt nach dem Quotenende hingegen wichtiger werden. Denn über den kurzfristigen Verkauf von Konzentrat und Rahm können sie Übermengen mal eben „wegdrücken“. Ob das wirklich zu mehr Umsatz am Spotmilchmarkt führt, ist trotzdem offen. Der Grund: Die wachsenden Konzerne haben genügend interne Möglichkeiten. Sie können immer mehr Mengen zwischen den verschiedenen Standorten und Verwertungsrichtungen hin und herschieben, so dass viel weniger „freie Milchmengen“ anfallen.


Risiken besser managen!

Egal ob Spotmarkt oder Liefervertrag, das Preis-risiko tragen vor allem die Milcherzeuger. Denn die nachgelagerten Stufen geben den Preisdruck auf den Absatzmärkten über den Milchpreis zu großen Teilen weiter. Wenn also die Preise für Pulver, Butter und Co. stärker schwanken, tun es auch die Erzeugerpreise. Im Ergebnis werden die Risiken für Milchviehhalter immer größer und für einzelne Betriebe auch zunehmend unkalkulierbarer.


Mehr denn je müssen sich Erzeuger deshalb mit ihrer Risikovorsorge beschäftigen. Eine Möglichkeit sind Warentermingeschäfte. Diese werden inzwischen auch für Milchprodukte angeboten.


So können seit Mai 2010 Terminkontrakte für Butter und Magermilchpulver (MMP) an der Eurex in Frankfurt gehandelt werden. Dabei ist ein Terminkontrakt ein vertraglich bindender Kontrakt zum Kauf oder Verkauf eines standardisierten Produktes. Die Menge an Butter bzw. Magermilchpulver ist dabei genauso definiert wie die Qualität. Darüber hinaus müssen noch der Liefertermin und der Preis für die Produkte festgelegt werden. Bei der Eurex gibt es derzeit zehn Fälligkeiten, die bis 18 Monate in die Zukunft reichen. Der Preis bildet sich dann nach Angebot und Nachfrage.


So kann z.B. der Verkaufspreis für Butter und Magermilchpulver für den Monat April 2013 bereits heute gesichert werden. Anschließende Preisschwankungen am Kassamarkt spielen dann keine Rolle mehr und der Käufer bzw. Verkäufer hat Planungssicherheit.


Ein Beipiel: Sie wollen den Milchpreis für April 2013 absichern. Da an der Börse keine Rohmilch gehandelt wird, gehen Sie den Umweg über Magermilchpulver und Butter. 100 000 kg Rohmilch entsprechen in etwa zwei Kontrakten Magermilchpulver (insgesamt 10 t) und einem Kontrakt Butter (5 t). Am Ende Oktober kostete der MMP-Kontrakt 2 638 € pro t und der Butterkontrakt 3 125 €/t. Aus dieser Kombination lässt sich ein Rohstoffwert für die Rohmilch errechnen. Demnach liegt der Wert ab Hof des Erzeugers bei 33,7 Cent je kg Rohmilch mit 4 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß (ohne MwSt). Kauft man diese Kontrakte im April 2013 zurück, hat man sich genau dieses Preisniveau für April gesichert (siehe Übersicht 2).


Sinkt der Milchpreis am Markt bis April auf 30 Ct/kg, dann hat man sich einen Börsengewinn von 3,7 Ct/kg gesichert und kann den niedrigeren Rohmilchpreis der Molkerei kompensieren. Wenn der Preis bis April 2013 allerdings auf 37,4 Cent steigt, hat man Pech gehabt und bleibt auf den kontraktierten 33,7 Cent sitzen, hat aber immerhin für ein halbes Jahr Planungs- und Preissicherheit.


Über die Molkerei absichern?

Der Handel am Milchterminmarkt erfordert allerdings Wissen, Erfahrung und vor allem Zeit. Der Aufwand lohnt sich erst, wenn größere Milchmengen abzusichern sind. Im genannten Beispiel sind mindestens 100 000 kg Rohmilch pro Monat nötig. Nur wenige Milcherzeuger haben diese Größe. Dennoch kann die Absicherung des Milchpreises über die Warenterminbörse auch für kleine und mittlere Erzeuger interessant sein, wenn die Milch gebündelt wird. Genossenschaftliche Molkereien oder Milcherzeugergemeinschaften könnten diese Aufgabe als Dienstleister übernehmen.


Das setzt aber voraus, dass der Terminmarkt auch gut funktioniert. Seit dem Start im Mais 2010 wurden nur 1040 Butter- und 115 Pulver-Kontrakte in Frankfurt gehandelt. Die Umsätze sind also noch viel zu gering, um den Preis systematisch abzusichern.


In den USA ist man da schon weiter. Täglich werden an der CME in Chicago im Schnitt 1 000 Class-III-Milk-Kontrakte (Käsereimilch) gehandelt. Das entspricht 90 000 t Milch. Pro Jahr wird damit knapp ein Viertel der US-Milch über die Börse abgesichert (s. Übersicht 3).


Kosten kennen.

Der Terminhandel läuft aber nicht ohne Kosten und Risiken. Aufpassen müssen Marktteilnehmer bei der Finanzierung der Kontrakte. So verlangt die Bank beim Börsenhandel Sicherheiten (Initial Margin) als Rücklage. Derzeit liegt die Margin je Butter-Kontrakt bei 1 375 € und bei MMP bei 980 €. Änderungen sind jederzeit möglich. Hinzu kommt die Nachschuss-Margin (Variation Margin) die bei ungünstiger Preisentwicklung fällig wird. Es ist die Differenz aus dem abgesicherten Preis und dem täglichen Schlusskurs.


Auch das Basisrisiko sollte jeder kennen. Die Basis ist die Differenz zwischen dem Kassapreis der Molkerei und dem Rohstoffwert, der sich aus Börsennotierung für Butter und MMP ergibt. Wer z. B. heute im steigenden Markt für umgerechnet 34 Ct/kg Milch im April 2013 absichert, verliert an der Börse Geld, wenn der Terminpreis auf 38 Cent anzieht. Theoretisch bekommt er aber über das Milchgeld den höheren Preis, so dass er unterm Strich die abgesicherten 34 Cent erlöst. Das Problem: Das Milchgeld steigt meistens langsamer als die Börsenkurse und er bekommt vielleicht nur 36 statt 38 Ct/kg Milch von der Molkerei. Weil er seine Kontrakte trotzdem für 38 Ct zurückkaufen muss, hätte er am Ende zwei Cent weniger als geplant.


Abgesehen von den Risiken und den hinterlegten Sicherheiten kostet auch der Börsenhandel Geld. Die Beträge sind unterschiedlich und liegen umgerechnet etwa bei 0,2 bis 0,3 Ct/kg Milch.

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