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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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„Staatliche Auflagen sind für mich das letzte Mittel!“

Lesezeit: 14 Minuten

Hans-Peter Friedrich setzt auf unternehmerische Landwirte. Was hält der neue Minister von der Initiative Tierwohl? Wie soll das Greening aussehen? Wie will er die Akzeptanz der Landwirtschaft verbessern? Im top agrar-Interview steht Friedrich Rede und Antwort.


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Ohne die tägliche Dosis NSU und NSA wirken Sie wie befreit. Macht der neue Job so viel Spaß?


Friedrich: Ja, absolut. Ländliche Räume und Landwirtschaft sind für mich als leidenschaftlicher Wirtschaftspolitiker eine Herzenssache.


Haben Sie persönliche Bindungen zur Landwirtschaft?


Friedrich: Jeder direkt gewählte CSU-Abgeordnete aus dem ländlichen Raum hat einen Bezug zur Landwirtschaft. Anfang der 90er-Jahre war ich zudem Agrarreferent der CSU-Landesgruppe. Damals ging es um die erste grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik: Weg von den Butterbergen und Milchseen, hin zu mehr Marktpolitik. Das ist gelungen!


Sie müssen den wirtschaftlichen Verbraucherschutz an den Justizminister abgeben. Schmerzt das?


Friedrich: Ich kann nicht klagen. Fest steht: Wir sind weiter für den wichtigen Lebensmittel-Verbraucherschutz zuständig. Das ist und bleibt eine unserer Kernkompetenzen. Die ordnungsgemäße Beratung von Bankkunden oder IT-Sicherheitsfragen gehören dagegen nicht zwingend in ein Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung.


Umwelt- und Tierschutzverbände, Entwicklungshilfegruppen, Kirchen und auch die Grünen kritisieren die vermeintliche Industrialisierung der Agrarwirtschaft und meinen v. a. die intensive Tierhaltung. Hat sich die Landwirtschaft in eine falsche Richtung entwickelt?


Friedrich: Es gibt sicher in der Landwirtschaft die eine oder andere bedenkliche Entwicklung. Aber 95 % der Bauern wirtschaften nachhaltig. Die meisten Demonstranten, die im Januar anlässlich der Grünen Woche vor dem Kanzleramt in Berlin standen, wünschen sich genau solche landwirtschaftlichen Betriebe, wie wir sie eigentlich flächendeckend in Deutschland haben. Es kann nicht sein, dass diese Landwirte ein falsches Image bekommen und darunter leiden müssen, dass es schwarze Schafe gibt. Den Bauern wird oft ein falsches Feindbild angehängt. Das muss anders werden.


Warum ist die gesellschaft­liche Debatte bei uns viel intensiver als in anderen Teilen der Welt?


Friedrich: Ein Grund ist sicherlich, dass Deutschland so dicht besiedelt ist. In Amerika sind die Landwirte schon räumlich viel weiter weg von den Verbrauchern. Da stoßen die unterschiedlichen Interessen und Ansprüche nicht so direkt und unmittelbar aufeinander.


Der Ton zwischen dem landwirtschaftlichen Berufsstand und den Agrarkritikern wird zunehmend rauer. Fehlt den Kontrahenten die Fähigkeit zum kritischen Dialog?


Friedrich: Es gibt bedauerlicherweise verhärtete Positionen auf beiden Seiten. Die müssen wir aufbrechen. Mit Beschimpfungen und Polarisierungen kommen wir doch nicht weiter. Wir müssen versuchen, die Positionen zusammenzubringen.


Wollen Sie das übernehmen?


Friedrich: Ja, ich will mich für einen Dialog einsetzen. Denn für mich ist der wesentliche Kern von Politik, unterschiedliche Interessen und Vorstellungen zusammenzuführen. Ich setze auf Lösungen, die von den unterschiedlichen Seiten akzeptiert werden können. Ilse Aigners Charta für Landwirtschaft und Verbraucher ist eine gute Grundlage, auf der ich aufbauen kann.


Dafür muss man wissen, wo man selber steht. Welches Leitbild verfolgen Sie für die Landwirtschaft?


Friedrich: Mein Leitbild ist ganz klar: Der Landwirt von heute ist ein mittelständischer Unternehmer, kreativ, marktorientiert und ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum. Die Bauern haben Kosten und sie haben Erlöse. Das Verhältnis muss stimmen, um erfolgreich zu sein. Meine Aufgabe als Minister ist es, für rechtliche Rahmenbedingungen zu sorgen, sodass die Landwirte nicht mit überzogenen Auflagen an die Wand gedrückt werden.


Die UNO hat das Jahr der landwirtschaftlichen Familienbetriebe ausgerufen. Passt das auch zu Deutschland mit seiner unterschiedlichen Betriebsstruktur?


Friedrich: Auf jeden Fall. Erstens haben wir in Deutschland überwiegend Familienbetriebe – im Westen wie im Osten. Zweitens hat unabhängig davon jede Betriebs- und Rechtsform ihre Berechtigung. Da darf man niemanden gegeneinander ausspielen. Jede Betriebsgröße hat Vor- und Nachteile. Größere Unternehmen können effizienter und kostengünstiger wirtschaften, sind aber weniger flexibel als kleinere, die besser die Nischen besetzen können.


Der Schutz des Eigentums ist für Sie besonders wichtig. Warum?


Friedrich: Ich sehe mit Sorge, dass bei vielen seit dem Ende des Eisernen Vorhangs in Europa das Bewusstsein für den Wert von Eigentum schwindet. Früher gab es den deutlichen Gegensatz von Privateigentum im Westen und Volkseigentum im Osten. Jeder konnte sehen, welche Bedeutung das Eigentum für die gesellschaftliche Stabilität hat und für die Motivation des Einzelnen, Leistungen zu erbringen. Natürlich ist jeder nach dem Grundgesetz mit seinem Eigentum auch dem Gemeinwohl verpflichtet. Das hat aber Grenzen. Ich will das Bewusstsein dafür wieder schärfen, dass wir, wenn wir in das Eigentum eingreifen – und dazu zählen auch Auflagen – das auch entschädigen müssen. Direktzahlungen für die Landwirte sind keine Almosen, sondern teilweise Entlohnung für volkswirtschaftliche Leistung und teilweise Entschädigung für Eingriffe in die Eigentumsrechte.


Wer als Branche zukunfts­fähig sein will, muss offen sein für neue Technologien. Ist es dann richtig, Deutschland und die EU zu einer gentechnikfreien Zone zu machen?


Friedrich: Die Grüne Gentechnik wird von Verbrauchern und Bauern mit großer Mehrheit abgelehnt und zwar so eindeutig, dass wir es nicht verantworten können, diese Technologie bei uns einzuführen. Wir können uns das leisten, weil wir die Ernährungsfrage auch anders lösen können.


In anderen Regionen der Erde sieht das möglicherweise anders aus. Hier kann die Gentechnik helfen, die Landwirtschaft zu verbessern. Der Beweis dafür steht aber noch aus. Bislang hat die Industrie ihre Heilsversprechen noch nicht eingelöst.


Viele befürchten, dass wir uns über den Freihandel mit den USA die Gentechnik ins Haus holen. Zu Recht?


Friedrich: Viele EU-Staaten haben zur Grünen Gentechnik eine ähnliche Auffassung wie wir. Von daher kann ich der Kommission nur raten, in dieser Frage sehr konsequent und hart zu verhandeln. Hier müssen die Amerikaner unsere Vorstellungen berücksichtigen. Wir lassen uns nicht zu bloßen Vollstreckern multinationaler Konzerne degradieren. Vor diesem Hintergrund ist die sogenannte Investitionsschutzklausel natürlich ein großes Problem. Wir können keine Verträge abschließen, bei denen am Ende Unternehmen die Handlungsfähigkeit demokratisch gewählter Gremien einschränken können. Deshalb ist es richtig, dass dieser Part der Verhandlungen ausgesetzt worden ist.


Auch der Tierschutz liegt den Verbrauchern sehr am Herzen. Landwirte, Schlachter und der Handel haben sich auf die Initiative Tierwohl verständigt, mit der sie branchenbreit und freiwillig für eine tierfreundlichere Haltung sorgen wollen. Ein Ansatz...


Friedrich: ...den ich uneingeschränkt unterstütze. Wenn die Marktbeteiligten gemeinsam sagen, unsere Kunden haben Erwartungen, die wir erfüllen wollen, ist das gut. Jetzt muss sich die Initiative im Alltag bewähren. Aber es ist ein Anfang.


Der Bundeslandwirtschaftsminister könne nicht gleichzeitig die Initiative Tierwohl und das Tierwohllabel des Tierschutzbundes unterstützen, schimpft dessen Präsident Thomas Schröder.


Friedrich: Wichtig ist doch das gemeinsame Ziel: das Wohl des Tieres. Das wollen beide Initiativen, wenn auch mit Abstufungen. Das Tierwohllabel ist die Premiumqualität, die sich deutlich oberhalb der Initiative Tierwohl positioniert und dafür natürlich auch höhere Zuschläge benötigt.


Sie sehen also im Moment keinen Bedarf, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu verschärfen?


Friedrich: Ich setze immer zunächst auf Eigeninitiativen der Wirtschaft. Was wir damit erreichen können, müssen wir nicht mit Ordnungsrecht erzwingen. Erst wenn das nicht ausreicht, müssen wir politisch handeln. Das ist aber immer das letzte Mittel.


Sind dann auch nationale Alleingänge erlaubt?


Friedrich: Manchmal sind sie unumgänglich. Nichts machen, weil andere auch nichts machen, ist zu einfach. Wir dürfen auch mal Vorreiter sein, aber immer mit Maß und Ziel. Wenn überzogene Auflagen zum Verlust von Marktanteilen und einer Verlagerung der Tierhaltung in andere Länder führt, ist den Tieren nicht geholfen und wir haben am Ende nichts erreicht. Deshalb müssen solche Entscheidungen immer in Rückkopplung mit den Betroffenen erfolgen.


Strengere Auflagen fordert Brüssel von Deutschland auch bei der der Dünge-Verordnung. Wann kommt ein Entwurf?


Friedrich: Wir haben in einigen Teilen Deutschlands zu hohe Nitratwerte, auch wegen der Ausbringung von Gülle und Gärresten. Aber es ist kein bundesweites Problem. Wir haben einige Regionen mit Nährstoffbedarf und einige Regionen mit hohen Überschüssen. Wir müssen eine vernünftige Nährstoffverteilung organisieren und dafür mit den Betroffenen nach praktikablen Lösungen suchen. Wir werden vor allem die Ausbringungszeiten strenger regulieren. Dann kommt automatisch das Thema Lagerkapazitäten auf den Tisch. Bis Ende des Jahres soll die neue Regelung stehen.


Bei der Umsetzung der EU-Agrarreform wird darüber gestritten, ob die sogenannten ökologischen Vorrangflächen landwirtschaftlich nutzbar sind.


Friedrich: Meine Haltung ist eindeutig: Wir haben gute Böden, ausreichend Wasser und ein mildes Klima. Ich halte es deshalb auch ethisch und moralisch für zwingend, unsere Flächen produktiv zu nutzen. Eine pauschale Flächenstilllegung ist keine Lösung. Wie auf den Flächen produziert wird, ist allerdings eine andere Frage.


Also kein Pflanzenschutz und keine Düngung auf den Vorrangflächen?


Friedrich: Warum nicht? Eine kranke und schlecht versorgte Pflanze hilft niemandem.


Der Bauernverband hadert noch mit den sog. Gewichtungsfaktoren.


Friedrich: Da prallen unterschiedliche Interessen aufeinander. Nehmen Sie das Beispiel Eiweißpflanzen. Die Kommission hat den Faktor 0,3 vorgeschlagen. Das heißt, 1 ha Leguminosen bringt 0,3 ha ökologische Vorrangfläche. Wir hätten gerne einen höheren Faktor, der Bauernverband will 1,0. Bei den Randstreifen an den Gewässern sind wir uns dagegen einig. Wichtig ist, dass wir jetzt eine gemeinsame Linie finden. Agrarministerrat und EU-Parlament werden der Kommission einige Vorschläge zur Umsetzung machen. Denn wir müssen vermeiden, dass die Kommission den politischen Willen von Rat und Parlament unterläuft.


Im kommenden Jahr läuft die Milchquote aus. Im Zuge eines sanften Übergangs fordern Bauernverband und Molkereiwirtschaft, die Superabgabe vorzeitig abzuschaffen oder zumindest zu lockern. Unterstützen Sie das?


Friedrich: Ja. Ich warne allerdings vor überzogenen Erwartungen. Wenn wir die Superabgabe abschaffen oder entschärfen wollen, brauchen wir in Brüssel entsprechende Mehrheiten. Die sind nicht in Sicht und sie lassen sich auch nicht auf die Schnelle organisieren. Spielraum könnte durch eine Änderung der Fettkorrektur entstehen, aber selbst das ist auf EU-Ebene schwer durchzusetzen. Jeder, der überliefert, geht also ein gewisses Risiko ein. Wie groß das Risiko genau ist, wissen wir leider erst am Ende, wenn die nationale Saldierung abgeschlossen ist.


Zurück nach Deutschland. Das Bundeskabinett hatte Mitte Januar die Eckpunkte für ein neues EEG gebilligt. Danach soll es jährliche Ausbaudeckel geben. Bei Biogas beträgt dieser nur 100 MW. Das wäre nicht mal die Hälfte des schon mageren Zubaus der vergangenen beiden Jahre. Ist das nicht zu wenig?


Friedrich: Ich stehe zu dem, was Sigmar Gabriel vorschlägt. Zwei Dinge sind mir aber wichtig: Erstens muss es einen Vertrauensschutz für die Altanlagen geben. Und zweitens müssen wir die Umrüstung und Erweiterung zum flexiblen Betrieb bestehender Biogasanlagen zu den alten Konditionen ermöglichen. Hier hat es einen Investitions- stau gegeben, weil der Anlagebegriff lange rechtlich nicht geklärt war. Deshalb waren viele Planungs- und Genehmigungsverfahren am 22. Januar noch nicht beendet (Anm. der Red.: Zeitpunkt, bis zu dem der Vertrauensschutz für laufende Verfahren gelten soll). Für diese Fälle müssen wir Lösungen finden.


Dahinter stehen teilweise fünf- oder sechsstellige Planungskosten. Besonders bei Windenergieprojekten gibt es sehr lange Vorlaufzeiten.


Friedrich: Nicht jeder Investor wird sich auf den Vertrauensschutz berufen können. Es war klar, dass sich das EEG nach der Wahl ändern wird. Es gibt aber viele, die am 22. Januar kurz vor der Genehmigung standen bzw. schon eine Genehmigung haben, heute aber bereits wissen, dass sie es nicht schaffen werden, bis zum 31. Dezember 2014 ans Netz zu gehen. Hier muss der Staat ein verlässlicher Partner bleiben.


Darüber hinaus wollen Sie die Förderung für die kleinen Biogasanlagen erhalten. Warum?


Friedrich: Zum einen wird in den kleinen 75 kW-Anlagen zu 80 % Gülle eingesetzt und nur ganz wenig Grasschnitt oder Mais. Das ist ökologisch hocheffizient und muss weiter gesondert gefördert werden. Das ist konform mit dem Koalitionsvertrag, der vorsieht, die Biomassenutzung auf Abfall- und Reststoffe zu konzentrieren. Das ist hier gegeben. Zum zweiten gleichen Biomasseanlagen die Schwankungen der Wind- und Solarenergie aus und stabilisieren so unsere Stromversorgung.


Die Bauern ärgern sich besonders über die mangelhafte Entschädigung beim Netzausbau. Werden Sie sich für Verbesserungen einsetzen?


Friedrich: Ja! Wir brauchen eine faire Entschädigungsregelung. Jeder Landwirt weiß, dass auf einem frisch verlegten Erdkabel kein fetter Weizen wächst. Wie stark die Nutzung einer Fläche durch ein Erdkabel oder eine oberirdische Leitung beeinträchtigt wird, kann man finanziell bewerten. Dieser Schaden muss ausgeglichen werden. Nicht mehr und nicht weniger.


Die Koalition will die Hof­abgabeklausel neu fassen. Bislang muss ein Landwirt seinen Hof abgeben, wenn er Altersgeld beziehen will. Gibt es Änderungsbedarf?


Friedrich: Die derzeitige Regelung hat schon Flexibilisierungsmöglichkeiten. So kann man z.B. in einer Gesellschaft mit wenigen Einschränkungen Mitunternehmer bleiben und trotzdem seine Altersrente bekommen. Aber wir müssen auch den Betriebsinhabern helfen, für die das keine Option ist und die keinen Hofnachfolger haben. Dabei müssen wir aber beide Seiten im Blick haben: Die älteren, die viele Jahre eingezahlt haben und nun den Eindruck gewinnen, nichts zurückzubekommen und die jungen Bauern, die nach Ausbildung und Studium den Hof übernehmen wollen. Beide Interessenlagen muss man berücksichtigen.


Wissenschaftler wollen für die­jenigen, die den Hof nach Erreichen der Altersgrenze noch eine Zeit lang weiterführen, ein Altersgeld mit Abschlag einführen. Was halten Sie davon?


Friedrich: Diesen Vorschlag halte ich für schwierig. Wir werden uns mit Wissenschaftlern und Rentenexperten an einen Tisch setzen und eine gute Lösung finden.


Soll es auch für Landwirte die abschlagsfreie Rente mit 63 geben, wenn 45 Beitragsjahre erreicht werden?


Friedrich: Ja, sicher. Das haben wir im Kabinett gerade so beschlossen.


Im vergangenen Jahr stellte die CDU in Rheinland-Pfalz für viele überraschend die eigenständige agrar­soziale Sicherung der Landwirtschaft infrage. Wie stehen Sie dazu?


Friedrich: Es gibt keinen Grund, das bewährte System abzuschaffen. Die landwirtschaftliche Sozialversicherung ist passgenau für die Bedürfnisse der selbstständigen Landwirte.


Die Boden- und Pachtpreise sind zuletzt stark gestiegen. Daran sollen v. a. außerlandwirtschaftliche Investoren schuld sein. Muss die Politik handeln?


Friedrich: Es gibt sicher solche Tendenzen, vor allem in den neuen Ländern. Entscheidend ist, dass die Flächen weiter landwirtschaftlich genutzt und nicht zweckentfremdet werden. Andererseits ist es nicht so, dass sich riesengroße Agrarholdings gebildet haben, die wir schon als Bedrohung einstufen müssen. Gleichwohl müssen wir verhindern, dass es zu einer ungesunden Bodenverteilung kommt. Die rechtlichen Möglichkeiten des Staates sind hier begrenzt. Mit den Ländern wollen wir dennoch nach Lösungen suchen. Die Länder könnten zum Beispiel mit Anpassungen ihrer Grundstück- und Landpachtverkehrsgesetze an der einen oder anderen Stelle nachsteuern – darüber muss diskutiert werden.


Die Landwirtschaft ist inzwischen auch ein großes Thema bei den G8- und G20-Treffen. Wird die internationale Agrarpolitik immer wichtiger?


Friedrich: Das ist definitiv so. Landwirtschaft ist inzwischen ein globales Thema. Vor allem die Fragen der Welt- ernährung rücken immer stärker in den politischen Fokus. Klar ist, dass wir die Produktivität der Landwirtschaft weltweit verbessern müssen. Das geht nicht ohne agrarwissenschaftlichen Forschungstransfer. Dafür müssen auch die politischen Ebenen besser als bisher vernetzt sein.


Zum Beispiel über die internationale Agrarministerkonferenz im Rahmen der Grünen Woche?


Friedrich: Das war schon ein großer Erfolg: Fast 70 Landwirtschaftsministerinnen und -minister haben sich auf ein gemeinsames Leitbild für die künftige Agrarpolitik verständigt. In diese Richtung müssen wir weitergehen.


Warum muss sich Deutschland darum kümmern?


Friedrich: Wir sind Weltmarktführer bei Innovation, Effizienz und Nachhaltigkeit. Ich sehe uns in der moralischen Pflicht, dieses Know-how den Ländern anzubieten, in denen die Bevölkerung rasant wächst.


Kirchen, Entwicklungshilfegruppen und Umweltschutzverbände kritisieren in diesem Zusammenhang die Exportorientierung der deutschen Landwirtschaft. Gefährdet dies wirklich die Agrarmärkte in den Importländern?


Friedrich: Das ist Vergangenheit. Die Exportkritiker sollten zur Kenntnis nehmen, dass die EU keine Export­erstattungen mehr für Agrarprodukte Richtung Afrika gewährt. Vor allem wegen des Drucks aus Deutschland! Die Zeiten, in denen die EU ihre Überschüsse mit staatlicher Förderung in Afrika losgeschlagen hat, sind vorbei. Unsere Hauptexportmärkte außerhalb der EU sind u. a. Russland und China. Diese Märkte steuern wir erfolgreich an. ‚Made in Germany’ ist auch bei Lebensmitteln ein Qualitätssiegel.


Herr Minister, vielen Dank für das Gespräch.


Das Interview mit Minister Friedrich war bereits vor seinem Rücktritt gedruckt. Bitte lesen Sie auch den aktuellen Kommentar auf Seite 144.

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