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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

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Start mit 4 Mio. Schweinen und 400000 Jungbullen

Lesezeit: 12 Minuten

V iele deutsche Schweine-und Rinderhalter sind zutiefst verunsichert.Fast täglich müssen sie in der Tagespresse lesen,was sie alles falsch machen und über welche zusätzlichen Produktionsauflagen die Politiker in Berlin gerade wieder diskutieren.Die Qualität ihrer Produkte wird überdies von oft selbst ernannten Ernährungsexperten wider besseren Wissens regelmäßig in Frage gestellt.Diesen Vorwürfen hatte die Landwirtschaft und mit ihr die gesamte Ernährungsindustrie bisher nur wenig entgegenzusetzen. Der wunde Punkt:Es nützt nichts,wenn man selbst weiß,dass man hochwertige Lebensmittel erzeugt.Man muss es auch den Verbrauchern glaubhaft vermitteln können.Genau daran jedoch haperte es in Deutschland bisher.Dabei gab es genug Ansätze für Qualitäts-bzw.Dokumentationsoffensiven,z.B.das CMA-Prüfsiegel, diverse Markenfleischprogramme usw. Aber viele davon scheiterten an der unzureichenden Akzeptanz bei Produzenten und Verbrauchern.Oft gelang es zudem einfach nicht,alle Produktionsstufen unter einen Hut zu bringen.Die Folge: Kaum gab es Skandale,waren alle An-strengungen zunichte.Doch das soll sich jetzt ändern. Einzigartiger Schulterschluss aller Produktionsstufen Im Oktober 2001 wurde die QS Qualität und Sicherheit GmbH gegründet.Ziel dieser GmbH ist es,QualitätsManagementsysteme über alle Stufen der Lebensmittelerzeugung und -vermarktung hinweg aufzubauen.Dabei geht es darum,die Qualität zu sichern,dies zu dokumentieren und durch Eigen-plus Fremdkontrollen zu beweisen.Dies sei der Grundstein für eine glaubhafte Werbung und sichere den Absatz im Falle neuer Krisen,so die Befürworter von QS. Schon im April dieses Jahres sollen die ersten Lebensmittel mit dem zunächst für Schweine-und Rindfleisch entwickelten QS-Prüfsiegel angeboten werden.Das ist zwar auf den ersten Blick überraschend früh.Es erscheint aber durchaus nachvollziehbar,wenn man bedenkt,dass es gelungen ist,die Futtermittelindustrie, Landwirte (vertreten durch den DBV), Transporteure,die Schlachtbranche,Verarbeitungsbetriebe und den Lebensmitteleinzelhandel (LEH)bei QS in ein Boot zu bekommen. Die CMA ist verantwortlich für die eigentliche Vergabe des QS-Zeichens und die Kommunikation,sprich Bewerbung. Im so genannten Fachbeirat immt sie jedoch nur beratend teil.Dieser Beirat aus Mitgliedern aller beteiligten Wirtschaftskreise legt die eigentlichen Produktionsund Kontrolldetails fest. Ende 2001 wurde die so genannte Qualitäts-Charta verabschiedet (vgl.Übersicht 1).Diese beinhaltet die Anforderungen für alle Stufen vom Futtermittelhersteller bis zum LEH.Überwiegend handelt es sich für die Landwirtschaft um Vorgaben,die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben sind oder es in absehbarer Zeit werden.Die Selbstverpflichtung,auf antibiotische Leistungsförderer in der Mast zu verzichten,geht jedoch über die gesetzliche Basis hinaus. Die QS-Systempartner müssen sich verpflichten,durch die Dokumentation der Produktion für Transparenz zu sorgen,eigene Unternehmensabläufe selbst zu kontrollieren und Überprüfungen von außen zuzulassen.Dadurch,so der Kerngedanke, soll Verbrauchervertrauen gewonnen und insbesondere bei Rindfleisch wieder verlorener Boden gutgemacht werden. Landwirte sollten QS nicht vorschnell ablehnen! Doch gerade diese Kontrollen rufen bei vielen Landwirten sehr gemischte Gefühle hervor.Einerseits hoffen sie,dadurch endlich aus der Schusslinie der Politik und der Massenmedien zu kommen. Andererseits befürchten sie,dass die Bürokratie ie da gewesene Ausmaße annimmt und der zusätzliche Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Und in der Tat ist es eher fraglich,ob Landwirte demnächst höhere Preise für QS-Rinder oder -Schweine erzielen als für Tiere,die ohne QS-Zertifikat vermarktet werden.Wenn Schlachtvieh knapp ist, interessiert sich kein Mensch für Gütesiegel oder Ähnliches.Dann geht es darum, die Fleischabnehmer zufrieden zu stellen, um zu verhindern,dass Mitbewerber das Rennen machen ,erklärt ein Kenner der Fleischbranche.Trotzdem wäre es für Landwirte falsch,sich jetzt zurückzulehnen und gar nichts zu tun.Denn neben den Politikern machen bei QS auch Schlacht-und Verarbeitungsbetriebe sowie der Handel Druck. Hinzu kommt:Unsere Konkurrenz, z.B.aus Holland,Dänemark und anderen EU-Ländern,schläft nicht.In puncto Qualitätssicherung bzw.Dokumentation der Produktion von Lebensmitteln sind uns etliche Mitbewerber weit voraus.Aus Dänemark und Holland sollen denn auch schon konkrete Anfragen vorliegen,wann es in Deutschland mit dem Verkauf von QS-Fleisch losgeht. Der Hintergrund:Die Teilnahme am QS-System steht Fleischanbietern aus an-deren Ländern ebenfalls offen,wenn sie die Kriterien erfüllen.Das gilt sowohl für EU-Herkünfte als auch für Mitbewerber aus Drittländern. Besonders die exportorientierten Dänen und Holländer rechnen sich einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz aus.Dort sind detaillierte Prozesskontrollen in der Fleischerzeugung seit Jahren gang und gäbe.Die zusätzlichen Überprüfungen durch QS-Beauftragte schrecken unsere Nachbarn im Westen und Norden nicht.Im Gegenteil,diesen Aufwand nehmen sie gerne in Kauf,da sie hoffen,den deutschen Markt so och besser besetzen zu können. Das gilt vor allem,wenn QS-Fleisch gefragt sein sollte,aber nicht genügend Wa-re aus heimischer Produktion zur Verfügung steht.Denn dann könnten Dänen und Holländer gnadenlos punkten mit Aussagen wie:Wir können große,einheitliche Partien mit dem Siegel liefern. Bei QS könnte es also für die deutsche Landwirtschaft bald schon in erster Linie um den Kampf um einen Platz im Verkaufsregal oder in der Fleischtheke gehen. Das dürfte Diskussionen über eventuelle Mehrerlöse in den Hintergrund treten lassen. Neuer Basisstandard ür deutsches Fleisch? Kenner des Fleischmarktes sind deshalb überzeugt:Wenn QS in Deutschland zum Erfolg werden soll, muss es gelingen,mittelfristig einen Großteil der hiesigen Schweine-und Rinderproduktion auf diese Linie zu bringen. Ansonsten,so weiter,stände dem QS-Siegel eine ähnliche Entwicklung bevor wie dem CMA-Prüfzeichen.Dieses kam bis zuletzt trotz hoher Kosten nicht aus dem Nischendasein am Markt hinaus und wird zur Jahresmitte eingestellt (vgl. Kasten rechts). QS-Befürworter haben sich denn auch als mittelfristiges Ziel einen Marktanteil von 70 %und mehr auf ie Fahnen geschrieben.Sie wollen QS zum neuen Grundstandard für deutsches Fleisch machen.Wir wollen ein Sicherheitsnetz für die gesamte Vieh-und Fleischwirtschaft ,betont Dr.Heinz Schweer,Vorstand der Premiumfleisch AG in Zeven. Die Richtung geben Holland mit dem stufenübergreifenden IKB-Programm und Dänemark mit Danish-QSG vor.Rund 85 %aller holländischen Schweine sollen mittlerweile dem IKB-Standard entsprechen.In Dänemark deckt QSG weit über 90 %der Eigenerzeugung ab. Angesichts des enormen zeitlichen Vorsprungs dieser Programme und der vergleichsweise stark zersplitterten deutschen Fleischbranche ist es zwar fraglich, ob wir wirklich in absehbarer Zeit zu unseren Mitbewerbern aufschließen können.Aber auch bei uns haben etliche Erzeugergemeinschaften und auch Schlachtunternehmen zusammen mit ihren Lieferanten schon seit Jahren daran gearbeitet, Marken-bzw.Qualitätsfleischprogramme auf ie Beine zu stellen. Es gibt also durchaus Chancen,dass QS mit größeren Stückzahlen startet als das CMA-Prüfsiegel jemals erreichte. Der genossenschaftliche Sektor könnte mit etwa 4 Mio.Schlachtschweinen und bis zu 400 000 Jungbullen starten ,so Bernhard Krüsken vom Deutschen Raiffeisenverband.Voraussetzung sei allerdings,dass die Zulassung bald erteilt würde.Das ist jedoch noch nicht sicher,denn dazu müssen erst noch die Kontrollkapazitäten geschaffen und das Personal geschult werden. Trotzdem hat ie Münsteraner Westfleisch eG optimistisch angekündigt,im April den Vorreiter spielen zu wollen. Man ist überzeugt,mit den im Jahr 2001 gestarteten Programmen Transparind und Bestschwein die QS-Hürden locker zu nehmen.Und es dürfte nur eine Frage von Wochen sein,bis andere Unternehmen nachziehen werden: Bei der NFZ und der Premium Fleisch AG heißt es,man sei soweit. Moksel betont,dass man sich fit für das Programm mache, Die Südfleisch ist zwar durch die Probleme mit den beanstandeten BSE-Tests in schweres Fahrwasser geraten.Dies ändert aber nichts an der Tatsache,dass auch in Bayern eine Offensive in Sachen Qualität gefahren wird. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird an regionalen Prüfzeichen gearbeitet,die mit QS vereinbar sind. Private Unternehmen,wie Tönnies und D&S,bereiten sich ebenfalls darauf vor,auf den QS-Zug aufzuspringen. Keiner kann es sich leisten,bei QS auf Zeit zu spielen ,verrät ein Branchenkenner.Es gehe schlicht darum,Marktanteile frühzeitig zu sichern.Sollten sich viele LEH-Ketten entscheiden,QS zum Einkaufskriterium für Fleisch zu machen,hätten Anbieter schlechte Karten,die zu lange mauern.In diese Lücke würden unweigerlich auch Mitbewerber aus Dänemark und Holland vorstoßen. Dr.Schweer von der Premium Fleisch AG ist überzeugt:Wenn wir im EU-Konzert mitspielen wollen,kommen wir an QS nicht vorbei.Seine Kollegen in anderen Schlachtstätten begründen ihre Entscheidung für das Programm folgendermaßen: Wir leben nicht auf einer Insel.Alle Branchenkenner sind sich einig,dass der Stein ins Rollen gekommen ist.Es hänge aber vom Lebensmittelhandel ab,ob daraus eine Lawine werde. Der LEH muss bald Farbe bekennen Seitens des Handels heißt es zwar,man habe ebenso viel Interesse an dem Fleischsiegel wie die anderen Wirtschaftsbereiche.Doch diesen Lippenbekenntnissen von Metro,Rewe,Edeka,Tengelmann usw.müssen Taten folgen.Klartext: Der LEH sollte Farbe bekennen und QSFleisch als Standardsortiment anbieten. Ob es so kommt,bleibt jedoch abzuwarten.Skeptiker bezweifeln es.Zur Begründung verweisen sie auf den knallhar-ten Preiskampf im Lebensmittelhandel. Außerdem hätten etliche Ketten eigene Handelsmarken für Fleisch aufgebaut,denen durch das QS-Siegel Konkurrenz drohen könnte.Schließlich dürfte es dann erheblich schwieriger werden,Verbrauchern zu erklären,warum Handelsmarkenfleisch besser sei als das Basis-QS-Sortiment des Mitbewerbers. Die meisten Unternehmen hüllen sich in Schweigen,wenn es um die Frage geht, ob und wann sie Fleisch mit dem QS-Siegel listen werden.Einige,wie z.B.Rewe, wollen erst einmal abwarten,wie sich das Angebot entwickelt.Der Handel hält sich also wie üblich jedes Hintertürchen offen. Das gilt auch für die Verhandlungen über eventuelle Preisaufschläge für Ware mit dem neuen Siegel.Dabei fallen auf allen Stufen der Fleischwirtschaft durch QS höhere Kosten an,die bezahlt werden müssen.Dieser zusätzliche Aufwand wäre vollkommen sinnlos,wenn der Handel bei Fleisch weiterhin nach dem Motto verfährt:Hauptsache billig . Der freie Markt darf nicht ausgehebelt werden Neben der Angst davor,auf den Mehrkosten sitzen zu bleiben,beschäftigt viele Landwirte auch die Frage,ob sie ihre QSSchweine und -Rinder weiterhin frei verkaufen können.Kurz:Muss man Vereinbarungen mit einem Abnehmer treffen, dürfen Futtermittel nur von einem einzigen Hersteller bezogen werden? Die feste vertragliche Bindung,z.B. an einen Schlachtbetrieb,ist keine Voraussetzung,um die QS-Kriterien zu erfüllen ,antwortet Caspar von der Krone, Geschäftsführer der QS GmbH.Klartext: Landwirte mit QS-Berechtigung können ihre Handelspartner weiterhin frei wählen.Soweit es sich um Futtermittel-oder andere Lieferanten handelt,sollten diese jedoch nachweisen,dass sie die QS-Kriterien ebenfalls erfüllen. Es ist nicht geplant,dass jeder einzelne Landwirt als direkter Systempartner der QS-GmbH auftritt.Diese Aufgabe sollen so genannte Bündeler übernehmen.Sie sollen die Betriebe auswählen und diejenigen,die die Vorgaben erfüllen,bei der GmbH anmelden.Außerdem sorgen sie dafür,dass die Systemkontrollen durchgeführt werden.Sie stehen also dafür gerade,dass QS-Betriebe die Kriterien auch wirklich einhalten.Kurz:Sie stellen die QS-Berechtigung aus. Bündeler können zwar auch Schlachtbetriebe sein.Das gilt in erster Linie für Unternehmen,die schon jetzt Einzelverträge mit ihren Einsendern abgeschlossen haben,wie Westfleisch,Südfleisch usw. Doch auch folgende Institutionen können Bündeler werden: Erzeugergemeinschaften, Landwirtschaftskammern, Landeskontrollverbände, Regionale Bauern-und Genossenschaftsverbände. Landwirte,die bei solchen Bündelern als QS-Teilnehmer gemeldet sind,haben es vermutlich leichter,ihre Schweine frei zu verkaufen,als solche,bei denen Schlachtstätten als Bündeler auftreten. Genau das hat Erzeugergemeinschaften,die ISN,Landwirtschaftskammern, Beratungsorganisationen usw.in Niedersachsen und dem Rheinland bewogen,die so genannte Qualitätspartnerschaft Nordwest ins Leben zu rufen.In anderen Bundesländern sind es z.B.oft Bauernverbände,die Systempartner der QS-GmbH werden wollen. Obwohl alle Organisationen das gleiche Ziel verfolgen und die gleichen Kontrollen belegen müssen,rechnen Insider mit einem Wettbewerb der Bündeler. Dieser wird anhand folgender Kriterien entschieden:Wer hat die niedrigsten Kosten,wer die schlankste und effizienteste VerwaltungWer schützt die Daten der beteiligten Landwirte am besten? Die große Stunde der Erzeugergemeinschaften? Viele Erzeugergemeinschaften sehen die Diskussion um das QS-Siegel übrigens mit sehr gemischten Gefühlen.Schließlich könnte es das Ende der klassischen Mar-kenfleischprogramme einläuten. Es ist ein offenes Geheimnis,dass viele dieser Programme den beteiligten Landwirten in den letzten Jahren zwar zusätzliche Kosten beschert haben,aber unterm Strich keinen messbaren bzw.nur einen sehr geringen Mehrerlös.In Insiderkreisen heißt es,das Ende etlicher Programme sei nur noch eine Frage der Zeit, wenn sich QS durchsetzen sollte. Falls es so kommt,werden sich Erzeugergemeinschaften wieder auf die Ziele besinnen müssen,mit denen sie einmal angetreten sind: Bündelung des Angebotes,um bessere Erlöse zu erzielen. Interessenvertretung der Mitglieder gegenüber Staat und Verwaltung. Senkung der Produktionskosten durch Betriebsanalysen und Beratung. Für etliche Zusammenschlüsse könnte bald die Stunde der Wahrheit kommen. Diejenigen,die sich schon lange mit einer Dokumentation der landwirtschaftlichen Erzeugung befassen,haben gute Karten, im Wettbewerb zu bestehen.Dr.Conrad Welp vom Verein zur Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft (VzF), Uelzen,ist überzeugt:Ohne ausgefeilte Dienstleistungen auch in puncto QS werden Erzeugergemeinschaften Schiffbruch erleiden.Nach seiner Überzeugung sollten EZGen künftig stufenübergreifender als bisher arbeiten und dabei koordinieren und vermitteln.Wir müssen noch mehr bieten als bisher ,so Welp.Außerdem solle man sich vom regionalen Denken verabschieden. Jörg Mennerich

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