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Superabgabe: Bremsen oder weitermelken?

Lesezeit: 8 Minuten

Die Superabgabe könnte 2015 noch höher ausfallen als in diesem Jahr. Ob und wie Sie jetzt noch reagieren können, erklärt Prof. Dr. Falk Mißfeldt von der Fachhochschule Kiel anhand des Beispielbetriebs „Frank Meyer“.


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Milchviehhalter Frank Meyer aus Nordfriesland sitzt in der Klemme. Am Ende des Quotenjahres könnte er seine Milchquote um rund 80 000 kg überliefert haben. Bislang hält Meyer 120 Kühe und darf 1 Mio. kg straffrei liefern. Das Wirtschaftsjahr 2014/15 ist für den Milchviehhalter gut gelaufen. Die Milchpreise waren zumindest in der ersten Jahreshälfte überdurchschnittlich gut. Das Wetter auch. Deshalb hat Meyer mehr als genug bestes Grundfutter, auch ein Grund, warum er dieses Jahr auf einen Stalldurchschnitt von 9 000 kg pro Kuh kommt. Um der drohenden Überlieferung aus dem Weg zu gehen, hat er bei den vergangenen Börsengängen versucht, zusätzliche Quote zu kaufen – leider ohne Erfolg.


Zu allem Überfluss fallen nun auch noch die Milchpreise. Meyer rechnet damit, dass er in den letzten Monaten des Milchwirtschaftsjahres ein durchschnittliches Basispreisniveau von höchstens 30 ct/kg netto (33,2 ct/kg brutto) erzielen wird. Gleichzeitig droht die Superabgabe im kommenden Jahr noch höher auszufallen als in diesem Jahr. Eine Saldierung auf Molkereiebene könnte die Superabgabe zwar noch drücken, andererseits könnten aber auch die Milchpreise noch weiter fallen. Meyer will deshalb wissen, welche Alternativen er noch hat.


Der Milcherzeuger rechnet mit drei unterschiedlichen Varianten. In der optimistischen Alternative unterstellt er mit 12,7 ct/kg eine ähnlich hohe ­Superabgabe wie in diesem Jahr. In zwei weiteren Alternativen kalkuliert er mit 15 bzw. 20 ct/kg eine deutlich höhere Abgabe ein. Von den 33,2 ct/kg bleiben dann für die Übermilch nach Abzug der Superabgabe nur noch zwischen 13 und knapp 21 ct/kg übrig (Übersicht 1).


Übermilch verringern?

Um zu entscheiden, wie er sich unter diesen Rahmenbedingungen am besten verhält, sind für Meyer nicht die Vollkosten, sondern die Grenzkosten seiner Produktion maßgeblich. Darunter verstehen die Ökonomen die Kosten, die anfallen, wenn 1 kg Milch mehr gemolken wird. Abschreibungen und andere Festkosten werden dann z. B. nicht berücksichtigt, da es in diesem Fall ausschließlich darum geht, das Beste aus der gegebenen Situation zu machen. In diesem Fall bedeutet das, die Verluste zu minimieren.


Dafür muss der Milchviehhalter seine möglichen Anpassungsmöglichkeiten ermitteln und dann berechnen, welche Kosten er dabei jeweils einsparen kann. Nur wenn die Einsparungen höher sind als der Milchpreis für die Überlieferung, rechnet sich die Maßnahme.


Meyer sieht grundsätzlich fünf Alternativen, wie er die Überlieferung bis zum Ende des Quotenjahres noch drosseln könnte:


  • Vollmilch füttern,
  • Kraftfutter reduzieren,
  • vorzeitig Trockenstellen,
  • Abgangskühe früher verkaufen oder
  • produktive Kühe abgeben.


1. Vollmilch füttern?

Besonders naheliegend ist es, in der Kälberaufzucht Milchaustauscher (MAT) durch Vollmilch zu ersetzen. Bei Preisen für MAT von 210 €/dt (brutto) lässt sich bei einem Austauschverhältnis von 6,5 kg Vollmilch für ein kg MAT eine Verwertung ca. 33,60 ct/kg für die überlieferte Milch erzielen. Davon muss Meyer aber noch umgerechnet 2,5 ct/kg für die damit verbundene Mehrarbeit abziehen. Unterm Strich bleibt aber immer noch eine deutlich höhere Verwertung als bei der Vermarktung der Übermilch über die Molkerei (Übersicht 2).


Allerdings sind die Milchmengen, die über diesen Weg verwertet werden können, begrenzt und hängen direkt von der Zahl der bis zum Quotenende zu tränkenden Kälber ab. Meyer erwartet, dass er bis zum Quotenende noch 30 Kälber voll tränken wird. Darüber könnte er etwa 8 500 kg Vollmilch verwerten. Das wären immerhin etwa 10 % seiner Übermilch. Finanziell gewinnt Meyer durch Umstellung der Kälberfütterung auf Vollmilch rund 900 bis 1 500 €.


2. Kraftfutter reduzieren?

Alternativ könnte Meyer auch weniger Kraftfutter füttern. Wenn sich mit 1 kg Kraftfutter energetisch 2 kg Milch erzeugen lassen, lohnt sich die Reduzierung des Kraftfuttereinsatzes bei einem unterstellten Kraftfutterpreis von 23 €/dt (brutto) erst dann, wenn der Milchpreis für die Übermilch unter 12,5 ct/kg liegt. Das ist bei allen von Meyer unterstellten Varianten der Superabgabe nicht der Fall. Der Preis für die überlieferte Milch liegt mehr oder weniger deutlich oberhalb dieses Wertes (Übersicht 2).


Meyer würde also Geld verlieren, wenn er bei einem Preis von 18,2 ct/kg für die Übermilch (Superabgabe 15 ct/kg) weniger Kraftfutter füttert. Bei einem Milchpreis von 13,2 ct/kg (Superabgabe 20 ct/kg) beträgt die Differenz allerdings nur noch rechnerische 0,7 ct/kg Milch.


Außerdem belastet das „Bremsen“ und „Wiederanfahren“ der Milchproduktion über den Kraftfuttereinsatz mitten in der Laktation die Kühe nur unnötig. Hinzu kommt, dass die alte Laktationskurve in der Regel ohnehin nicht mehr erreicht wird. Deshalb ist das Runterfahren des Kraftfutters auch bei niedrigen Preisannahmen nur bei Kühen sinnvoll, die ohnehin bald Trockenstehen.


3. Vorzeitig trockenstellen?

Normalerweise stellt Meyer die Kühe trocken, wenn das Tagesgemelk bei ca. 12 kg liegt. Wenn er die Kühe schon bei 18 kg in die „Ruhephase“ schicken würde, könnte er die Kosten für das Melken einsparen sowie die Grund- und Kraftfutterkosten reduzieren, so die Überlegung des Milchviehhalters.


Die innerbetrieblichen Kosten für den Maisanbau betragen auf Meyers Standort 1 650 €/ha und setzten sich aus dem entgangenen Deckungsbeitrag für Marktfrüchte von 700 €/ha und den variablen Kosten der Silomaisproduktion von 950 €/ha zusammen. Bei einem Ertrag von 80 000 MJ NEL (nach Konservierungsverlusten) entspricht dies Grenzkosten von rund 21 ct/10 MJ NEL. Für Ackergrassilage errechnen sich Grenzkosten von 25 ct/10 MJ NEL. Weil Meyer je zur Hälfte Mais- und Grassilage einsetzt, liegen seine Grenzkosten für das Grundfutter bei 23 ct/10 MJ NEL.


Durch die reduzierte Grundfutterfütterung der Trockensteller spart Meyer rund 5,1 ct/kg Milch, weitere 3,8 ct/kg Ersparnis kommen über das Kraftfutter. Mit den wegfallenden variablen Kosten für das Melken kommt er auf Einspareffekte von zusammen 15,4 ct/kg. Damit ist die Maßnahme nur bei einer hohen Superabgabe (20 ct/kg) wirtschaftlich. Wenn die Superabgabe bei 15 ct/kg und weniger liegt, ist es für Meyer besser, die Übermilch an die Molkerei abzuliefern (Übersicht 2, Seite 45).


Hinzu kommt, dass ein vorzeitiges Trockenstellen das Mastitis-Risiko zum Zeitpunkt der Kalbung deutlich erhöhen kann. Das birgt zumindest das Risiko von Folgekosten. Unter dieser Vorgabe ist diese Maßnahme keine gute Wahl.


4. Abgangskühe früher raus?

Als Nächstes prüft Meyer, ob er nicht tragende Kühe früher zum Schlachter geben sollte. Hierzu hat sein Berater umfangreiche Berechnungen durchgeführt und festgestellt, dass bei einem Milchpreis für die Überlieferungen von 20,5 ct/kg (Superabgabe 12,7 ct/kg) die Kühe bis zu einer Tagesleistung von 19 kg und bei 18,2 ct/kg (Superabgabe 15 ct/kg) nur bis zu einem Tagesgemelk von 29 kg genutzt werden sollten. Wird hingegen eine hohe Superabgabe von 20 ct/kg erwartet, so müssten diese Kühe schon bei noch höheren Tagesleistungen längst den Betrieb verlassen haben.


Aber auch die Weiternutzung der Kühe bringt nur einen geringen zusätzlichen kalkulatorischen Gewinn von 14 € bzw. 6 €/Kuh (Übersicht 3, Seite 45). Der Charme des „Längermelkens“ der Abgangskühe liegt allenfalls darin, dass noch ein zusätzliches kleines Arbeitseinkommen erzielt wird und die für das Grundfutter bereits angefallenen Kosten über die Milch als liquide Mittel wieder in den Betrieb zurückfließen (siehe Kasten, Seite 47).


Etwas anders stellt sich das Bild dar, wenn der Betrieb noch nicht BHV1-frei ist. Dann könnte man die Chance nutzen, die Sanierung jetzt konsequent durchzuführen und Kühe mit positivem Status verkaufen und durch Färsen zu ersetzen. Die Chance dazu ist günstig, weil die Differenz zwischen Altkuherlösen (800 € brutto) und den Kosten einer abgekalbten Färse (1 200 € brutto) zurzeit vergleichsweise niedrig sind. Allerdings belastet diese Strategie die betriebliche Liquidität und ein Tierzukauf bleibt immer ein Risiko.


5. Produktive Kühe abgeben?

Der stärkste Eingriff in die Milchproduktion wäre für Meyer der Verkauf von produktiven Kühen, z. B. im dritten bis fünften Laktationsmonat. Er fragt sich allerdings, ob das vor dem Hintergrund der auslaufenden Quote überhaupt sinnvoll ist. Denn nach dem 31. März 2015 wird jedes kg Milch einheitlich mit dem individuellen Molkereiauszahlungspreis vergütet.


Diese Frage lässt sich mithilfe einer einfachen Erlös-Kosten-Differenz-Rechnung beantworten. Die Milch­menge der Kühe in der verbleibenden Laktationszeit muss auf die beiden Zeiträume vor und nach der Quote aufgeteilt werden und mit den jeweiligen Preisen bewertet werden. Von dem so ermittelten Erlös müssen die variablen Kosten, die bei Weiternutzung entstehen, abgezogen werden. Ist der Wert positiv, lohnt es sich weiterzumelken.


Die Ergebnisse der Kalkulation zeigen, dass es unter einer Grenzkostenbetrachtung bei jeder Superabgaben-Variante sinnvoll ist, die Kühe bis zum Ende der Laktation zu nutzen. Es lässt sich je nach Höhe der Superabgabe eine Entlohnung der eingesetzten Arbeitszeit von noch akzeptablen 12 bis zu guten 24 €/Akh erzielen. Dabei gilt: Je höher die Superabgabe, desto niedriger fällt die Entlohnung der Arbeitszeit aus, wenn weitergemolken wird (Übersicht 4). Der betriebswirtschaftliche Vorteil erhöht sich noch, wenn die Kühe noch über die aktuelle Laktation hinaus genutzt werden können. Für Meyer ist damit klar: Ein Abstocken der Herde kommt nicht infrage.


Unterm Strich hat Meyer also nur wenige Möglichkeiten, die Überlieferung der Quote wirtschaftlich sinnvoll zu begrenzen. Er wird die Kälber bis zum Ende des Quotenjahres mit Vollmilch füttern und die eine oder andere Kuh früher zum Schlachter geben.-sp-

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