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top agrar-SerieVollkosten - Was ein Ferkel wert sein muss

Lesezeit: 6 Minuten

Dass die aktuellen Ferkelpreise kaum die Kosten decken, steht fest. Doch wie hoch sind die Vollkosten wirklich, und wovon hängen sie ab? Wir haben nachgerechnet.


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Die Ferkelerzeuger gehen seit einigen Monaten durchs Tal der Tränen. Preise oberhalb der 50 € für ein 28-kg-Ferkel haben sie schon lange nicht mehr gesehen. Gerade in solchen Niedrigpreisphasen ist es hilfreich, wenn man seine Kosten genauer ausrechnet und überlegt, ob sich Ausgaben einsparen lassen.


Viele Landwirte geben sich dabei damit zufrieden, zunächst nur ihre Direktkosten zu bestimmen. Diese ziehen sie dann von ihren Erlösen ab und gelangen so zur „Direktkostenfreien Leistung“. Wer überlegt, bis zu welcher Schmerzgrenze er die aktuellen Ferkelpreise kurz- bis mittelfristig durchhalten kann, für den ist die Direktkostenfreie Leistung auch das richtige Mittel.


Wer aber wissen will, ob er auch langfristig weiter Ferkel erzeugen kann und weiter in den Betriebszweig investieren sollte, der kommt an einer soliden Vollkostenrechnung nicht vorbei. Denn langfristig müssen Betriebsleiter nicht nur ihre laufenden Kosten decken, sondern auch ihre Arbeit angemessen entlohnen sowie Abschreibungen und eine Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaften.


Im Alltag stellen sich viele Sauenhalter die Frage: Wo liegen meine größten Kostentreiber und wo kann ich am ehesten sparen? Geht es darum, beim Futter möglichst effizient zu wirtschaften? Oder sind die Tierarztkosten oder der Stromverbrauch ausschlaggebender?


Gibt es ein Nord-Süd-Gefälle?

Am besten lässt sich das im Direktvergleich zweier unterschiedlicher Betriebe ermitteln. Wir haben dazu die Vollkosten der Ferkelerzeugung zweier fiktiver, für ihre Region typische Familienbetriebe gegenübergestellt (siehe Übersicht 1). Der eine, Nils Hagenbrock (Name frei erfunden), wirtschaftet in einer viehstarken Region Norddeutschlands und hält 350 Sauen. Der andere, Franz Schmidt (ebenfalls erfunden), dreht mit 210 Sauen ein kleineres Rad in einer nicht ganz so viehdichten Region Süddeutschlands. Die Zahlen haben wir ­realen Betriebszweigabrechnungen aus der jeweiligen Region entnommen, dann aber an die Betriebsstrukturen von Hagenbrock und Schmidt angepasst. Beide führen Familienbetriebe, und beide leben im Vollerwerb hauptsächlich von ihren Sauen.


Um auch weiterhin von der Sauenhaltung leben zu können, hat Hagenbrock im Jahr 2010 neu in einen Stall mit 350 Sauenplätzen investiert. Im verkürzten Drei-Wochenrhythmus verkauft er nun 27 Ferkel pro Sau und Jahr. Für jeden Sauenplatz hat er 4 500 € ausgegeben. Um diese Investition stemmen zu können, musste er sich 70 % des Kapitals von der Bank leihen. Allein die Zinsen, die er dafür bezahlen muss, summieren sich auf über 2,30 € pro verkauftem Ferkel (siehe Übersicht 2).


Der teuerste Posten in seiner Rechnung ist aber das Futter. Knapp 30 € pro verkauftem Ferkel muss er für Sauen- und Ferkelfutter ausgeben. Bestandsergänzung, Tierarzt, Besamung und Energie schlagen mit weiteren ca. 16 € zu Buche. Weil Hagenbrock in einer viehdichten Region lebt und wirtschaftet, muss er außerdem für die Gülleverwertung bezahlen. Jede seiner Sauen produziert pro Jahr 7 Kubikmeter Gülle – macht insgesamt knapp 2 500 Kubikmeter. Davon kann er knapp 1 300 Kubikmeter auf seinen eigenen 50 Hektar verteilen. Den Rest muss er über die Nährstoffbörse abgeben und dafür derzeit 12 € pro Kubikmeter löhnen. Insgesamt kostet ihn die Gülleverwertung daher 1,50 € pro Ferkel.


Beim Stallbau hat er auf eine arbeitsfreundliche Anordnung Wert gelegt. So muss er pro Sau und Jahr 12 Stunden arbeiten. Will er an seiner Arbeit 15 € pro Stunde verdienen, kommt er auf einen Lohnansatz von knapp 7 € pro Ferkel. Einen weiteren großen Kostenblock stellen die Abschreibungen, Zinskosten sowie der Zinsansatz für das Eigenkapital dar. Diese summieren sich bei ihm auf 14,50 € pro Ferkel.


Jenseits der 60 Euro:

Wenn Hagenbrock von all den Kosten noch die Nebenerlöse aus dem Altsauenverkauf abzieht, kommt er auf einen vollkostendeckenden Ferkelpreis von 66 €.


Bei Franz Schmidt sieht die Rechnung anders aus. Er wirtschaftet im Drei-Wochenrhythmus und erzeugt dabei zwei Ferkel weniger pro Sau und Jahr als Hagenbrock. Deswegen muss er pro Ferkel einen Euro mehr an Sauenfutter aufwenden. Dafür kann er die Gülle fast vollständig auf seinem Betrieb ausbringen und gibt für die Gülleverwertung ca. einen Euro weniger aus als Hagenbrock. Bei den Direktkosten liegen die beiden Landwirte daher unterm Strich fast gleichauf.


Arbeit und Investitionen teuer:

Bei Schmidt fällt allerdings mehr Arbeit an: Weil sein Stall etwas verwinkelter ist als der von Hagenbrock, muss er längere Strecken zurücklegen und pro Sau insgesamt zwei Stunden pro Jahr länger arbeiten. Weil jede seiner Sauen aufgrund der längeren Säugezeit außerdem weniger Ferkel wirft, hat er pro Ferkel fast zwei Euro mehr Arbeitskosten.


Wesentlich günstiger ist er dafür im Bereich sonstige Festkosten. Weil die Technik seiner Innenwirtschaft ihre geplante Lebensdauer bereits überschritten hat, muss er hierfür keine Abschreibungen oder Zinsen mehr ansetzen – ein Vorteil von fast sieben Euro pro Ferkel gegenüber Hagenbrock. Dafür konnte er beim Stallbau noch nicht damit rechnen, dass einmal die Gruppenhaltung für tragende Sauen vorgeschrieben werden würde. Schmidt musste deswegen 400 € pro Sauenplatz in den Umbau investieren – und nun 1,70 € pro Ferkel für Abschreibung und Zinsen einspielen.


Das Ergebnis: Um seine Vollkosten zu decken, muss Schmidt mindestens 63 € für ein 28-kg-Ferkel bekommen. Das sind drei Euro weniger als bei Hagenbrock. Das könnte sich aber schnell ändern, wenn Schmidt bald in seine alternde Technik investieren muss. Umgekehrt könnten Hagenbrocks Ferkel künftig weniger Kosten verschlingen, wenn er seine Technik über die Abschreibedauer hinaus nutzen kann.


Der Vergleich zwischen Hagenbrock und Schmidt zeigt: Typische Standortfaktoren, welche für einen großen Kostenunterschied zwischen Nord- und Süddeutschland verantwortlich sind, scheint es nicht zu geben. Der Hauptunterschied liegt vielmehr in den Arbeitskosten sowie in den Kosten für Investitionen – also Abschreibungen, Zinsen und Zinsansätze. Gerade diese Positionen werden bei der Berechnung der Direktkostenfreien Leistung aber nicht berücksichtigt – ein Punktsieg für die Vollkostenrechnung. Außerdem zeigt der Vergleich, wie stark einzelbetriebliche Gegebenheiten die Vollkosten beeinflussen. Deswegen können Durchschnittswerte eine eigenständige Berechnung nicht ersetzen.


Wo sparen?

Aber auch bei den Direktkosten gibt es Unterschiede: Zahlen aus Betriebszweigauswertungen in Baden- Württemberg zeigen, dass die erfolgreichsten 25 % der Betriebe im Vergleich zu den am wenigsten erfolgreichen 25 % nicht nur mehr Ferkel pro Sau und Jahr verkaufen, sondern auch ihre Futterkosten pro Sau besser im Griff haben (siehe Übersicht 3). So haben die erfolgreicheren Betriebe fast drei Euro weniger pro Dezitonne Futter gezahlt. Allein durch die günstigeren Futterpreise sparen diese Betriebe fast einen Euro pro Ferkel. Das liegt zum einen daran, dass sie i. d. R. größer sind und somit eine bessere Verhandlungsposition beim Futterkauf haben. Zum anderen setzen sie aber auch auf günstigere Futtermittel. Rechnet man hinzu, dass diese Betriebe auch vier Ferkel mehr pro Sau und Jahr verkaufen, so beträgt der Unterschied in den Futterkosten knapp sieben Euro pro Ferkel. Zahlen aus NRW sehen ähnlich aus. Weitere eklatante Unterschiede zwischen den Betrieben finden sich sowohl im Norden als auch im Süden bei den Wasser- und Energiekosten. In Baden-Württemberg macht das zwischen dem besten und dem letzten Viertel fast zwei Euro aus. Fachleute nennen als Ursache vor allem stromfressende Lüfter und Wärmelampen. Auch die Abwärmenutzung aus Biogasanlagen bietet Kostenvorteile.

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