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Transportarbeiten: Gewerblich oder nicht?

Lesezeit: 8 Minuten

Ob Silomais für die Biogasanlage oder Erde für den Bauunternehmer: Transportarbeiten durch Landwirte werden schnell gewerblich. Das hat viele teure Nachteile.


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Silomais oder Gülle anliefern, Gärreste wieder abholen: Wer mit dem Schlepper für Biogasanlagen auf der Straße im Transporteinsatz ist, sollte wissen, was er tut. Denn die meisten Biogasanlagen sind gewerblich, womit auch alle von ihr beauftragten und bezahlten Transporte gewerblich sind.


„Gefährlich“ wird es auch bei anderen gewerblichen Aufträgen wie z. B. dem Abtransport von Muttererde für den Bauunternehmer. Denn mit der „Gewerblichkeit“ entfallen zahlreiche landwirtschaftliche Sonderregelungen im Straßenverkehr, Umsatzsteuerpflicht entsteht und bei Personengesellschaften wie einer GbR oder KG kann es zur gefürchteten „Abfärbung“ kommen. Wir haben Steuer- und Verkehrsrechtsexperten zu den geltenden Grenzen befragt.


Was droht?

Rein landwirtschaftliche Transporte genießen viele günstige Ausnahmeregelungen. Diese entfallen oder sind an besondere Voraussetzungen geknüpft, sobald ein gewerblicher Auftraggeber den Transport bezahlt. Die Folgen:


  • Haftpflichtversicherung: Erkundigen Sie sich bei Ihrem Versicherer, ob die gewerbliche Nutzung mit der laufenden Kfz-Haftpflicht abgedeckt ist.
  • Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG): Dieses Gesetz ordnet die geschäftsmäßige oder entgeltliche Beförderung von Gütern. Es greift nicht für Landwirte, die eigene land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse transportieren oder unbezahlte Nachbarschaftshilfe leisten. Ebenso befreit sind Beförderungen im Rahmen eines Maschinenring e. V. oder eines vergleichbaren wirtschaftlichen Zusammenschlusses. Zulässig sind nur steuerbefreite Zugmaschinen (Traktor und Anhänger mit grüner Nummer) bei Beförderungen im Umkreis von 75 km um den Betriebssitz.


Der Lohnunternehmer ist auch vom GüKG befreit, wenn die Beförderung im engen zeitlichen Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Arbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe steht, wie z. B. bei der Ernte und Abfuhr der Mais­ernte.


Greifen diese Ausnahmen nicht und bezahlt der gewerbliche Betrieb den Transport direkt, so kommt das GüKG voll zum Tragen und eine Erlaubnis für den gewerblichen Güterverkehr ist erforderlich! Die Anforderungen:


  • Sie benötigen einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister und ein polizeiliches Führungszeugnis.
  • Die vorgeschriebene fachliche Eignung können Sie sich in Schulungen selbst aneignen oder der Betrieb muss einen „Verkehrsleiter“ einstellen.
  • Per Jahresabschluss wird die finanzielle Leistungsfähigkeit geprüft. Für das erste Fahrzeug müssen Sie mindestens 9 000 €, für jedes weitere 5 000 € Eigenkapital bereitstellen.
  • Das GüKG schreibt eine Güterschaden-Haftpflichtversicherung vor, die z. B. Schäden am Transportgut bei Unfällen zahlt. Die Bestätigung über die Versicherung ist mitzuführen.


Wird die Güterkraftverkehrs-Genehmigung bewilligt, muss jedes Fahrzeug diese in Kopie mitführen. Was viele nicht wissen: Der Auftraggeber ist dafür verantwortlich, die Vorschriften einzuhalten. Das bedeutet, dass sich zum Beispiel der Biogasanlagenbetreiber die GüKG-Erlaubnis und die Güterschadenhaftpflichtversicherung zeigen lassen muss.


Zusätzlich zur Erlaubnis brauchen Sie als gewerblicher Transporteur über 40 km/h bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit ein EU-Kontrollgerät zur Überprüfung der Lenk- und Ruhezeiten.


Auch hier gibt es Ausnahmen: Landwirte und Lohnunternehmer, die z. B. mit dem 50 km/h-Schlepper für landwirtschaftliche Betriebe unterwegs sind, dürfen ohne Kontrollgerät im Umkreis von 100 km rund um den Betrieb unterwegs sein. Landwirte dürfen im Umkreis von 100 km auch einen Lkw ohne Kontrollgerät fahren, Lohnunternehmer jedoch nicht. Der zulässige Umkreis erhöht sich für alle Fahrzeuge auf 250 km, wenn Sie Gülle fahren. Befreit vom Kontrollgerät sind auch Fahrzeuge zur Unterhaltung und Reinigung von Straßen inklusive Winterdienst sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen wie z.B. Mähdrescher und Häcksler.


  • Führerschein: Verpflichtend für gewerbliche Transporte ist eigentlich der Führerschein CE mit Berufskraftfahrerqualifikation. Aber: Beim Transport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die aufgrund des Besitzers als gewerblich eingestuft sind, wie z. B. Silomais, Gülle und Gärrest für eine Biogasanlage, reichen die landwirtschaftlichen Führerscheinklassen L und T. Es kommt also strikt auf die Ladung an: Sobald Sie z. B. für einen Bauunternehmer Erde abtransportieren, die nicht für Ihren landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt ist, brauchen Sie den Führerschein CE und zwar egal, wie schnell Sie unterwegs sind! Wer einen 50 km/h Traktor fährt, braucht zusätzlich zum Führerschein CE die Berufskraftfahrerqualifikation.
  • Zulassung bzw. TÜV: Für gewerbliche Transporte dürfen Sie in keinem Fall die zulassungsfreien Anhänger bis 25 km/h einsetzen! Anhänger müssen zugelassen sein, sie sind Kfz-steuerpflichtig und müssen zum TÜV. Zugmaschinen über 7,5 t und über 40 km/h müssen zudem jährlich zur Hauptuntersuchung und halbjährlich zur Sicherheitsüberprüfung (SP).
  • Agrardieselerstattung: Für den Dieselverbrauch bei gewerblichen Transporten gibt es keine Erstattung der Mineralölsteuer. Im Agrardiesel-Antrag müssen Sie das Feld „Ich beliefere die Biogasanlage eines Dritten mit Biomasse“ ankreuzen. Das gilt auch, wenn Sie der Betreiber oder beteiligt an der Biogasanlage sind, es sich aber um eine andere Rechtsperson handelt.
  • Kfz-Steuer: Fahrzeuge im land- und forstwirtschaftlichen (luf) Einsatz sind von der Kfz-Steuer befreit und tragen ein grünes Kennzeichen. Sind Traktoren und Anhänger vorübergehend im gewerblichen Einsatz, müssen Sie diese für die Einsatzdauer versteuern, mindestens für einen Monat. Hier besteht Anzeigepflicht bei Ihrem Hauptzollamt. Bei gelegentlichen Einsätzen kann die grüne Nummer bleiben. Nur wer dauerhaft gewerblich und damit Kfz-steuerpflichtig unterwegs ist, bekommt ein schwarzes Kennzeichen. Ein Schlepper kostet grob etwa 500 bis 800 € Kfz-Steuer im Jahr, maßgeblich ist dabei u. a. das Gewicht. Die Anhänger sind bei gewerblichen Transporten ebenfalls Kfz-steuerpflichtig. Der Steuerbetrag richtet sich nach dem Gewicht, grob ist mit 100 bis 150 € zu rechnen.
  • Umsatzsteuer: Für die Transportdienstleistung zur Biogasanlage fällt ab dem ersten Meter 19 % Umsatzsteuer an. Auch pauschalierende Landwirte, die sonst nichts mit der Umsatzsteuer zu tun haben, müssen diese an das Finanzamt abführen.
  • Einkommensteuer: Landwirtschaftliche Betriebe „wachsen“ in die Gewerblichkeit hinein, wenn die Erträge über drei Jahre mehr als ein Drittel des Umsatzes oder mehr als 51 500 € betragen. Ab dem vierten Jahr sind die gewerblichen Einkünfte dann auch gewerblich zu versteuern.


Anderes gilt, wenn Sie sich einen Lkw zulegen, der von vorneherein für den gewerblichen Transport gedacht ist. In diesem Fall müssen Sie sofort einen Gewerbebetrieb neben der Landwirtschaft eröffnen. Das bedeutet eine eigene Buchführung, Bilanz und Gewerbesteuererklärung für diesen Betrieb. Aufpassen müssen Personengesellschaften wie GbRs: Sie dürfen nur eine Einkunftsart haben. Bei nachhaltigem Überschreiten der Grenzen für gewerbliche Nebeneinkünfte kippt der Betrieb insgesamt ins Gewerbe.


Verschärfte Kontrollen:

Bei Kontrollen ist nicht nur die Polizei unterwegs, zusätzlich kontrollieren das Bundesamt für Güterverkehr und das Hauptzollamt, das seit 2014 für die Kfz-Steuer zuständig ist. Auch die Kontrolleure haben dazugelernt: Mit der bloßen Auskunft des Fahrers, dass er für einen landwirtschaftlichen Betrieb unterwegs ist, gibt sich längst nicht mehr jeder zufrieden. Zunehmend haken die Behörden detailliert nach, wer der Auftraggeber ist und wollen die zugrunde liegenden Lieferverträge sehen. Fehlen diese, wird teilweise haarklein recherchiert, ob die Angaben der Fahrer stimmen.


Steuerliche „Unstimmigkeiten“ fliegen oft bei Betriebsprüfungen auf. Dabei steht schnell der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum.


Lieferverträge prüfen!

Der Liefervertrag mit der Biogasanlage legt fest, ob ein Transport gewerblich ist. Dazu ein Beispiel: Eine gewerbliche Biogasanlage kauft Silomais „ab Feld“ und beauftragt einen Landwirt mit dem Transport des Maises vom Feld des Verkäufers zur Siloplatte der Biogasanlage. Folge: Die Beförderungsleistung beginnt in einem luf-Betrieb, erfolgt aber nicht im Namen und auf Rechnung des Landwirts und ist daher gewerblich. Anders sähe die Lage aus, wenn die Biogasanlage „frei Platte“ kauft. Dann kann der Landwirt zu „landwirtschaftlichen Bedingungen“ transportieren.


Überlegen Sie sich genau, was zu Ihrem Betrieb passt. Neben den vielen Auflagen im gewerblichen Bereich spielt die Steuer eine wichtige Rolle. Ein Beispiel sind pauschalierende Betriebe, die nicht selbst häckseln. Verkauft ein pauschalierender Landwirt Silomais an eine gewerbliche Biogasanlage und vereinbart im Vertrag „frei Biogasanlage“, kann er zwar die landwirtschaftlichen Sonderregelungen nutzen und selbst den Silomais zur Anlage transportieren, ohne gewerblich unterwegs zu sein. Allerdings verschenkt er die Umsatzsteuer, die der Lohnunternehmer für das Häckseln in Rechnung stellt.


In Lieferverträgen wird deshalb zunehmend „ab Halm“ vereinbart. Auch wollen sich viele Biogasanlagen die Ernteabstimmung mit den liefernden Landwirten sparen und sind lieber mit der eigenen Häckselkette unterwegs.


Übrigens: Die Problematik mit der Vereinbarung des Lieferortes und den gewerblichen Konsequenzen gilt genauso für Gülle- bzw. Gärresttransporte. Allgemein wenig bekannt ist zudem, dass die Lieferung oder Abnahme von Biomasse, Gärrest usw. immer wie „zwischen Dritten“ abzurechnen ist. Auch wenn Sie als Landwirt an eine Biogasanlage liefern, an der Sie beteiligt sind, müssen Sie Rechnungen schreiben. Sonst besteht die Gefahr, dass im Rahmen von Betriebsprüfungen ertrags- und umsatzsteuerliche Probleme auftauchen, die nachträglich durch Gestaltung nicht mehr abzuwenden sind.

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