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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Wann rechnet sich der Pflugverzicht?

Lesezeit: 11 Minuten

Sinkende Preise und steigende Auflagen kratzen schon seit Jahren an der Wirtschaftlichkeit im Ackerbau. Jetzt will die Politik auch noch an die Prämien (z.B. Modulation). Landwirte können auf diese Entwicklung nur reagieren, wenn sie die Produktionskosten weiter senken. Doch scheint vielerorts das Ende der Fahnenstange schon erreicht. Pflanzenschutzund Düngemitteleinsatz sind bereits deutlich reduziert, und die Technik wird immer größer und damit schlagkräftiger. An welchen Schrauben können Ackerbauern denn überhaupt noch drehen? Hierbei gerät immer häufiger der Pflug ins Blickfeld: Pflügen kostet viel Zeit und verursacht einen hohen Verschleiß. Und immer mehr Praktiker bestätigen, dass man in der Fruchtfolge ab und zu oder sogar vollständig auf den Pflug verzichten kann, ohne dass sich Ertrag und Qualität (mindestens so wichtig wie die Kosten) verschlechtern. Aber: Die Management-Anforderungen im Ackerbau steigen und damit auch das Risiko, Fehler zu machen. Für wen lohnt also der Verzicht auf den Pflug? Um wie viel Euro pro ha lassen sich dadurch die Produktionskosten überhaupt senken? Rechnet sich der Schritt auch noch, wenn zusätzlich in Technik investiert werden muss? Nur wenige Landwirte überlegen, von heute auf morgen völlig auf den Pflug zu verzichten. Viele Betriebe entscheiden sich für den schrittweisen Einstieg, indem sie nicht mehr zu jeder Frucht den Pflug einsetzen. Hat sich diese Maßnahme bewährt, probieren sie den weitergehenden Pflugverzicht aus. Anhand von vier Beispielsbetrieben haben wir berechnet, mit welchen Einsparungen man bei einem teilweisen oder vollständigen Verzicht auf den Pflug rechnen kann: Sauenhalter Huber (250 Sauen) bewirtschaftet 50 ha auf leichten Böden mit der Fruchtfolge Körnermais, Winterweizen und Wintergerste (plus Zwischenfrucht). Seine Maschinen sind nur wenig ausgelastet und seine Kosten dadurch recht hoch. Ackerbauer Reimann bewirtschaftet 150 ha. Die Fruchtfolge auf seinen schweren Böden besteht aus Raps, Winterweizen und Wintergerste. Zeitlich eng wird es in seinem Betrieb vor allem im Spätsommer, wenn Raps und Gerste gesät werden müssen. Milchviehhalter Lüders (80 Kühe) hat 150 ha, davon allerdings 50 ha Grünland. Neben Silomais baut er auf seinen Ackerflächen Weizen und Wintergerste (plus Zwischenfrucht) an. Sein Kollege Borres betreibt intensiven Ackerbau auf insgesamt 450 ha. Auf den überwiegend schweren Böden werden Zuckerrüben, Weizen, Stoppelweizen und Wintergerste (plus Zwischenfrucht) angebaut. Er besitzt zwei große Ackerschlepper (jeweils mit Pflug) und setzt eine Fremd-AK als Schlepperfahrer ein. Eines vorweg: Natürlich lassen sich die Möglichkeiten der Kostensenkung am besten bei größeren Ackerbaubetrieben darstellen. Der Einspareffekt gilt aber auch für Betriebe mit weniger umfangreicher Flächenausstattung. Allerdings setzen diese verstärkt auf Gebrauchtmaschinen und kompensieren so teilweise die geringere Auslastung. Die Kalkulation möglicher Einsparungen durch den Pflugverzicht wird dadurch aber um so komplizierter. In Übersicht 1 (Seite 28) haben wir die Arbeits- und Maschinenkosten (variable und feste Kosten) der vier Beispielsbetriebe dargestellt. Bei der Kalkulation sind wir der Vergleichbarkeit wegen von Maschinenneuwerten ausgegangen und haben für die eingesetzte Arbeitszeit einen Lohnanspruch von 15 E pro Stunde angesetzt. Die weiteren Berechnungen zeigen nun, wie sich Arbeitszeitbedarf und Gesamtkosten verändern, wenn die Betriebe zunehmend auf den Pflug verzichten. Pflugverzicht zu Weizen nach Mais oder Zuckerrüben Im ersten Schritt verzichten alle Betriebe vor der Weizenausat, also nach Mais oder Zuckerrüben, auf den Pflug. Der Veredlungsbetrieb Huber setzt auf seinem leichten Boden stattdessen einmal mehr den Grubber ein. Er rüstet außerdem, ebenso wie der Milchviehbetrieb Lüders, seine Sämaschine mit Scheibenscharen (2 000 E) aus. Der Großbetrieb Borres setzt nach Zuckerrüben anstelle des Pfluges die Scheibenegge einmal mehr ein. Die Einsparungen reichen bei unseren Beispielsbetrieben von 385 bis 4 800 E pro Jahr. Gerade für Sauenhalter Huber ist der Verzicht auf den Pflug vor Weizen wirtschaftlich gesehen fast unbedeutend. Er spart gut 300 Liter Diesel und insgesamt 16 Arbeitsstunden pro Jahr. Gleichzeitig muss er die Investition in die Scheibenschare der Sämaschine umlegen. Da die eingesparte Arbeitszeit bei ihm nicht unmittelbar zu geringeren Ausgaben führt, bleibt ihm eine Einsparung von gerade noch 145 E. Dagegen macht sich die Einsparung bei den anderen Betrieben schon deutlich bemerkbar. Lüders (150 ha) kann die Kosten in seinem Milchviehbetrieb um 1 700 E pro Jahr senken. Er verbraucht knapp 1 000 Liter weniger Diesel und kommt im Ackerbau mit fast 50 Arbeitsstunden weniger aus. Rapsanbauer Reimann kommt sogar auf 3 400 E Einsparungen, da er vor der Weizensaat auf einen zusätzlichen GrubberGang verzichten kann. Damit sinkt sein Aufwand um 60 Arbeitsstunden und 1 500 Liter Diesel. Für Borres, der auf seinen 450 ha auch 113 ha Zuckerrüben anbaut, ergeben sich Einsparungen von jährlich 4 800 E, obwohl durch die vierfeldrige Fruchtfolge nur 25% der Flächen pfluglos bewirtschaftet werden. Er benötigt 100 Arbeitsstunden weniger und kann dadurch die Kosten für den Schlepperfahrer rein rechnerisch um 1 500 E senken. In etwa gleicher Höhe fällt die Einsparung beim Diesel aus. Ein weiterer Vorteil für alle Betriebe: Durch die höhere Schlagkraft des Grubbers im Vergleich zum Pflug kommt der Weizen im Herbst schneller in die Erde. Wenn allerdings schon die Mais- oder Zuckerrübenernte bei schlechtem Wetter erfolgte und der Boden stark zerfahren wurde, kann es sinnvoll sein, ausnahmsweise wieder den Pflug einzusetzen. Als nächsten Schritt haben wir in den Beispielsbetrieben vor Mais, Raps und Zuckerrüben auf den Pflug verzichtet. Das hat allerdings Folgen für die Sätechnik. Bei Mais und Rüben haben wir eine Mulchsaat-Ausstattung berücksichtigt. Mehr als die Hälfte pfluglos Der Einspareffekt durch den weitergehenden Pflugverzicht fällt aber mindestens so hoch aus wie im ersten Schritt, häufig sogar höher. Selbst für den 50 ha-Betrieb von Landwirt Huber sinken die Arbeitsund Maschinenkosten um 1 200 E im Vergleich zum vollständigen Pflugeinsatz. Mehr als das zehnfache davon (13 437 E) spart der Betrieb Borres, wenn er auf seinen 450 ha nur noch zu 50% der Fruchtfolge den Pflug einsetzt. Die Beispielsrechnungen zeigen, dass Sauenhalter Huber alleine knapp 500 E weniger für Diesel ausgeben muss. Allerdings wird der Lohnunternehmer, der bei ihm den Mais legt, sicherlich einen Zuschlag für die aufwändigere Mulchsatechnik verlangen. Bei 10 E/ha sind das Mehrausgaben von knapp 170 E. Insgesamt entfällt die Hälfte der Einsparung (615 E) auf den geringeren Arbeitsaufwand. Anders sieht es für den Futterbaubetrieb von Lüders aus. Dessen Produktionskosten sinken um knapp 3 300 E, das sind 33 E pro ha Ackerland. Davon entfallen 1 200 E auf den geringeren Diesel-Verbrauch und 1 440 E auf die eingesparte Arbeitszeit. Zieht man den Mehraufwand für das Mais-Legen (Mulchsaatausrüstung) von insgesamt 500 E noch ab, zeigt sich, dass durch den verringerten Einsatz der Maschinen zusätzlich rund 660 E pro Jahr gespart werden. Deutlich größer fällt der Einspareffekt mit 6 860 E auf dem 150 ha-Betrieb von Reimann aus. Auf seinen schweren Böden kommt er durch den umfassenden Pflugverzicht mit fast 30% weniger Diesel aus (-1 800 E). Allerdings muss er jetzt seine Sämaschine mit Scheibenscharen ausstatten. Das führt zu Investitionen von rund 2 000 E. Die Einsparungen bei Schlepper und Pflug fallen aber deutlich höher aus. Wichtiger ist für ihn allerdings, dass er die knappen Feldarbeitstage im Sommer besser nutzen kann, wenn nach der Weizenernte Raps und Wintergerste gesät werden müssen. Da Ackerbauer Borres jährlich nur noch 50% der Fläche pflügen muss, kann er einen Pflug samt Packer verkaufen. Ebenso ersetzt die Scheibenegge auf seinen Betrieb dann auch eine Saatbettkombination (vor Zuckerrüben). Investieren muss der Zuckerrüben-Profi allerdings in ein Einzelkornsägerät, das für die Mulchsaat geeignet ist (+ 6 000 E). Insgesamt sinken seine Arbeits- und Maschinenkosten dann um 13 437 E, davon entfallen auf Diesel und Arbeitskosten je etwa 3 500 E. Sollte Borres in seiner vierfeldrigen Fruchtfolge auch noch den Stoppelweizen pfluglos in die Erde bringen (75% pfluglos), kann er mit Einsparungen von insgesamt fast 22 000 E rechnen. Wenn völlig auf den Pflug verzichtet wird Was bringt letztlich der radikale Pflugverzicht? Zunächst kann in allen vier Beispielsbetrieben die Maschinenausstattung um den Pflug samt Packer vermindert werden. Außerdem stellt sich die Frage, ob der größere Ackerschlepper in der bisherigen PS-Klasse noch notwendig ist. Zumindest der 450 ha-Ackerbaubetrieb kommt auf jeden Fall mit einem 160 PSSchlepper weniger aus. Durch diesen letzten Schritt wird in den Beispielsbetrieben dann auch vor Wintergerste ohne Pflug gearbeitet. Allerdings dürfte hierdurch eine zusätzliche Herbizidbehandlung notwendig sein, die wir bei allen Betrieben berücksichtigt haben. Für den 50 ha-Betrieb sind die finanziellen Auswirkungen immer noch relativ moderat. Zwar gehen seine Einsparungen von jährlich gut 3 600 E über den verminderten Dieselverbrauch (-770 E) und die eingesparten Arbeitsstunden (-945 E) hinaus. Doch ergibt sich für ihn ein viel größerer Einspareffekt, wenn er dann die komplette Grundbodenbearbeitung an einen Lohnunternehmer oder einen Nachbarn abgibt. Folge: Landwirt Huber kann auf einen Teil seiner Maschinen verzichten und mit einem Pflegeschlepper noch Spritzen, Düngen und den Abtransport des Getreides übernehmen. Statt bisher über 300 Arbeitsstunden benötigt er dann nur noch gut 100 Stunden im Ackerbau. Dadurch erreicht er eine Kosteneinsparung von insgesamt 12 000 E bzw. 240 E pro ha. Durch diese Einsparung kann er bei den Arbeitserledigungskosten auch mit den größeren Betrieben konkurrieren. Der völlige Pflugverzicht führt bei den übrigen Betrieben zu einer beträchtlichen Kostensenkung. Im Vergleich zum Pflugeinsatz zu allen Früchten rangiert das Einsparpotenzial bei den Arbeits- und Maschinenkosten zwischen 6 und 19 %: Im 150 ha-Betrieb von Rapserzeuger Reimann sinken die Kosten um knapp 1 400 E bzw. 92 E pro ha. Er benötigt 4 400 Liter weniger Diesel (-2 640 E) und kommt mit 175 Arbeitsstunden weniger im Ackerbau aus (-2 625 E). Außerdem bekommt er zeitlich mehr Luft im Sommer, wenn nach der Ernte die Ausat von Raps und Wintergerste vorbereitet werden muss (siehe dazu Übersicht 2 auf Seite 30). Milchviehhalter Lüders kann durch den Pflugverzicht seine Kosten im Ackerbzw. Futterbau um gut 6 500 E pro Jahr senken. Wichtig ist für ihn auch die betriebliche Arbeitsentlastung um insgesamt 136 Sunden. Den größten Einspareffekt verzeichnet der Betrieb Borres mit seinen 450 ha. Seine jährlichen Kosten sinken um fast 50 000 E (-19 %), das sind 111 E/ha. Neben der Einsparung hilft ihm auch die größere Schlagkraft der pfluglosen Mechanisierung. Trotz hoher Auslastung kommt er bei ungünstiger Witterung nicht so schnell in Bedrängnis. Pfluglos: Mehr als nur Kosteneinsparung Die Betrachtung der Arbeits- und Maschinenkosten reicht natürlich nicht aus, um eine umfassende Bewertung des völligen oder teilweisen Pflugverzichts vorzunehmen. Mögliche Ertrags- oder Qualitätseinbußen bei den Ackerfrüchten können die Kosteneinsparung schnell wieder auffressen. Die meisten Fachleute gehen mittlerweile davon aus, dass sich der pfluglose Anbau langfristig nicht negativ auf das Ertragsniveau im Ackerbau auswirkt. Allerdings steigen die Anforderungen an das Management. Und das heißt: Es steigt das Risiko, Fehler zu machen. Weit verbreitet ist der teilweise Verzicht auf den Pflug zu einzelnen Früchten. Diese Betriebe, das zeigen die Auswertungen der Beratungsringe, haben auch meist die höchsten Erträge. Das Risiko, ackerbauliche Fehler zu machen, ist in solchen Betrieben nicht so hoch, da ja noch der Pflug in der Hinterhand steckt. Wer aber völlig auf den Pflug verzichtet, um z.B. die Vorteile der sich ändernden Bodenstruktur zu nutzen, darf sich keinen Fehler mehr erlauben. Andererseits bringt häufig erst der völlige Verzicht auf den Pflug die Realisierung sämtlicher Einsparpotenziale. Diese ergeben sich aus der Umstellung der Betriebsorganisation. Neben einer Verschlankung der Arbeitsund Maschinenausstattung ändern die Betriebe häufig auch die Fruchtfolge. Mehr Blattfrüchte, vor allem Leguminosen, und der verstärkte Einsatz von Zwischenfrüchten dienen der Stabilisierung der Bodenstruktur. Auch lässt sich dadurch die Fusarium-Gefahr senken. Die wichtigsten pflanzenbaulichen Fragen rund um das Thema Pflugloser Ackerbau werden wir in der März- und April-Ausgabe der top agrar ausführlich behandeln. Im nächsten Heft lesen Sie, welche Technik für den pfluglosen Ackerbau geeignet ist. Wir halten fest: Die hier vorgestellten Kalkulationen zeigen, für welche Betriebe der Pflugverzicht nennenswerte Einsparungen im Bereich der Arbeits- und Maschinenkosten bringen kann: In allen Betrieben wird der große Schlepper bei pflugloser Bewirtschaftung deutlich weniger beansprucht. Unter anderem werden bis zu 30 % weniger Diesel verbraucht. Der Einspareffekt ist auf den schweren Böden, wo die Maschinen stärker beansprucht werden, am größten. Durch den Verzicht auf den Pflug wird gut eine Arbeitsstunde je ha weniger benötigt. Allerdings kommt dieser Effekt finanziell nur zum Tragen, wenn tatsächlich Lohnzahlungen eingespart werden können oder die Arbeitszeit für wichtigere Tätigkeiten, z. B. im Stall, benötigt wird. Insgesamt fällt der Einspareffekt durch teilweise oder vollständig pfluglose Bewirtschaftung bei größeren Betrieben erheblich höher aus. Das gilt erst recht, wenn die Betriebsorganisation verschlankt werden kann, indem Schlepper oder Arbeitskräfte eingespart werden. Die Frage, ob es sinnvoll ist, auf den Pflug zu verzichten, hängt auch wesentlich vom Standort ab. Ein Vorteil besteht aber darin, das man die pfluglose Bewirtschaftung auf einzelnen Flächen probieren kann. So kann jeder selbst testen, ob diese Arbeitsweise auf seinen Betrieb und seinen Standort passt.

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