Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Was rechnet sich jetzt für Ihren Betrieb?

Lesezeit: 10 Minuten

Das neue Energiegesetz bringt vor allem drei Energieträger ins Gespräch: Biogas, Rapsöl und Holzgas. Wovon könnten Sie profitieren? Früher haben wir den Aufwuchs von Stilllegungsflächen für teures Geld mulchen müssen. Jetzt bauen wir dort Energiepflanzen an", berichtet ein Landwirt aus Süddeutschland, der in die Biogastechnik investieren will. Denn das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) schafft mit neuen Einspeisetarifen die Möglichkeit, aus Energiepflanzen jetzt rentabel Strom zu produzieren. Da das Gesetz bereits den Bundestag passiert hat, könnte es im Juni oder Juli in Kraft treten. Aus Sicht der Landwirte sind dabei besonders interessant: Die Vergärung zu Biogas, der Einsatz von Pflanzenöl, die Vergasung von Holz. Warum sich gerade diese Verfahren besonders eignen: Die Landwirte können die Rohstoffe auf eigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen produzieren und erhöhen damit die Wertschöpfung von bislang eher ungenutzten Flächen. Jedem Betrieb ist es selbst überlassen, welche Pflanzen er anbaut. Experten erwarten daher, dass zukünftig wieder verstärkt Fruchtfolge und Standortgegebenheiten den Anbau bestimmen und weniger markt- und förderpolitische Vorgaben. Aber auch das neue EEG macht diese Verfahren interessant. Dafür sorgt die neue Vergütungsstruktur in dem Gesetz (siehe Übersicht 1), die neben einer erhöhten Grundvergütung auch zwei neue Zuschläge vorsieht: Den Bonus für nachwachsende Rohstoffe (kurz: Nawaro- Bonus) und der Bonus bei gleichzeitiger Strom- und Wärmeerzeugung (kurz: KWK-Bonus). Bonus nur für spezielle Substrate Um den Nawaro-Bonus zu erhalten, sind neben Gülle und Mist folgende Stoffe zugelassen: Pflanzen oder Pflanzenbestandteile, die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben oder im Gartenbau anfallen, Landschaftspflegematerial, Schlempe aus landwirtschaftlichen Brennereien. Bedingung: Die Substanzen dürfen außer zur Ernte, Konservierung und Nutzung nicht weiter aufbereitet werden. Einzige Ausnahme bildet die Schlempe. Nach dieser Definition dürften also Reste aus der Getreideverarbeitung, schadhafte Getreidepartien oder auch Futterreste nicht unter den Nawaro-Begriff fallen. Wie genau dieser Passus ausgelegt wird und wie es kontrolliert werden soll, ist derzeit aber noch offen. Der Betreiber ist zumindest nach dem Gesetz verpflichtet, ein Betriebstagebuch über Art, Menge, Herkunft der eingesetzten Stoffe zu führen. Der KWK-Bonus wird gezahlt, wenn neben Strom gleichzeit auch Wärme produziert wird (Kraft-Wärme-Kopplung). Dieses ist in so genannten Blockheizkraftwerken (BHKW) möglich. Sowohl Biogas als auch Rapsöl und Holzgas können als Brennstoff in BHKW eingesetzt werden. Blockheizkraftwerke bestehen aus einem Verbrennungsmotor, der einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Gleichzeitig entsteht Motorabwärme, die über einen Wärmetauscher zu Heizzwecken genutzt werden kann. Das BHKW bietet also generell den Doppelnutzen, neben verkaufsfähigem Strom auch Wärme zu erzeugen, die im Betrieb fossile Energieträger wie Erdöl oder Erdgas ersetzt. Wer den KWK-Bonus erhalten will, muss laut Gesetz "geeignete Unterlagen des Herstellers vorlegen, aus denen die thermische und elektrische Leistung sowie die Stromkennzahl hervorgeht." Nach der Interpretation des Fachverbandes Biogas könnte der Teil der erzeugten Wärme, die nicht für den Prozess benötigt wird, über Wärmezähler nachgewiesen werden. Der Anreiz, diesen Bonus ebenfalls mitnehmen zu können, wird bei vielen Planungen jetzt eine mögliche Wärmenutzung noch stärker einbeziehen, erwarten die Fachleute. 1Biogas: Nur mit Energiepflanzen möglich Das größte Potenzial bei der Stromerzeugung in der Landwirtschaft sehen Experten im Bereich Biogas. Dabei lassen sich sowohl Wirtschaftsdünger wie Gülle und Mist, aber auch energiereiche Pflanzenmasse wie Mais, Gras, Rüben, Raps oder Getreide verwerten. Früher war es üblich, Gülle als pumpfähiges Grundsubstrat zu verwenden, die mit energiereicheren Stoffen wie Abfällen aus der Ernährungsindustrie oder in seltenen Fällen auch nur mit Energiepflanzen angereichert wurde. Das neue EEG, aber auch neue Hygienevorschriften sorgen dafür, dass die Abfallvergärung zukünftig nur Spezialisten vorbehalten bleiben wird. Für die Mehrzahl der Landwirte wird dagegen der Einsatz von Energiepflanzen in Frage kommen. Neueste Entwicklungen zeigen, dass Biogasanlagen auch ohne Gülle mit herkömmlicher Technik betrieben werden können (siehe dazu die Praxisreportagen ab S. 34). Um Ackerfläche und Silageraum möglichst effektiv zu nutzen, setzt sich der Zweitfruchtanbau immer mehr durch. Als Winterfrucht haben sich Getreide oder Raps bewährt, die im Frühjahr als Ganzpflanze einsiliert werden. Als Zweitfrucht steht auf den Flächen anschließend meistens Silomais. Drei Anlagen im Vergleich Wie sieht jetzt die Wirtschaftlichkeit von Biogas nach dem neuen EEG aus? Für einen ersten Überblick soll die Übersicht 2 dienen. Hier sind drei Varianten miteinander verglichen worden: Eine 150 kW-Anlage, die jeweils mit den Einspeisetarifen des alten und des neuen EEG kalkuliert wurde sowie eine 500- kW-Anlage. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde hier nur mit den Inputstoffen Gülle und Silomais gerechnet. Die spezifischen Investitionskosten je kW liegen in dem Beispiel bei 3 000 E für die 150-kW-Anlage und bei 2 600 E für die 500-kW-Anlage. Die Spanne dieser Investitionskosten umfasst in der Praxis allerdings 2 300 E bis 3 300 E. Bei der 150-kW-Anlage wird von einem Zündstrahl-Aggregat mit 33 % Wirkungsgrad ausgegangen. Im Leistungsbereich unter 200 kW sind diese auf herkömmlicher Dieselmotor-Basis gebauten Aggregate noch Standard. Allerdings schreibt das neue EEG vor, dass Anlagen bei Inbetriebnahme nach dem 31.12.2006 nur noch Biomasse bzw. Biodiesel verwenden dürfen. Zündstrahl-BHKW verwenden in der Praxis etwa 10 % Diesel als Stützfeuerung, um die Zündung im Motor zu ermöglichen. Als Alternative kommen Gas-Otto-Motoren zum Einsatz, die jetzt auch im Bereich unter 200 kW immer häufiger eingesetzt werden. Mit neuem EEG rechnen sich Energiepflanzen Die jährlichen Kosten der Anlage belaufen sich bei der 150-kW-Variante auf rund 83 300 E. Demgegenüber steht ein Stromertrag von 1,05 Mio kWh. Grundlage dafür ist eine Laufzeit des BHKW von 7000 Stunden jährlich. Dieses entspricht in vielen Fällen den Erfahrungen der Praktiker. Mit den noch geltenden Tarifen des alten EEG erhalten Betreiber 105 000 E jährlich. Abzüglich der Anlagenkosten bleibt zunächst ein Überschuss von 21 700 E. Von diesem Überschuss müssen jedoch die Kosten für Ernte und Lagerung der Biomasse sowie für die Ausbringung des Gärrestes abgezogen werden. Diese Kosten summieren sich auf 53 700 E. Eine Anlage dieser Größenordnung erfordert ca. 1,5 Stunden Arbeit täglich zum Befüllen und Warten der Anlage sowie der Ausbringung des Gärrestes. Im Jahr sind das also 600 Stunden. Werden diese Stunden in die Kalkulation eingerechnet, macht diese Anlage einen Verlust jährlich von fast 41 000 E. Ganz anders stellt sich die gleiche Anlage dar, wenn der neue Vergütungssatz von 11,5 Cent pro kWh als Grundvergütung und zusätzlich der Nawaro-Bonus kalkuliert wird. Unter diesen Voraussetzungen erwirtschaftet die Anlage einen Gewinn von 38 000 E jährlich. Bei der 500-kW-Anlage kommen Kostendegressionen auf Grund der Größe zustande. Außerdem entfallen die Zündöl- Kosten, weil in diesem Beispiel mit einem Gas-Motor-BHKW gerechnet wurde. Liegen die spezifischen Anlagekosten bei der 150-kW-Anlage noch bei 555 E je kW, kommt die 500-kW-Anlage auf nur 418 E. Bei einem Stromertrag von 3,5 Mio. kWh erzielt der Betreiber dieser Anlage einen Erlös von 556 000 E. Abzüglich der Anlagenkosten bleibt ein Überschuss von 347 000 E. Zieht man davon die Kosten für Substrat, Lagerung und Ausbringung ab und bringt 1 200 Stunden Arbeitszeit jährlich zum Ansatz, bleibt ein Gewinn von fast 162 000 E pro Jahr. Diese Kalkulation gibt lediglich einen Überblick. Auf jedem Betrieb stellt sich die Situation anders dar. Daher muss für eine seriöse Planung immer individuell kalkuliert werden. Veränderungen können sich genauso durch Kosten in der Genehmigung oder beim Netzanschluss ergeben wie z. B. auch durch zusätzliche Einkünfte, wenn mit der Motorabwärme Heizöl oder -gas ersetzt wird. Einzelne Bundesländer ermöglichen zusätzlich die Förderung von Biogasanlagen nach dem AFP-Programm oder anderen Förderprogrammen, was in der Kalkulation hier auch nicht berücksichtigt wurde. 2Pflanzenöl-BHKW: Komfortabel wie Ölheizung Ein anderes Verfahren mit deutlich weniger Arbeitszeitbedarf bietet sich mit der Nutzung eines Pflanzenöl- BHKW an. Dieses läuft bis auf wenige Wartungsarbeiten ähnlich wie eine Ölheizung fast automatisch. Die Anlage besteht lediglich aus einem Öltank sowie dem BHKW. Bislang ist dieses Verfahren wegen der hohen Preise für Rapsöl kaum angewendet worden. Mit dem Nawaro- Zuschlag könnte sich das jetzt ändern. Beim Betrieb sind zwei Varianten denkbar: Bei dem "stromgeführten" BHKW steht die Stromproduktion wie bei einer Biogasanlage im Vordergrund, das BHKW arbeitet möglichst rund um die Uhr. Hierbei fällt die Wärme als Nebenprodukt an. Ein "wärmegeführtes" BHKW dagegen ist in erster Linie für die Heizung der angeschlossenen Wohnräume und Ställe zuständig. Es läuft nur auf Anforderung. Der Strom wird dabei eher nebenbei produziert. Wie das Praxisbeispiel in Übersicht 3 zeigt, sind hierbei im Jahr etwa 6 000 Betriebsstunden möglich. Die Investitionskosten belaufen sich nach Praxisangaben auf etwa 1700 bis 1 800 E je kW. In der Übersicht 3 ist von einem 18-kW-BHKW ausgegangen, das wärmegeführt für die Beheizung von Wohnraum und Stall sowie der Warmwasserbereitung zuständig ist. Den Anlagenkosten von 22 700 E jährlich stehen Stromerlöse von 21 000 E entgegen. Rein auf die Stromproduktion bezogen macht die Anlage also jährlich ein Minus von 1600 E. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass mit dem BHKW Heizöl im Wert von 12 000 bis 15 000 E eingespart werden kann. Läuft dieses BHKW stromgeführt mit 7 500 Stunden, kann die Anlage auch ohne Wärmenutzung und damit verbunden bei einem Verzicht auf den KWK-Bonus einen Gewinn von 900 E pro Jahr erzielen. 3Holzgas: Ähnliche Technik wie bei Heizkesseln Ein drittes Stromproduktionsverfahren aus landwirtschaftlichen Rohstoffen mit gleichzeitiger Kraft-Wärme-Kopplung bietet die Vergasung von Holz. Bei der Holzgasnutzung zur Stromerzeugung wird das entstehende Holzgas aus dem Vergaserkessel abgeführt und in einem BHKW ähnlich der Biogasverstromung verbrannt. Während bei Biogas das kohlenstoffreiche Methan den Heizwert bestimmt, ist es beim Holzgas Kohlenmonoxid. Die Holzvergasung war vor dem zweiten Weltkrieg weit verbreitet und wurde sogar zum Antrieb von Fahrzeugen verwendet. Nach dem Krieg ist die Holzgasnutzung wieder in Vergessenheit geraten. Doch Hersteller moderner Holzheizkessel setzen bei der Verbrennung auf die Vergasung, weil sie einen höheren Wirkungsgrad verspricht. Die Verstromung von Waldholz war lange Zeit nicht wirtschaftlich. In dem neuen EEG ist allerdings zuzüglich zu dem Nawaro-Bonus ein weiterer Aufschlag von 2,5 Cent bei der Holzverstromung vorgesehen. Ein Betreiber mit einer Anlage kleiner als 150 kW kann damit also insgesamt 20 Cent je kWh erzielen. Damit wird das Verfahren für viele Waldbesitzer interessant. Auch hier könnte eine geschickte Wärmenutzung zusätzlich noch den KWKBonus von 2 Cent ermöglichen. Derzeit gibt es kaum praxisreife Holzgasanlagen in der Landwirtschaft. Die Reportage über den Betrieb von Bernd Joos aus Bodnegg im Allgäu auf Seite 38 zeigt einen Prototyp auf Basis von Waldhackschnitzeln, der von dem Ingenieurbüro Sesolutions aus Karlsruhe wissenschaftlich begleitet wurde. Aufbauend auf diesen Erfahrungen ergibt sich die Abschätzung einer Wirtschaftlichkeit in Übersicht 4. Der niedrige Arbeitszeitbedarf von ca. 30 Minuten pro Tag ist darauf zurückzuführen, dass bis auf das regelmäßige Einfüllen der Hackschnitzel und Wartungsarbeiten keine weitere Arbeit nötig ist. Die Anlage läuft ca. 6 000 Stunden im Jahr und produziert dabei 72 000 kWh Strom. Bei einer Einspeisevergütung von 20 Cent (ohne den KWK-Bonus) lassen sich damit also 14 400 E erlösen. Rechnet man die Wärme mit zusätzlich 4 Cent je kWh an, summiert sich der gesamte Ertrag auf 16 300 E. Zieht man davon die jährlichen Kosten von 11 810 E ab, blieben für AfA und Zins 4491 E übrig. Dieser Wert entspricht nach Berechnungen des Ingenieurbüros Grenzkosten für die Investition von 30 000 E. Wie teuer Holzvergaserkessel tatsächlich sein werden, bleibt abzuwarten. Fazit Die Stromerzeugung aus Biomasse gewinnt mit dem Nawaro-Bonus im EEG neuen Auftrieb. Zusätzlich schafft der KWK-Bonus Anreize, auch die Wärme zu nutzen. Neben Biogas kommen jetzt auch andere Energieträger wie Holzgas oder Rapsöl zur Verstromung in Frage. Die Verfahren dazu sind überwiegend praxisreif. Für einen wirtschaftlichen Erfolg ist eine seriöse Planung jedoch zwingend erforderlich! Hinrich Neuman

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.