Deutschland steht vor einem heißen Herbst. Lebensmittel, Energie – alles wird teurer. Die Menschen haben weniger Geld in der Tasche. Sie müssen sparen. Und unsere Gespräche mit der Initiative Tierwohl (S. 112) und dem Superbiomarkt (S. 46) unterstreichen, wo sie das tun: Bei Nahrungsmitteln und dort insbesondere bei Fleischwaren aus Tierwohlställen und Bioprodukten.
Die Ampel reagiert mit „wuchtigen“ Entlastungspaketen, Steuererleichterungen und You-never-walk-alone-Rufen. Das alles ist wichtig. Wirtschaft ist immer auch Psychologie.
Bei all den schönen Versprechen sollte eines aber nicht vergessen werden: Natürlich kann der Staat für eine gewisse Zeit weiße Salbe verteilen und dafür Geld von stärkeren Schultern auf schwächere umverteilen oder über Neuverschuldung kommende Generationen in Haftung nehmen. Wer aber die Ursachen von Knappheiten und Wohlstandsverlusten bekämpfen möchte, der braucht Angebot und Erträge und dafür Unternehmergeist, Investitionen, Fortschritt und Innovationen. Und wer die Zielkonflikte zwischen Welternährung, Versorgungssicherheit, den Einkommen der Betriebe und den großen Nachhaltigkeitsfragen ernst nimmt, der braucht kluge Kompromisse und mutige Politik.
Bei beidem scheint die Ampel Kurs und Kompass verloren zu haben, insbesondere auf den nun zentralen Zukunftsfeldern der Agrar- und Ernährungsbranche. SPD, Grüne und FDP sind von ihrem, den Koalitionsvertrag betitelnden Anspruch „Mehr Fortschritt wagen“ Lichtjahre entfernt. In diesen Tagen wäre es schon ein „Fortschritt“, den „hausgemachten Bullshit“ wegzulassen.
Weniger Bullshit hieße, das unsägliche Schwarzer-Peter-Spiel zu beenden und die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission in konkrete Politik zu verwandeln. Jedem, der in diesen Tagen an den Elster-Einträgen für die Grundsteuer verzweifelt, sei ein Blick auf den Genehmigungsmarathon für einen Offenstall in der Schweinehaltung empfohlen. Es gibt Gründe, warum die Tierhalter am Umbau zu mehr Tierwohl verzweifeln.
Weniger Bullshit wäre, zu hinterfragen, warum der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Alltag oftmals brutal scheitert. Der Bau einer Windkraftanlage dauert derzeit gut und gerne sieben bis zehn Jahre. Er verschlingt Planungskosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Und endet in vielen Fällen tragisch mit verbranntem Eigenkapital nach der Einbeziehung einer zweistelligen Zahl an staatlichen Behörden und Institutionen.
Und weniger Bullshit bedeutet, in einer ackerbaulichen Gunstregion den Landwirtinnen und Landwirten Spielräume für modernen Pflanzenschutz und ausreichende Düngung zu lassen. Den meist mittelständischen Betrieben keine Knüppel bei der Entwicklung zeitgemäßer Sorten und Wirkstoffe zwischen die Beine zu werfen. Und die Stilllegung und Versiegelung fruchtbarer Böden endlich auf ein notwendiges Minimum runterzufahren.
Die Branche erwartet keine Almosen, sondern Klarheit für den Weg in eine nachhaltige, produktive Landwirtschaft. Die Ampel sollte weniger Bullshit und mehr Fortschritt wagen. Wann, wenn nicht im heißen Herbst 2022?
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Deutschland steht vor einem heißen Herbst. Lebensmittel, Energie – alles wird teurer. Die Menschen haben weniger Geld in der Tasche. Sie müssen sparen. Und unsere Gespräche mit der Initiative Tierwohl (S. 112) und dem Superbiomarkt (S. 46) unterstreichen, wo sie das tun: Bei Nahrungsmitteln und dort insbesondere bei Fleischwaren aus Tierwohlställen und Bioprodukten.
Die Ampel reagiert mit „wuchtigen“ Entlastungspaketen, Steuererleichterungen und You-never-walk-alone-Rufen. Das alles ist wichtig. Wirtschaft ist immer auch Psychologie.
Bei all den schönen Versprechen sollte eines aber nicht vergessen werden: Natürlich kann der Staat für eine gewisse Zeit weiße Salbe verteilen und dafür Geld von stärkeren Schultern auf schwächere umverteilen oder über Neuverschuldung kommende Generationen in Haftung nehmen. Wer aber die Ursachen von Knappheiten und Wohlstandsverlusten bekämpfen möchte, der braucht Angebot und Erträge und dafür Unternehmergeist, Investitionen, Fortschritt und Innovationen. Und wer die Zielkonflikte zwischen Welternährung, Versorgungssicherheit, den Einkommen der Betriebe und den großen Nachhaltigkeitsfragen ernst nimmt, der braucht kluge Kompromisse und mutige Politik.
Bei beidem scheint die Ampel Kurs und Kompass verloren zu haben, insbesondere auf den nun zentralen Zukunftsfeldern der Agrar- und Ernährungsbranche. SPD, Grüne und FDP sind von ihrem, den Koalitionsvertrag betitelnden Anspruch „Mehr Fortschritt wagen“ Lichtjahre entfernt. In diesen Tagen wäre es schon ein „Fortschritt“, den „hausgemachten Bullshit“ wegzulassen.
Weniger Bullshit hieße, das unsägliche Schwarzer-Peter-Spiel zu beenden und die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission in konkrete Politik zu verwandeln. Jedem, der in diesen Tagen an den Elster-Einträgen für die Grundsteuer verzweifelt, sei ein Blick auf den Genehmigungsmarathon für einen Offenstall in der Schweinehaltung empfohlen. Es gibt Gründe, warum die Tierhalter am Umbau zu mehr Tierwohl verzweifeln.
Weniger Bullshit wäre, zu hinterfragen, warum der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Alltag oftmals brutal scheitert. Der Bau einer Windkraftanlage dauert derzeit gut und gerne sieben bis zehn Jahre. Er verschlingt Planungskosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Und endet in vielen Fällen tragisch mit verbranntem Eigenkapital nach der Einbeziehung einer zweistelligen Zahl an staatlichen Behörden und Institutionen.
Und weniger Bullshit bedeutet, in einer ackerbaulichen Gunstregion den Landwirtinnen und Landwirten Spielräume für modernen Pflanzenschutz und ausreichende Düngung zu lassen. Den meist mittelständischen Betrieben keine Knüppel bei der Entwicklung zeitgemäßer Sorten und Wirkstoffe zwischen die Beine zu werfen. Und die Stilllegung und Versiegelung fruchtbarer Böden endlich auf ein notwendiges Minimum runterzufahren.
Die Branche erwartet keine Almosen, sondern Klarheit für den Weg in eine nachhaltige, produktive Landwirtschaft. Die Ampel sollte weniger Bullshit und mehr Fortschritt wagen. Wann, wenn nicht im heißen Herbst 2022?