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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Wenn der Biber an den Nerven nagt

Lesezeit: 4 Minuten

Der Biber kommt zurück und sorgt für große finanzielle Schäden. top agrar traf betroffene Landwirte in Bayern und Sachsen-Anhalt.


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Die anfängliche Biber-Begeisterung ist bei Andreas Diebe längst verflogen: „Seit die ersten Tiere vor sechs Jahren auf unseren Flächen auftauchten, sind die Schäden auf mittlerweile 40 000 € jährlich gestiegen – viel zu viel für unseren Betrieb!“ Diebe ist bei der Agrargenossenschaft Kunrau am Naturpark Drömling, ca. 100 km nördlich von Magdeburg, verantwortlich für gut 2 000 ha Acker- und Grünland.


Hier sorgt der Biber entlang der schnurgeraden, birkengesäumten Gräben in Raps, Mais und Saatgetreide jedes Jahr für mehr Fraßschäden: Mittlerweile führen alle 30 m Biber-Laufgänge direkt in den Bestand, der angrenzende Ackerstreifen ist auf etwa 15 m so gut wie kahlgefressen. „Eine Katastrophe angesichts der ohnehin knappen Margen auf den 30er-Sandböden“, so Dr. Jörg Strube, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Kunrau: „Wir betreiben Landwirtschaft hier nicht zum Spaß, sondern um die Familien unserer 40 Mitarbeiter zu ernähren.“


Flächen vernässt:

Doch die Fraßschäden sind nicht das einzige Problem. Weil der Biber Gräben aufstaut, sind bereits mehrere Hektar Acker- und Grünland in der Bewirtschaftung erheblich beeinträchtigt, mit entsprechenden Konsequenzen bei der Beantragung der Agrar-fördermittel.


Auch der Beitrag für den Wasserunterhaltungsverband ist explodiert. Mittlerweile kümmert sich dort eine Arbeitskraft ganztägig um die Biberschäden wie z. B. verstopfte Durchlässe oder die Entfernung von Biberdämmen, wo sie zu sehr aufstauen. Den Damm zu entfernen ist allerdings wegen des hohen Schutzstatus’ des Bibers nur in vorher beantragten und durch die Naturschutzbehörde genehmigten Ausnahmefällen erlaubt.


Die Genehmigungszahlen zeigen, dass die Biberpopulation wächst: Im Jahr 2012 wurden 27 Biberdämme entfernt, 2013 waren es bereits 74 Stück. Die Kosten dafür legt der Unterhaltungsverband Obere Ohre auf die Eigentümer oder Pächter der Flächen um – im Jahr 2013 waren es 56 870 € bzw. umgerechnet rund 1 € je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Angesichts dieses Anstieges schrillen bei Andreas Diebe und Dr. Jörg Strube aus Kunrau längst die Alarmglocken: „Die Politik kann das Problem nicht weiter aussitzen – es wird Zeit, dass über eine Entschädigung und einen geregelten Umgang mit Bibervorkommen nachgedacht wird!“


Bayern entschädigt bereits:

Zumindest 80 % Schadensausgleich erhalten seit 2008 die bayerischen Landwirte. Auch hier vermehren sich die Tiere, der landesweite Fonds zur Begleichung von Biberschäden wurde deshalb immer wieder auf nun 450 000 € aufgestockt. Um diese Gelder mussten die bayerischen Landwirte allerdings 20 Jahre kämpfen. Letztendlich zog das Argument, dass Bayern die ursprünglich ausgerotteten Biber seit 1966 gezielt ausgewildert hatte.


„Das bayerische System funktioniert vor allem über ein dichtes Netz extra geschulter ehrenamtlicher Biber-Berater“, erklärt Ludwig Bayer, Milchviehhalter und Ackerbauer aus Stepperg an der Donau. Bei Schäden ruft er einen Biberberater an, der den Antrag dann bei der Unteren Naturschutzbehörde einreicht. „Diese Verwaltungsarbeit ist zwar lästig, aber besser als wenn der Schaden unentschädigt bliebe,“ stellt Bayer fest.


Schäden gibt es auf seinem 70 ha Ackerbaubetrieb mit Milchkühen vor allem bei Mais und Zuckerrüben, aber auch im Getreide während der Milch­reife. „Die Biber schleppen Feldfrüchte aus bis zu 100 m Entfernung als Wintervorrat in ihre Biberburg,“ berichtet der Landwirt. Im gleichen Umkreis nagt die mittlerweile stark angewachsene Biberpopulation zahlreiche Bäume an oder fällt sie sogar. Betroffen sind Weichhölzer, Obstbäume, Eichen, Nadelbäume und Buchen. Regelrecht gefährlich sind unterhöhlte Uferbereiche, die unter Gewicht wie bei der Überfahrt mit dem Schlepper plötzlich einbrechen. Mittlerweile genehmigen die Naturschutzbehörden in Bayern auch den Abfang und die Tötung der Tiere – vor allem, wenn große Schäden z. B. in Kläranlagen oder an Deiche zu befürchten sind.


Schäden überall ausgleichen!

Davon ist man in Sachsen-Anhalt noch weit entfernt. „Die Politik muss sich hierzu endlich Gedanken machen und handeln,“ findet Dr. Strube aus Kunrau in Sachsen-Anhalt und ergänzt: „In Zukunft können nicht allein die Landeigentümer und Landwirte für die von der Gesellschaft gewünschten Tiere aufkommen.“ Und weil die Biberpopulation sich mittlerweile auch außerhalb der geförderten Schutzgebiete ausbreitet, fordern die Landwirte, neben dem Ausgleich der wirtschaftlichen Schäden auch über den besonderen Schutzstatus des Bibers nachzudenken.Gesa Harms

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