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Wenn der Rückschnitt zum „Holzdiebstahl“ wird …

Lesezeit: 4 Minuten

Der Überwuchs von gemeindeeigenen Grünstreifen führt immer wieder zu Unmut bei den Landwirten. Wie die Rechtslage ist, erklärt Rechtsanwalt Simon Biederbeck aus Meppen.


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Das kennt fast jeder Landwirt: Pa­rallel zur Ackergrenze verläuft eine Gemeindestraße – dazwischen ein Grünstreifen, dessen Überwuchs die Bearbeitung des Ackerrandes erheblich beeinträchtigt oder geradezu unmöglich macht.


Aber wer einfach selbst Hand anlegt, handelt sich schnell Ärger mit der Gemeinde ein – manchmal sogar eine Strafanzeige. So im Falle eines emsländischen Landwirts, der im Glauben, eigene Bäume und Sträucher zurückzuschneiden, Gehölze der Gemeinde zurückschnitt. Die Gemeinde erstattete Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und „Holzdiebstahl“ und forderte Schadenersatz von mehreren tausend Euro. In diesem Fall konnte zwar das gerichtliche Strafverfahren eingestellt werden. Dennoch zeigt der Fall, wie es gehen kann, wenn Landwirt und Gemeinde sich nicht einig sind.


Erster Weg zur Gemeinde.

Die meisten Kommunen sind froh, wenn Landwirte den Rückschnitt von Überwuchs gemeindeeigener Grünstreifen übernehmen. Wichtig ist jedoch, dass Sie als Landwirt das Gespräch suchen und die Absprachen schriftlich festhalten. Dabei sollten Sie auch gleich regeln, wem das anfallende Holz gehören soll.


Wenn Sie sich nicht mit der Gemeinde einigen können, sollten Sie prüfen, ob diese nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verpflichtet ist, selbst einen Rückschnitt der Gehölze und Bäume vorzunehmen bzw. auf eigene Kosten vornehmen zu lassen.


Einen solchen Rechtsanspruch gibt es in den Bundesländern, in denen die Landesstraßengesetze und die entsprechende Rechtsprechung diesen nicht ausschließen. Das hört sich eindeutiger an als es ist und wird auch sehr unterschiedlich gehandhabt. In Niedersachsen gibt es einen solchen Rechtsanspruch, in anderen Bundesländern ist die Rechtslage dagegen oft ungeklärt. Nur für Nordrhein-Westfalen gilt, dass es keinen Rechtsanspruch auf Rückschnitt von Überwuchs von gemeindeeigenen Grünstreifen gibt.


Wenn ein Anspruch besteht, kann ein Grundeigentümer nach BGB die Beseitigung des Überwuchses verlangen, wenn der Überwuchs die Bewirtschaftung des Ackers erheblich beeinträchtigt. Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Ackerrand aufgrund des Überwuchses auf den ersten drei Metern gar nicht mehr befahren werden kann.


Wichtig ist, dass Sie der Gemeinde schriftlich eine angemessene Frist von z. B. sechs oder acht Wochen für die Beseitigung setzen. Zudem sollten Sie Ihre Ansprüche zeitnah nach Eintritt des störenden Überwuchses geltend machen, denn für den Rückschnittsanspruch gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Als Pächter müssen Sie sich zur Durchsetzung des Rechtsanspruches an den Verpächter wenden, da nur der Eigentümer oder Erb­bauberechtigte der Fläche einen Rechtsanspruch auf Rückschnitt hat.


Kommt die Gemeinde ihrer Rückschnittspflicht nicht nach, können Sie von dieser den Ersatz der für den Rückschnitt ersparten Aufwendungen verlangen und diese ggf. auch gerichtlich durchsetzen. Allein die Drohung wird oft schon reichen, die Gemeinde zum Einlenken zu bewegen.


Übrigens: Keine Ansprüche auf Beseitigung des Überwuchses können Sie aus den landesrechtlichen Nachbarschaftsgesetzen herleiten – auch nicht aus dem althergebrachten „Schwengelrecht“, wonach ein Landwirt bei der Bewirtschaftung nicht durch Einfriedungen von Nachbargrundstücken behindert werden soll.


Schadenersatz zahlen?

Was aber ist, wenn ein Landwirt schon gemeinde-eigenes Gehölz zurückgeschnitten hat und die Gemeinde ihn deshalb des Holzdiebstahls bezichtigt? Dann gilt Folgendes:


  • Haben Sie die Bäume und Sträucher zu Unrecht zurückgeschnitten, hat die Gemeinde Anspruch auf Schadenersatz. Dieser darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach der sogenannten „Methode Koch“ berechnet werden.
  • Haben Sie – wie im Fall des emsländischen Landwirts – versehentlich im Gemeindeeigentum stehende Bäume und Sträucher zurückgeschnitten, sollten Sie prüfen, ob Sie die Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen können. Die Versicherungen lehnen ihre Einstandspflicht zwar oftmals pauschal ab. Das müssen Sie jedoch nicht akzeptieren. So hat z. B. das Oberlandesgericht Oldenburg im Jahr 2014 entschieden, dass für irrtümlich auf einem fremden Grundstück gefällte Bäume regelmäßig die Haftpflichtversicherung des „Übeltäters“ einstandspflichtig ist (Az: 5 U 25/14).


Schwierig wird es, wenn Sie sich eine Strafanzeige eingehandelt haben und es damit zu einem Ermittlungsverfahren durch Staatsanwaltschaft bzw. Polizei kommt. Wichtig ist dann, dass Sie der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft zunächst keine vorschnellen Auskünfte erteilen, sondern abwarten, bis Ihr Anwalt Akteneinsicht in die Ermittlungsakte genommen hat. Nur so können Sie die weitere Vorgehensweise sinnvoll planen und eventuell eine Einstellung des Strafverfahrens erreichen, z. B. wenn Sie das Gehölz irrtümlich zurückgeschnitten haben.

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