• Die Familie: Zu wissen, dass es auch in der nächsten Generation weitergehen wird, ist ein gutes Gefühl. Fünf Kinder sind auf dem Aussiedlerhof der Familie Oberdorf im eher beschaulichen Tauberkreis aufgewachsen. Ernst Oberdorf (60) ist Agraringenieur und führt den Betrieb zusammen mit seiner Frau Arnhild. Der jüngste Sohn Carsten (23) studiert Landwirtschaft in Triesdorf, mit Pflanzenbau und Ökonomie als Schwerpunkt.
• Der Betrieb: Auf zwei Beinen steht man sicherer als auf einem. Dieser Devise ist Ernst Oberdorf bis heute treu geblieben. Ein Standbein ist die Fresseraufzucht, die er seit 1977 mit Herzblut betreibt. Für die Vermarktung hat er einen eigenen Lkw und sitzt meist selbst hinter dem Steuer. Ackerbau ist der zweite Schwerpunkt der Oberdorfs. Auf den 150 ha wachsen Weizen, Raps, Gerste und Mais als Futter. Dazu kommt eine Photovoltaik-Anlage mit mehr als 200 kW auf den Dächern des Hofes.

Ernst Oberdorf ist offen und gut informiert. Fachzeitschriften sind seine Informationsquelle. Das top agrar-Abo schloss er ab, als er 1972 noch auf der Ingenieurschule in Nürtingen war. Gedruckte Fachbeiträge hält er auch heute für verlässlicher als gegoogelte Internetinhalte. Das Netz nutzt er vor allem für Markt- und Preisinformationen.

Und Ernst Oberdorf ist kritisch. Zusammen mit seiner Frau Arnhild ärgert er sich über den Dokumentations-Wahn, wie er sagt: „Bevor ich den Schlüssel vom Lkw umdrehe, um die Tiere zu transportieren, muss ich dutzende Dinge erledigt haben, und kommt man in eine Kontrolle, wird man trotzdem auseinandergenommen.“ Seine Frau sieht es ähnlich: „Die Bürokratie beschleunigt den Strukturwandel. Ein mittlerer Betrieb wie wir kommt fast nicht mehr dagegen an.“ Viele Abende sei der Esstisch mit wachsenden Papierbergen blockiert.

• Die Entwicklung: Wohl nie zuvor hat es in der Landwirtschaft innerhalb nur einer Generation eine derart rasante Entwicklung gegeben. Davon ist Ernst Oberdorf überzeugt. Die betriebliche Entwicklung sieht er positiv, anderes aber durchaus auch kritisch. Das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit passt ihm nicht. Und das vor allem seit der BSE-Krise, die auch ihn wirtschaftlich traf: „Die Leute haben heute oft einfach keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft. Vieles wird in der Öffentlichkeit falsch oder übertrieben dargestellt.“
• Die Zukunft: Carsten Oberdorf wird den Hof weiter führen. Da sieht er seine Zukunft, und zwar optimistisch. Er will andere Akzente setzen als sein Vater, neue Absatzwege finden. Welche, das diskutieren Junior und Senior intensiv und offen. Endgültig einig sind sie sich noch nicht.

Was nimmt sich die Familie für die Zukunft vor? Wieder mehr auf das Wesentliche beschränken, sich auf Dinge konzentrieren und nicht alles gleichzeitig machen wollen. Oberdorf charakterisiert den rasenden Zeitgeist so: „Früher hatte jeder einen Festnetzanschluss. Wenn er nicht abgenommen hat, war er nicht da. Man hat es halt noch mal versucht. Heute hat jeder drei Nummern und keinen erreicht man wirklich.“