Zum Thema des Monats „Nicht von dieser Welt“, top agrar 11/2012, Seite 3.
Zumindest der Überschrift kann man nur zustimmen: Viele Behauptungen, die Sie in Ihrem Beitrag aufstellen, sind in der Tat „nicht von dieser Welt“.
Worum geht es? Das Bundeslandwirtschaftsministerium arbeitet an einer neuen Hygiene-Leitlinie für Wiederkäuer. Hintergrund ist nicht zuletzt die hohe Rindersterblichkeit in Deutschland. Bundesweit verenden jährlich rund 145 000 Rinder im Alter von bis zu 48 Monaten. Der DBV beziffert jedes dieser Tiere mit einem Wert von durchschnittlich 1 000 €. Für die Landwirte in Deutschland summieren sich die jährlichen Verluste allein durch die Rindersterblichkeit auf etwa 145 Mio. €.
Diese Zahlen sollte sich jeder vor Augen halten, der meint, es sei angebracht, über Leitlinien zu polemisieren, die Landwirten helfen sollen, Verluste zu minimieren. Wer sich mit den Leitlinien befasst (und wer als Journalist ordentlich recherchiert), dem wird nicht entgehen, dass es sich dabei um reine Empfehlungen handelt, die die Tierhalter einzeln oder in Kombination je nach ihren individuellen Bedürfnissen anwenden können.
Zu den von Ihnen angeführten Kritikpunkten: Sie schreiben über „Kühe unter der Käseglocke“. Tat-sache ist: Die Empfehlung in den Leitlinien lautet: „Futter und Futtervorräte sollten gegen Zugang und Verschmutzung durch Schädlinge, Wild, Vögel und Haustiere gesichert sein.“ Aus anderen Bereichen wissen wir, dass über verunreinigtes Futter Tierseuchenerreger (z. B. Salmonellen) in Nutz-tierbestände eingeschleppt werden können. Insoweit gehört es zur Futter- und Fütterungshygiene, das für die Tiere bestimmte Futter entsprechend aufzubewahren und sauber zu halten.
Sie schreiben vom „Hoch-sicherheitstrakt Kuhstall“. Tatsache ist: Jeder Landwirt achtet darauf, dass Personen keine Tierseuchenerreger in seinen Bestand einschleppen. Es gehört zum kleinen Einmaleins der Tierseuchenprävention, dass Nutztierbetriebe nicht von unbefugten Personen betreten werden.
Sie schreiben über „Gülle-Ablagerung“. Tatsache ist: Es geht in den Leitlinien um das Ausbringen auf Futterflächen. Die von Ihnen kritisierte Empfehlung lautet: „Vor dem Ausbringen auf Futterflächen sollten betriebsfremde oder potentiell infektiöse tierische Ausscheidungen wie Dung oder Mist mindestens drei Wochen lang und flüssige Abgänge (z. B. Gülle, Biogas-substrate) mindestens acht Wochen lang gelagert werden. Futterpflanzen sollten erst nach angemessener Wartezeit von mit Fremdmaterial gedüngten Flächen geerntet werden...“
Auch hier verwundert Ihre Kritik. Natürlich können Landwirte Gülle frisch ausbringen, aber nicht auf Futterflächen, auf denen unmittelbar darauf Nutztiere weiden. Wie Sie sich denken können, dient die möglichst bodennahe Ausbringung letztlich der Aerosolvermeidung. Auch dies ist eine Selbstverständlichkeit.
Holger Eichele, BMELV,
10117 Berlin
Anmerkung der Redaktion:
Schön, dass sich doch noch jemand aus dem Ministerium zu dem Thema äußert. Bei der Recherche des Artikels konnte oder wollte kein Mitarbeiter mit top agrar über den Entwurf der Hygiene-Leitlinen sprechen. Und das, obwohl es ja anscheinend so viel Interpretationsspielraum gibt.