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Wo jeder Hektar zählt

Lesezeit: 5 Minuten

Bisher hat es den Entdeckern auf einigen der besuchten Betriebe das Herz gebrochen: Fast neue Maschinen rosten im Regen und Schlamm vor sich hin. Jetzt fahren wir auf den Betrieb von Viktor Vasiijevitsch Tscherepkov, und plötzlich ist wieder alles anders!


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Hier stehen die Maschinen unter Dach und Fach, der Hof ist befestigt und alles ist ziemlich sauber. Es fehlt der sonst übliche Schrottplatz mit halb ausgeschlachteten Maschinen. Und an vielen Ecken stehen Besen, die auch eingesetzt werden.


Vater Viktor führt zusammen mit seinen beiden Söhnen Aleksander und Sergey einen Familienbetrieb. Laut Statistik soll es in Russland zwar 300 000 so genannte Farmer-Betriebe geben, an der gesamten Landwirtschaft haben sie aber eher geringen Anteil: 75 % der landwirtschaftlichen Fläche wird von nur 7 500 Großbetrieben bewirtschaftet, die Farmer beackern 20 %.


Hof bereits 1991 gegründet:

Dass man in der Nische ganz gut klarkommt, zeigt der Betrieb der Tscherepkovs. Vater Viktor hat den Hof 1991 gegründet, im Dorf Iskra im Orjolgebiet, rund 400 km südlich von Moskau. Hier gibt es große Schwarzerde-Flächen, Brachen sieht man kaum noch. Viktor ist in Punkto Boden nicht so verwöhnt. Seine 1 500 ha sind weniger tiefgründig und nicht besonders nährstoffreich. Dementsprechend geringer ist die Flächenkonkurrenz. Etwas weiter südlich oder nördlich, wo man klassische Schwarzerde findet, steigt der Bodenpreis sofort um den Faktor 5, erklärt er.


Wann immer es geht, kauft Viktor Flächen dazu. Rund 500 ha der Betriebsfläche besitzt er mittlerweile. Die restlichen 1 000 ha sind gepachtet. Der Flächenkauf ist mühsam. Die Kleinbesitzer verkaufen ihre Scholle ungern, teils erst, wenn sie in Rente gehen. Doch Viktor hat reichlich Energie, er bleibt am Ball und hat sich bei Vielen das Vorkaufsrecht gesichert. Er pflegt seine Verpächter und will weiter wachsen. 130 ha möchte er demnächst dazukaufen.


Seine Söhne Aleksander und Sergey sollen den Betrieb einmal weiterführen. Sie haben gerade landwirtschaftliche Abschlüsse mit Auszeichnung bekommen, wie der Vater zur Verlegenheit seiner Söhne gleich mehrfach betont.


Der Betrieb setzt rein auf Ackerbau. Hauptfrüchte sind Winter- und Sommerweizen, Sommergerste und Buchweizen. Seit drei Jahren versuchen es die Tscherepkovs auch mit Soja. Die ersten beiden Ernten waren schlecht, bei unserem Besuch sah der dritte Durchgang aber schon besser aus. Zur Bodenverbesserung bauen sie außerdem 200 ha Lupinen an.


Nachdem früher die komplette Fläche gepflügt wurde, setzen die Tscherepkovs heute teils auch auf konservierende Bodenbearbeitung per Kurzscheibenegge. Vor allem, wenn es Probleme mit resistenten Unkräutern gibt – Herbizide sind knapp und teuer in Russland – muss der Pflug wieder ran.


Künftig auch Kartoffeln?

Geht es nach Sohn Aleksander, sollen demnächst auch 30 ha Kartoffeln dazukommen. Die Preise waren in den letzten Jahren ordentlich, und immer noch kommt ein Großteil der Knollen von den Hauswirtschaften. Auch Vater Viktor Tscherepkov rechnet mit einer sicheren Nachfrage nach größeren, gleichmäßigen Partien. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema, vor allem, weil dann große Investitionen in Pflanz-, Ernte- und Lagertechnik anstehen – Lohnunternehmer mit Kartoffeltechnik gibt es hier nicht. Der Chef war kürzlich auch schon in Deutschland, um sich zu informieren, Aleksander hat drei Monate bei einem deutschen Hersteller für Kartoffeltechnik gearbeitet.


Doch das Klima – Temperaturen von - 30° bis + 36°, viel Wind und Sommertrockenheit machen die Planung schwer. Die 500 mm Jahresniederschlag fallen meist im Winter, ohne Beregnungsanlagen wird es also nicht gehen. Auf 1 Mio. € schätzen sie die notwendigen Investitionen. Eine Menge Holz für einen wachsenden Betrieb hier in Russland – Viktor wird wohl noch etwas länger nachdenken, ob er den Schritt wagt.


Dass er sorgfältig und vorsichtig planen kann, zeigt die stetige Entwicklung des Betriebes. Vor 20 Jahren verließ er den Kolchos und fing mit 240 ha an. Das erste Gebäude wurde auf der grünen Wiese errichtet: Eine Getreidehalle mit Silozellen und Trocknung – alles selbst gebaut, wie Viktor stolz sagt. Danach erst mal 6 Jahre gewirtschaftet, um Kapital aufzubauen und dann den nächsten Wachstumsschritt angegangen. Drei Flachlager mit je 1000 t kamen mit der Zeit dazu. Heute kann er die gesamte Ernte lagern und selbst vermarkten.


Effizienz über alles:

Seine Erträge erreichen mit durchschnittlich 4,5 t/ha beim Winterweizen nicht westeuropäisches Niveau. Doch der Chef hat nachgerechnet und weiß, wo er steht. In der Nachbarschaft liegen die Betriebe 1 bis 1,5 t unter seinem Schnitt, sagt er. Und außerdem: „In Deutschland tut Ihr alles, um höchste Erträge zu erwirtschaften. Ich stelle die Wirtschaftlichkeit über alles. Das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs gilt in Russland umso mehr.“


Im Vergleich zu anderen russischen Betrieben ist der Betrieb auch in puncto Arbeitskräfte auf Effizienz getrimmt: Inklusive Betriebsleiter arbeiten hier acht Leute, dazu kommen vier Aushilfen in der Saison. Bei der Bodenbearbeitung setzt Viktor vor allem auf westliche Technik: Unter dem Abdach stehen ein Aufsattelpflug EuroDiamant und eine 6 m-Drillmaschine von Lemken. Die Solitair-Drille wird wahlweise mit einer Scheibenegge oder einer Zinkenegge kombiniert. Die pfluglose Bodenbearbeitung übernimmt eine 6 m breite Kurzscheibenegge Rubin. Eine weitere Drille mit Düngersystem und eine Spritze des Herstellers sollen folgen. Der New Holland T 8040 und der brandneue John Deere 8295 R sind beide mit einem GPS-Lenksystem ausgestattet – was auf russischen Betrieben die Ausnahme ist. Doch wir wundern uns nicht über die runden Antennen auf dem Kabinendach, denn hier fährt der Chef noch selbst.

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