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Zu Hause – nicht in der Heimat

Lesezeit: 4 Minuten

Von Westpreußen nach Kanada: Die Nachkriegsgeschichte einer deutschen Bauernfamilie.


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Keine Frage, meine Heimat bleibt Deutschland. Aber zu Hause bin ich hier in Kanada!“ Scheinbar ein gutes Zuhause. Denn Siegfried Strenzke sieht man seine 84 Jahre keineswegs an. Wenn nötig, fährt der Senior auch heute noch Schlepper. Sohn Wilfried ruft ihn an, wenn es in der Saison mal kneift. Erst seit rund zwei Jahren wohnt der Senior mit seiner Frau im nächsten Ort. Die Farm mit Milchvieh hat er längst an Wilfried übergeben. Und mittlerweile denkt sein Enkel Jefrey darüber nach, den Betrieb weiterzuführen.


Wir sind im Dorf Breslau, nicht weit von Toronto. Siegfried Strenzke ist 1951 nach Kanada ausgewandert. Und seine Geschichte ist eng mit der Nachkriegszeit in Deutschland verbunden. Die Familie stammt ursprünglich aus Westpreußen. Wie viele mussten sie damals mit Pferd und Wagen vor der Roten Armee flüchten. Aber die Strenzkes hatten im Vergleich zu anderen noch Glück. Sie blieben zusammen: Die Eltern, Siegfried und seine sechs Geschwister. Nachdem Siegfried Strenzke und seine Schwester mit Hilfe eines Onkels 1951 nach Kanada ausgewandert waren, kamen 1953 beide Eltern und die anderen Geschwister nach.


Also kein Heimweh? „Ganz im Gegenteil – hätte ich damals das Geld ge-habt, wäre ich sofort wieder nach Deutschland zurückgekehrt“, erinnert sich Siegfried Strenzke, 61 Jahre, nachdem er in Quebec erstmals kanadischen Boden betrat. Doch er biss sich durch und arbeitete in einer Fabrik für Isolatoren.


Bei einer Zwangsversteigerung kauften die Strenzkes 1953 eine kleine Farm mit 40 ha, davon 35 ha Wald. Die Eltern kümmerten sich um die Farm und die Tiere, Siegfried arbeitete weiter in der Fabrik. „Da konnte ich gutes Geld verdienen. Aber ich wollte immer zurück in die Landwirtschaft.“ 1957 sollte es so weit sein. Im Jahr seiner Hochzeit mit seiner Frau Lydia verkaufte die Familie die kleine Farm und übernahm die heutige Hofstelle, nur 25 km entfernt. Die Scheune und das Wohnhaus waren okay, die Flächenausstattung mit 82 ha schon besser, doch der Boden war in schlechtem Zustand. Wie oft in Ontario ist die fruchtbare Krume dünn, und alle Flächen mussten drainiert werden.


Erfolgreiche Milchproduktion:

Heute bewirtschaften die Strenzkes rund 280 ha Acker und ca. 15 ha Wald. 150 ha gehören ihnen, der Rest ist gepachtet. Sohn Wilfried Strenzke hat Landwirtschaft in Guelph studiert. Im zehn Jahre alten Boxenlaufstall stehen 125 HF-Kühe, die Leistung liegt bei 10 000 Liter pro Kuh, und die Milch wird gut bezahlt. Bei unserem Besuch im Januar lag der Preis bei 77 kanadischen Cent, was rund 58 Euro-Cent entspricht. Der Milchmarkt ist durch eine Quote reglementiert. Zusätzliche Liefermengen sind nur schwer über die Börse zu bekommen und sehr teuer. Beim Land sieht es etwas besser aus, obwohl auch hier die Preise in den letzten Jahren deutlich anzogen. Strenzkes konnten aber in der Nachbarschaft kleinere Betriebe aufkaufen. Im Januar 2012 liegt der Landpreis zwischen 10 000 und 15 000 Kanadische Dollar pro Acre, das entspricht grob 20 000 bis 30 000 €/ha. Die Pachten bewegen sich in Strenzkes Nachbarschaft zwischen 150 und maximal 250 Dollar pro Acre (rund 300 bis 500 €/ha).


Auf den Feldern rund um die Farm wachsen vor allem Mais, Soja, Winterweizen und Alfalfa, gemischt mit Gräsern. Weizen, Soja und ein Teil des Körnermaises verkauft Wilfried Strenzke. Seine Weizenerträge liegen im Schnitt bei 6 t/ha, der Körnermais bringt 10 t. Den Futtermais erntet er mit einem dreireihigen, gezogenen Häcksler von John Deere. Das ist hier so üblich, Selbstfahrer sind nur wenige unterwegs, und gerade hat er einen Neuen bestellt.


Wie geht es weiter auf der Strenzke-Farm? Die Familie setzt ihre Hoffnungen in Wilfrieds Sohn Jefrey. Er ist gelernter Mechaniker für Dieselmotoren. „In letzter Zeit wächst sein Interesse an Landwirtschaft, nur für die Kühe kann er sich leider noch nicht begeistern“, sagt Wilfried. Senior Siegfried freut sich, dass der Betrieb, den er zusammen mit seinen Eltern und seiner Frau gründete, eine Perspektive hat. Siegfried spricht Deutsch immer noch ohne jeden Akzent, und auch sein Sohn Wilfried beherrscht die Sprache gut. Enkel Jefrey kennt nur noch ein paar deutsche Worte. Jetzt, in der vierten Generation, sind die Strenzkes zu 100 % Kanadier.

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