Sehr geehrter Herr Reis, in Ihrem Leserbrief betonen Sie, dass Sie die Pläne von Herrn Minister Dr. Aeikens an planwirtschaftliche Verhältnisse aus DDR-Zeiten erinnern. Als Diplom-Volkswirt dürfte Ihnen bekannt sein, dass Deutschland auf die soziale Marktwirtschaft setzt. Das heißt, der Staat setzt die Rahmenbedingungen so, dass viele an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben können und damit die Chancengerechtigkeit gewährleistet ist.
Dies ist bei der Bodengesetzgebung offensichtlich nicht mehr der Fall. Welchen Sinn macht ein Grundstückverkehrsgesetz, das viele Bodenverkäufe gar nicht erfasst, weil sie über Anteile an landwirtschaftlichen Kapitalgesellschaften verkauft werden. Hier besteht Anpassungsbedarf!
Es ist nach meiner Auffassung nicht zielführend, wenn das Bodenvermögen immer weiter von den aktiven Landwirten abwandert. Rendite und Wertschöpfung bleiben dann nicht im Ländlichen Raum.
Wie soll es gelingen, die Bevölkerung in diesen Regionen bzw. Bundesländern zu halten? Wenn z. B. keine Chance besteht, landwirtschaftlichen Boden als Haltefaktor für die Verwurzelung im Dorf zu erwerben oder wenn nur noch anonyme und ortsfremde Kapitalanleger zum Zuge kommen?
Wer soll die derzeitigen Akzeptanzprobleme der Landwirtschaft lösen, wenn die Anliegen der Landwirtschaft nicht auch in den Kommunalvertretungen durch aktive Landwirte eingebracht und vertreten werden?
Nach meiner Beobachtung stößt die derzeitige Agrarstrukturentwicklung auch bei vielen Landwirten auf zunehmende Skepsis bis hin zur Ablehnung.
Natürlich macht der Wettlauf um die Kostenführerschaft z. B. mit landwirtschaftlichen Produzenten aus Südamerika oder Osteuropa das Vorhaben von Minister Dr. Aeikens nicht einfacher. Wir müssen deshalb Rahmenbedingungen schaffen, die den vielfältigen Ansprüchen des ländlichen Raumes als Produktionsstandort für die Landwirtschaft entsprechen und im Einklang mit den gesamtgesellschaftlichen Ansprüchen der Bevölkerung stehen.
Dr. Hans-Heinrich Kasten,
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt,
39112 Magdeburg