Zu: „Dürfen wir Tiere nutzen und töten?“, top agrar 8/2014, Seite 30.
Das Streitgespräch zwischen Frau Sezgin und Frau Selhorst ist zu begrüßen. Allein schon deswegen, weil die Ansichten von Frau Sezgin so realitätsfremd sind, dass man als Bauer nur schwer einen Bogen zu unserem Alltag spannen kann.
Auch wenn Frau Sezgin uns Bauern grundsätzlich in Schutz nimmt und anerkennt, dass die Realität mit ihren Thesen nicht in Einklang zu bringen ist, wirft ihr Handeln doch die Frage auf: Ist Frau Sezgin nicht auch längst zu einer Nutztierhalterin geworden? Sie behandelt ihre Schafe mit Medikamenten, wenn diese krank sind. Sie macht Klauenpflege, wenn es notwendig ist. Sie zäunt ihre Tiere ein. Sie kastriert ihre Böcke, damit die Herde sich nicht unkontrolliert vermehren kann. Das alles tun wir Bauern auch!
Letztlich nutzt oder benutzt Frau Sezgin ihre Tiere auch, wenn auch in einer anderen Art wie wir Bauern. Sie schreibt nämlich neben ihren Büchern wöchentliche Geschichten über das Zusammenleben mit ihren Tieren und verdient dadurch Geld.
Das ist auch in Ordnung, aber am Ende eben doch eine andere Art der Nutztierhaltung. Diese Einkommensquelle ist allerdings gefährdet, wenn die Tiere nicht ersetzt werden, die irgendwann altersbedingt sterben werden.
Da Frau Sezgin die Nichtnutzung der Tiere auch mit der Schöpfungsgeschichte begründet, habe ich selbst die Bibel zur Hand genommen. Im ersten Buch Mose steht ganz deutlich, dass der Mensch sich die Welt untertan machen soll und über alle Pflanzen und Tiere herrschen soll.
Ob mit oder ohne Bibel: Es gibt keinen Zweifel daran, dass jeder Tierhalter seinen Tieren gegenüber eine große Verantwortung hat.
Wir Bauern müssen uns als Tierhalter der Diskussion in der Gesellschaft stellen, denn wir brauchen die Akzeptanz unserer Mitbürger, die zugleich auch unsere Kunden sind. Dabei tragen extreme Ansichten in der Regel nicht zur Lösung der Probleme bei.
Bedanken möchte ich mich, sicher auch im Namen vieler Berufskollegen, bei Frau Selhorst, die in diesem Streitgespräch unseren Berufsstand gut vertreten hat. Werner Jacobsen,
24783 Osterrönfeld