Der in Wirtschaft und Wissenschaft geschätzte Agrarökonom Folkhard Isermeyer ist am Dienstag mit nur 67 Jahren gestorben. Er starb kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand an den Folgen einer schweren Erkrankung. Sein Tod hat in der Agrarbranche für Bestürzung gesorgt.
Seit 2009 war er Präsident des Thünen-Instituts. Zuvor war Prof. Isermeyer Institutsleiter und Präsident der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), einer von drei Vorgängereinrichtungen des Thünen-Instituts. Für top agrar verfasste der ausgewiesene Fachmann etliche Einschätzungen und war gern gesehener Interviewpartner.
Nachruf des Thünen-Instituts
Mit der ihm eigenen Weitsicht, Geduld und Leidenschaft hat er im Laufe der vergangenen 15 Jahre aus drei sehr unterschiedlichen Forschungsinstituten eine Wissenschaftseinrichtung geformt, deren große gesellschaftliche Bedeutung der Wissenschaftsrat zuletzt 2024 bestätigt hat.
Konsequent hat er dabei die vorhandenen fachlichen Forschungskompetenzen zu Land- und Forstwirtschaft, zu Fischerei und ländlichen Räumen zusammengeführt, um Konzepte für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen und zur Entwicklung ländlicher Regionen vorlegen zu können. Als politikberatende Institution genießt das Thünen-Institut auch dank Folkhard Isermeyers Wirken einen herausragenden Ruf. Als Honorarprofessor an der Universität Göttingen hat er sein Wissen auch an die nächsten Generationen weitergegeben.
Seine Fähigkeiten als begnadeter Kommunikator und Netzwerker setzte Folkhard Isermeyer immer wieder dafür ein, unterschiedliche Menschen und Meinungen zusammenzuführen und aus dem Ruder laufende Diskussionen auf den Kern und auf eine solide, evidenzbasierte Basis zurückzuführen. Internationale Netzwerke wie agri benchmark gehen auf seine Initiative zurück. Er war ein wichtiger Impulsgeber für die politischen und agrarwissenschaftlichen Debatten in Deutschland und Europa. Davon haben nicht zuletzt das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung („Borchert-Kommission“) und die Zukunftskommission Landwirtschaft profitiert. Der Erfolg beider Kommissionen war ihm eine Herzensangelegenheit.
Obwohl er stets das große Ganze im Blick hatte und auch von seinen Wissenschaftlern eine gewisse Flughöhe einforderte, verlor er nie die Bodenhaftung. So blieb er der Region Braunschweig sein Leben lang persönlich verbunden und engagierte sich beispielsweise für das Netzwerk ForschungRegionBraunschweig und das Haus der Wissenschaft.
Das Thünen-Institut wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Seine Nachfolge tritt am 1. Februar die Forstwissenschaftlerin Prof. Dr. Birgit Kleinschmit an.
Nachruf von Agrarminister Cem Özdemir
„Mit tiefem Bedauern habe ich vom Tod von Prof. Dr. Folkhard Isermeyer erfahren. Sein Lebenswerk hat die deutsche Agrar- und Ernährungsforschung entscheidend mitgeprägt. Ich selbst durfte mehrfach erleben, dass sein unermüdlicher Einsatz für eine zukunftsfähige Landwirtschaft geprägt war von einer tiefen Überzeugung: Wissenschaft und Praxis müssen Hand in Hand arbeiten, um die großen Fragen unserer Zeit zu lösen. Sein Name steht für Integrität, Weitsicht und eine große Leidenschaft für die Agrarforschung. Er wird fehlen - in der Forschung, in der Praxis und mir ganz persönlich.
Unter der Leitung von Professor Isermeyer hat sich das Thünen-Institut zu einem modernen Forschungszentrum mit 15 Fachinstituten entwickelt, das sozioökonomische, naturwissenschaftliche und technologische Ansätze verknüpft. Er förderte die interdisziplinäre Zusammenarbeit und schuf damit Synergien, die unsere Forschung auf ein neues Niveau brachten. Besonders hervorzuheben ist sein Engagement in zahlreichen Beratungsgremien wie dem Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik und dem Bioökonomierat der Bundesregierung – und nicht zuletzt der Borchert-Kommission. Herr Isermeyer verstand es immer, wissenschaftliche Erkenntnisse in praxisnahe Politikempfehlungen zu übersetzen und so den gesellschaftlichen Diskurs aktiv mitzugestalten.
Neben seinen fachlichen Leistungen war Prof. Isermeyer ein Mensch von großer Herzlichkeit und Bescheidenheit. Er förderte junge Talente, inspirierte Kollegen und war ein geschätzter Gesprächspartner in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.
Mein Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freunden und Weggefährten.“