Ein Kommentar von Matthias Schulze Steinmann vomLandwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe
Es gibt beim Poker ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt: wenn du nach einer halben Stunde am Tisch nicht weißt, wer von den anderen Spielern der Dumme ist – bist du es selbst. Ähnlich ist es jetzt bei den Verhandlungen zur Agrarreform. Denn mit der Entscheidung in Straßburg beginnt nur der Trilog zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und Ministerrat. Das Parlament sitzt zum ersten Mal bei einer Agrarreform mit am Tisch. Und bedingt durch die inzwischen 27 Mitgliedstaaten ist das Spielgeschehen nicht gerade übersichtlich:
Die baltischen Länder wollen mehr Geld. Die Natur- und Umweltverbände fordern eine starke Zweite Säule der Agrarpolitik und eine Ökologisierung der Direktzahlungen. Und die Bauernverbände wehren sich gegen Finanzkürzungen und zusätzliche Bürokratie. Herausgekommen ist dadurch bislang ein Destillat an Vorschlägen von Kommission, Ministerrat und nun eben dem Parlament, das die Interessen in den 27 Mitgliedsstaaten weitgehend neutralisiert:
Es gibt mehr Geld für die osteuropäischen und baltischen Länder, was auch zu Lasten von deutschen Landwirten geht.
Das Greening der Direktzahlungen ist gesetzt, um die Akzeptanz der Zahlungen zu erhöhen. Geht es nach dem Willen des Ministerrats müssen Betriebe mit mehr als 15 ha Acker- und Dauerkulturfläche 5 % ihrer Acker- und Dauerkulturflächen ab 2015 als ökologische Vorrangflächen bereitstellen. Ab 2018 könnte der Wert auf 7 % erhöht werden. Ein Verhandlungserfolg ist dabei, dass auf diesen Flächen eine landwirtschaftliche Nutzung möglich ist, z.B. der Anbau stickstoffbindender Pflanzen.
Ebenso haben die Minister die übrigen Kommissions-Vorschläge wie Anbaudiversifizierung oder Kappung der Prämien mit leichten Änderungswünschen angenommen. (Alle Details)
Spannend bleibt, wie der Ministerrrat und die Kommission mit den Vorschlägen des EU-Parlaments zur Marktordnung umgehen werden. Denn hinter nett klingenden Formulierungen zur „Krisenabwehr“ verbergen sich Instrumente, die an Gespenster aus der Vergangenheit erinnern – im Falle der Milch sogar einer Quote durch die Hintertür gleichkommen könnten.
Es bleibt also spannend, in den kommenden Wochen muss sich noch zeigen, wer von den Verhandlungspartnern der „Dumme“ ist. Hoffentlich bleibt für die Bauern dabei am Ende eine Reform, die ihren Namen verdient – also mehr als nur der kleinste gemeinsame Nenner. (ad)
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