DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer hat in Hannover die Landwirte aufgefordert, die aktuelle Produktion ohne Scheuklappen auf Defizite zu überprüfen und diese dann mutig anzugehen und nach Lösungen zu suchen. "Wer selbstkritisch ist und zu Korrekturen bereit ist, dem wird Vertrauen geschenkt, der bekommt auch die Handlungsfreiheit, verantwortungsvoll natürliche Ressourcen zu nutzen und mit Tieren umzugehen. Wer kein Vertrauen genießt, wird mit Regulierungen und Kontrollen überzogen", sagte Bartmer heute vor über 1200 Besuchern bei der traditionellen Wintertagung der DLG.
Teile der landwirtschaftlichen Produktion hätten das Optimum überschritten, betonte der DLG-Präsident. Darunter leide die Stabilität der Anbausysteme und auch der Tier- und Umweltschutz. Deshalb diskutiere die Gesellschaft über Nährstoffbilanzen, Resistenzen, Artenverlust und Tierwohl. "Diese Fragen stellen wir uns auch auch immer eindringlicher."
Innovation statt Ordnungsrecht
"Wir müssen mehr ernten und gleichzeitig die Belastungen der Umwelt minimieren. Wir müssen effizient Tiere halten und gleichzeitig für gesellschaftlich akzeptierte Haltungssysteme sorgen", umriss der Ackerbauer aus Löbnitz an der Bode (Sachsen-Anhalt) die große Herausforderung. Die Landwirte bräuchten ein Umfeld, dass Ihre Innovationsfähigkeit stärke. Mehr Ordnungsrecht sei da der falsche Ansatz, weil es zu starr und zu holzschnittartig sei. "Es wäre gut, wenn die Gesetzgeber Ihre Regelungen künftig auf deren Innovationsfreundlichkeit prüfen müssten, so wie diese früher auf ihren Beitrag zur Entbürokratisierung geprüft werden mussten," schlug Bartmer vor.
Der DLG-Präsident wiederholte seine Auffassung, dass die im Januar veröffentlichten 10 Thesen der DLG kein agrarpolitisches Statement seien, sondern ein fachlicher Aufschlag. Vertreter des Bauernverbandes hatten die Veröffentlichung kritisiert, weil die Thesen die agrarpolitische Positionen des Bauernverbandes unterliefen. Diese Kritik zielt vor allem auf die Positionierung zu den Direktzahlungen der 1. Säule der EU-Agrarpolitik, die für die DLG "langfristig kein Besitzstand" sind, während sie der Bauernverband für "unverzichtbar" hält.
Schon am Vorabend hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei der Mitgliederversammlung der DLG das 10 Thesen-Papier gelobt. Der Ansatz der DLG sei richtig. "Wirklichkeitsverweigerung und ein Zurück in die Idylle können es nicht sein", ist der Minister überzeugt. Wer selbstkritisch, offen und ehrlich nach vorne gehe, könne auf seine Unterstützung zählen. Wörtlich sagte der CSU-Politiker: "Wer nicht mehr diskutiert, wird nicht gehört. Wer nicht gehört wird, ist nicht mehr da. Und wer nicht mehr da ist, für den können wir nur noch Andachten halten. Das wollen wir nicht."
Lesen Sie mehr im top agrar Interview mit DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer „Wir arbeiten zum Teil im Grenzbereich!“ aus der aktuellen Ausgabe 03/2017.