In der Nacht zuvor hatten Vertreter von DBV und BDM bei Gesprächen mit dem Milchindustrieverband (MIV) noch keinen Durchbruch erzielen können. Die Molkereien haben die Verantwortung offenbar weiter an den Einzelhandel geschoben. Allerdings haben sie zugesagt, innerhalb kürzester Frist mit den Unternehmen des Lebensmittel-Einzelhandels (LEH) neue Vertragsabschlüsse zu tätigen. Der Lieferboykott der Milchbauern werde fortgesetzt, sagte DBV-Sprecher Michael Lose. Immerhin verständigten sich Bauernverband und BDM auf ein gemeinsames Vorgehen bei den heute geplanten Gesprächen mit Vertretern des Lebensmittel-Einzelhandels. Die Zusammenkunft ist für den Spätnachmittag geplant. Hauptforderung werde hierbei sein, dass der Einzelhandel die Preissenkung für Milch und Milchprodukte vom 21. April zurücknimmt, berichtet die Tagesschau. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Bauern für einen Liter Milch noch mehr als 40 Cent bekommen. Inzwischen seien es nur noch 27 bis 35 Cent. Zahlreiche Milchbauern in mehreren Bundesländern hatten ihren Lieferboykott am Wochenende fortgesetzt. In Leppersdorf in Sachsen blockierten rund 200 Milchbauern während der Nacht die Zufahrt zur Sachsenmilch-Molkerei, die zur Müller-Gruppe gehört. Heute soll es einen bundesweiten Aktionstag vor den Molkereien geben. Laut BDM kommt inzwischen mehr als 70 % der normalerweise gelieferten Menge nicht mehr bei den Molkereien an. Fast alle 32 000 BDM-Mitgliedsbetriebe beteiligten sich am Boykott, was sich an vielen Standorten des Lebensmitteleinzelhandels bemerkbar mache, erklärte der BDM. Dem widersprach der Einzelhandel. "Die Regale und Lager sind voll", sagte der Sprecher des Hauptverbands des deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr. Es sei auch nicht abzusehen, dass es zu Engpässen komme. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, appellierte an die Verbraucher: Ein fairer Milchpreis koste eine vierköpfige Familie im Schnitt 3,20 Euro mehr pro Monat; dafür seien eine sichere Milchversorgung und stabilere Preise gewährleistet. Auch Landwirtschaftsminister Horst Seehofer unterstützte das Anliegen der Milchbauern. Die Forderung sei gerechtfertigt, sagte er der "Welt am Sonntag". "Für kleine Milchbauern war es schon in den vergangenen Jahren schwer, kostendeckend zu arbeiten. Mit den Preissteigerungen in letzter Zeit ist die Grenze überschritten." Das Thema dürfte auch heute eine Rolle beim Treffen von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer mit seinen Kollegen aus den Bundesländern spielen. Einberufen wurde die Konferenz nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums zwar zu Beratungen über die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission für eine Agrarreform. Allerdings kündigte Seehofer am Freitag an, er werde auch die Lage der Milchbauern zur Sprache bringen.
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