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Brüssel endlich die Grenzen aufzeigen

Ein Kommentar von Franz-Josef Budde vom Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe Wieder einmal ist in Brüssel alles schiefgegangen. Deutschland war angetreten, um eine Milchquotenanhebung in der EU zu verhindern.

Lesezeit: 4 Minuten

Nach der Entscheidung gab es das übliche Schaulaufen: Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel ließ sich ob ihrer verbraucherfreundlichen Entscheidung feiern und erzählt den Milchbauern ganz frech, der Markt könne die zusätzlichen Mengen locker aufnehmen. Bundesagrarminister Horst Seehofer ließ sich fast dazu gratulieren, dass er gegen den Kommissionsbeschluss gestimmt hat. Die Antwort auf eine viel wichtigere Frage ließ er offen: Warum ist es ihm nicht gelungen, Frankreich zu einem Nein bei der Quotenanhebung zu drängen? Wenn es in der Vergangenheit um französische Interessen ging, war Deutschland immer an Frankreichs Seite. Was ist schiefgelaufen, dass nur noch Österreich und Deutschland gegen die Anhebung gestimmt haben? DBV und BDM haben die Aufstockung der Milchquote scharf kritisiert \- kommen aber nicht um die bittere Erkenntnis herum, dass sich Brüssel in den entscheidenden agrarpolitischen Fragen von berufsständischen Interessen kaum noch leiten lässt. In Brüssel wird zuerst an den Verbraucher gedacht, dann an den Schutz von Natur und Umwelt- Bauern gibt man Beruhigungstabletten und erzählt ihren etwas vom Pferd. Brüssel hat sich weit von einer Politik für die Bauern entfernt. Als es darum ging, Europa nach vorn zu bringen, hat man sich der Landwirtschaft bedient. Jetzt hat der "Mohr" seine Schuldigkeit getan \- man überlässt die Bauern dem Markt, ohne sich um Wettbewerbsverzerrungen zu kümmern und ohne für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Beispiele dafür gibt es genug:


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- Ständig wird mehr Geld aus dem Agrarbereich abgezogen. Im Jahr 1997 mit damals 15 Mitgliedsländern gab Brüssel für Direktzahlungen und für die Agrarmarktordnung 38,4 Mrd. Euro aus. Im vergangenen Jahr macht dieser Haushaltsposten 42,4 Mrd. Euro aus \- aber für 25 EU-Länder: Welch gnadenloser Sparkurs dahintersteht, wird erst deutlich, wenn man auf die zwischenzeitliche Inflationsrate von 20 % hinweist.


- Wie dreist die Kommission inzwischen vorgeht, lässt sich an der Blauzungenkrankheit festmachen. Ursprünglich gab es die Zusage, dass der Impfstoff ganz, die Behandlung zur Hälfte von Brüssel übernommen wird. Doch als es zum Schwur kam, machte die Kommission einen seltsamen Rückzieher: Jetzt sollen die Zuschüsse begrenzt werden \- mehr als 60 Cent für den Impfstoff und mehr als 1 Euro/Rind und 70 Cent/Schaf will man für die Impfung nicht zahlen. Die tatsächlichen Kosten für eine Impfung dürften aber zwischen 3 und 3,50 Euro liegen. Sieht so Verlässlichkeit in finanziellen Zusagen aus?


- Die von der Kommission für die gesamte EU geführten WTO-Verhandlungen sorgten selbst bei den EU-Agrarministern für "Entsetzen". Letzter Stand ist, dass es nur noch für 1,5 % aller Waren eine Schutzklausel geben soll und darüber hinaus die Industriestaaten ihre Agrarzölle um mindestens 54 % senken sollen. Nichts ist geblieben von den Zusagen, die hiesige Landwirtschaft vor Wettbewerbsverzerrungen und unfairen Wettbewerbsbedingungen zu schützen und gleichzeitig über soziale, Tier- und Umweltschutzstandards zu verhandeln.


- Vielleicht fällt es vielen gar nicht mehr aus: Die Diskussionen um den Gesundheitscheck der Agrarpolitik drehen sich allein noch um das Thema, in welcher Höhe man die Beihilfen für die Bauern kürzt. Was hat das noch mit zukunftsorientierter Agrarpolitik zu tun, wenn es nur noch um Modulation oder Degression geht? Den europäischen Bauern sind mit Einführung der Agrarreform im Jahr 2003 und ihrer Umsetzung im Jahr 2005 verlässliche Prämien zugesagt worden. Diese Verlässlichkeit gilt es einzufordern.


Doch man hat inzwischen den Eindruck, dass diejenigen, die der Europäischen Kommission die Grenzen aufzeigen müssten, selbst nicht recht wissen, was sie wollen. Denn die Stellungnahme, die die EU-Agrarminister zum Gesundheitscheck abgegeben haben, geht über allgemein gehaltene Formulierungen nicht hinaus und überzeugt niemanden.



Auch bei der Zulassung gentechnisch veränderter Sorten kann sich der Agrarministerrat nicht zu einer klaren Linie durchringen \- in der Vergangenheit gab es bei Abstimmungen regelmäßig einen "Patt". Damit hat man der Kommission die Entscheidung überlassen. Auch dabei fragt sich: Welche politische Linie, welche Agrarpolitik verfolgen die Landwirtschaftsminister der EU? Doch worüber regt man sich auf? Der agrarpolitische Kurs von Minister Seehofer ist auch nur schwer zu erkennen. Zu oft hat er die Position gewechselt, sich einmal für die Milchquote, ein anderes Mal dagegen ausgesprochen \- und sich nur halbherzig gegen die Quotenaufstockung gestemmt. Wundert man sich dann, dass die Kommission macht was sie will?


Ein Kommentar von Franz-Josef Budde, Landwirtschaftliches Wochenblatt Westfalen-Lippe, Ausgabe 13/08

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