Gehen die Gewinnspannen im Lebensmittelhandel zulasten der Landwirte? Die EU-Kommission will mehr Preistransparenz im Einzelhandel einführen. Für Fleisch, Molkereiprodukte und Zucker sollen künftig EU-weit wöchentliche Vergleichspreise erhoben werden. Über die zwischen den landwirtschaftlichen Erzeugern und dem Endverbraucher im Supermarkt erzielten Margen der Verarbeiter und Zwischenhändler herrsche in der EU weitgehend Unklarheit.
Die Europäische Kommission legte am Mittwoch einen Vorschlag vor, mit dem die Preise für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse entlang der Lebensmittelversorgungskette transparent gemacht werden sollen. Über die von den Zwischenhändlern verursachten Kosten für Transport, Versicherung und Lagerung sowie der Lebensmittelverarbeitung gibt es in er EU bis dato keine belastbaren Daten, begründet die EU-Kommission ihren Vorschlag.
Die erzielten Margen zwischen dem Ankaufspreis beim erzeugenden Landwirt und dem Endpreis für den Konsumenten liegen weitgehend im Dunkeln. Die EU-Kommission spricht von einer „black box“ in die sie aus Fairnessgründen gegenüber den europäischen Landwirten Licht bringen wolle.
„Eine bessere Markttransparenz wird für mehr Klarheit über Preisinformationen sorgen und dies wird unsere Lebensmittelkette fairer und ausgewogener machen“, unterstrich EU-Agrarkommissar Phil Hogan bei der Vorstellung seines Preistransparenzprojektes.
Nach Kampf gegen unlauterem Wettbewerb soll nun Preistransparenz her
Diese neuen Vorschriften sollen die kürzlich verabschiedete Richtlinie über unlautere Handelspraktiken ergänzen und schwächere und kleinere Akteure in der Lebensmittelversorgungskette stärken. Die Einführung von belastbaren Daten für mehr Preistransparenz spiegele die öffentliche Unterstützung für eine stärkere Rolle der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette wider, so Hogan.
Die Brüsseler Behörde geht damit den verbreiteten Vorwurf nach, dass Gewinnspannen im Lebensmittelhandel auf Kosten der Landwirte als Rohstofflieferanten in der Regel zu hoch seien. Es gebe zwar zahlreiche Informationen über die Agrarmärkte, aber fast keine Daten über die Märkte zwischen den Landwirten und Verbrauchern in der Lebensmittelverarbeitung sowie dem Einzelhandel, argumentiert die EU-Kommission.
EU-Staaten sollen ohne bürokratischen Aufwand wöchentlich Preise für Fleisch und Milchprodukte übermitteln
Jeder Mitgliedstaat soll für die Erhebung von Preis- und Marktdaten zuständig sein. Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, den kosteneffizientesten Ansatz zu wählen und sich nicht auf kleine und mittlere Unternehmen zu konzentrieren, um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Die EU-Mitgliedstaaten werden angehalten, die Daten der EU-Kommission zu übermitteln.
Die Brüsseler Behörde will dann auf ihrem Agrar- und Lebensmitteldatenportal und in den EU-Marktbeobachtungsstellen die Daten öffentlich zugänglich machen. Daher sei es von wesentlicher Bedeutung, dass die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen korrekt seien und rechtzeitig jede Woche bereitgestellt würden.
Nach den Verfahren für eine bessere Rechtsetzung soll dieser Vorschlag für einen vierwöchigen Konsultationszeitraum bis zum 19. Juni veröffentlicht werden und anschließend von der EU-Kommission formell angenommen werden. Bereits sechs Monate nach ihrer Annahme soll die Verordnung in Kraft treten, heißt es in Brüssel.