Wie verlässlich sind überhaupt noch die Zusagen der Bundesregierung? Das fragen sich gerade die Waldbesitzer und auch die Bundesländer. Denn entgegen der Zusage gibt das Bundesfinanzministerium nur 25 % der im laufenden Haushalt vorgesehenen 125 Mio. € für Waldumbau und Wiederaufforstung frei.
Ob die Mittel noch angehoben werden, will das Finanzressort im Juli entscheiden. Begründet wird der Sparkurs mit finanziellen Engpässen im Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem das Geld kommen sollte.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir warnte in einem Schreiben an seinen Kabinettskollegen Christian Lindner vor einem Scheitern der klimapolitisch wichtigen Förderung. Auf dem Spiel stehe die Verlässlichkeit des Bundes und seiner Zusagen. Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze sprach von einer drastischen pauschalen Kürzung, die nicht hinnehmbar sei. Ähnlich äußerte sich sein Kieler Amtskollege Werner Schwarz gegenüber AGRA Europe.
Vertrauen in die Politik leidet
Sollte die Freigabe der gesperrten Mittel nicht erfolgen, würden nach Angaben von Schwarz in Schleswig-Holstein in diesem Jahr mehr als 3 Mio. € an Fördermitteln fehlen. „Das wäre ein schwerer Schlag für das Land und würde vermutlich dazu führen, dass es zu Verschiebungen von Bewilligungen oder zu einer Senkung des Förderanteils kommen würde“, erklärte der CDU-Politiker.
Das wäre aus seiner Sicht inakzeptabel und ein falsches Signal. Dieses Vorgehen gefährde nicht nur den Wiederaufbau sowie die Anpassung der Wälder an den Klimawandel, sondern zerstöre auch Vertrauen in die Politik. „Gerade jetzt benötigen wir starke Unterstützung für die Forstbranche, um die Mammutaufgabe der Wiederbewaldung und Entwicklung klimaangepasster Mischwälder bewältigen zu können“, betonte Schwarz.
Enorme zeitliche Verzögerungen
Bereits Ende April hatte das Schweriner Agrarressort eine Bewilligungssperre für Waldumbaumaßnahmen erlassen, die aus KTF-Mitteln finanziert werden. Bis zu einer Klärung des Sachverhalts will man in Mecklenburg-Vorpommern keine weiteren Bewilligungen erteilen.
Auch in Sachsen-Anhalt sind nach Angaben von Ressortchef Schulze Bewilligungen von Neuanträgen derzeit nicht möglich. Das bedeute, dass der notwendige Waldumbau nicht fortgesetzt werden könne. Die Konsequenz ist dem Magdeburger Minister zufolge ein sofortiger bundesweiter Förderstopp.
Schulze warf dem Bund vor, er stelle die in seinem Haushalt verankerten GAK-Mittel generell erst mit enormen zeitlichen Verzögerungen bereit. Nachdem inzwischen mehr als ein Viertel des Jahres vergangen sei, warteten die Länder noch immer auf die Zuweisung. „Mit jedem Tag werden Vorhaben für das Klima, den Ressourcen- und Umweltschutz nicht umgesetzt.“ Wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundene Wertschöpfung in ländlichen Räumen würden gehemmt.
Unsicherheit bei GAK-Fördermaßnahmen
Ähnliche Befürchtungen äußerte der Geschäftsführer des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG), Udo Hemmerling. „Die Länder brauchen im Vollzug der GAK mehr finanzielle Verlässlichkeit des Bundes“, sagte Hemmerling gegenüber AGRA Europe.
Auch aus seiner Sicht sind die aktuellen Mittelkürzungen aus dem KTF für den Waldumbau nicht hinnehmbar. „Die vorgesehenen 125 Mio. € müssen in voller Höhe für 2024 erhalten bleiben“, mahnte der BLG-Geschäftsführer. Ansonsten drohten kurzfristige Bewilligungsstopps der Länder auch bei anderen GAK-Fördermaßnahmen.
Gorißen: "Auf allen Ebenen geht Planungssicherheit verloren"
Verärgert ist auch Nordrhein-Westfalens Agrarministerin Silke Gorißen: „Wir benötigen jetzt die verfügbaren Bundesmittel für die dringend notwendige Wiederaufforstung. Die andauernden Debatten über die Höhe und den Zeitpunkt der Bereitstellung von Bundesmitteln in der GAK schaden dem wichtigen Vorhaben der Wiederbewaldung. Die Verlässlichkeit des Bundes bei der Bereitstellung der GAK-Mittel scheint der Vergangenheit anzugehören. Dadurch geht auf allen Ebenen Planungssicherheit verloren. Verlässliche Aussagen der Bundesregierung brauchen wir zudem sehr zügig, damit die Waldbesitzer in die Vorbereitung der kommenden Herbstpflanzungen einsteigen können.“