Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta), das kurz vor der Abstimmung steht, könnte nach Informationen des Spiegels nun doch ohne Beteiligung der Mitgliedstaaten abgeschlossen werden - entgegen der jahrelangen Versicherungen der Bundesregierung.
Bislang waren sich die EU-Länder einig, dass Ceta als sogenanntes gemischtes Abkommen gelten und in jedem nationalen Parlament ratifiziert werden soll. Doch nun bröckelt die Einheit. In einem Brief an die EU-Kommission hat der italienische Wirtschaftsminister Carlo Calenda die Bereitschaft Italiens erklärt, sich auf die Seite der Kommission zu schlagen. Die setzt sich für Ceta als "EU-only"-Abkommen ein, was bedeutet, dass nur das EU-Parlament zustimmen muss, nicht aber die einzelnen Mitgliedstaaten.
Der Seitenwechsel Italiens nimmt den Handelsministern ihre schärfste Waffe, berichtet der Spiegel weiter. Sie können einen Kommissionsvorschlag ablehnen und ihren eigenen durchsetzen - aber dies kann nur einstimmig geschehen. Verweigert Italien den Schulterschluss, bleibt das Kommissionsvorhaben auf dem Tisch. Erhält sie dafür keine qualifizierte Mehrheit, gibt es keinen Beschluss und kein Freihandelsabkommen.
Doch da die meisten Mitglieder das Abkommen wollen und acht Länder sogar auf eine möglichst schnelle Anwendung drängen, könnte die Kommission ihre Chance suchen, um das Abkommen ohne Beteiligung der Länderparlamente durchzusetzen.
Der bereits ausverhandelte Vertrag mit Kanada soll im Oktober unterzeichnet werden. Ceta gilt als Blaupause für den TTIP-Vertrag mit den USA, der vor allem in Teilen der deutschen und österreichischen Bevölkerung auf Widerstand stößt.