Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten am morgigen Donnerstag per Videokonferenz über Maßnahmen der EU zur Bewältigung der COVID‑19-Krise. Erster Punkt der Tagesordnung ist die Diskussion über den von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel vorgelegten europäischen Fahrplan für die schrittweise Aufhebung der infolge der Ausbreitung des Coronavirus getroffenen Eindämmungsmaßnahmen beraten.
Nach den jüngsten Beschlüssen der EU-Finanzminister, 500 Milliarden Euro für die Stützung der europäischen Unternehmen und Arbeitslosen bzw. Kurzarbeitern zukommen zu lassen, geht es jetzt um mehr.
Für den Wiederaufbau - soll dem Marshallplan nach dem II. Weltkrieg vergleichbar - ein Investitionsaufbauplan auf den Weg gebracht werden. Die Zielmarke der EU-Staats- und Regierungschefs liegt bei 1,5 Billionen Euro zur Stützung des EU-Binnenmarktes und der EU-Wirtschaft.
Legen die EU-Staaten Streit um EU-Haushalt und 1-Prozent-Grenze bei?
Ob die Chefs der 27 EU-Staaten im Zeichen der milliardenschweren Krise ihren bisherigen Streit über die Ausgestaltung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR 2021-2027) tatsächlich ausräumen können, wird bezweifelt.
Die Nettozahlerstaaten Dänemark, Schweden, Österreich, die Niederlande und Deutschland weigerten sich bisher mehr als 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) nach Brüssel überweisen zu wollen. Diese Strategie ist angesichts der weltumspannenden Corona-Krise nun passé.
Die am notleidensten Mittelmeerländer Italien, Spanien und Frankreich fordern mehr finanzielle Solidarität auch von Deutschland. Diese hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Berlin in Aussicht gestellt. Aber einem Einstieg in eine gemeinsame Schuldenpolitik aller EU-Staaten will die Bundesregierung nicht zustimmen. Die geforderten Eurobonds sind für Berlin ein rotes Tuch. Doch die Sozialdemokraten in der Großen Koalition signalisieren Kompromissbereitschaft.
Ein von Spanien in die Diskussion gebrachter Verschlag für eine gemeinsame Schuldentragfähigkeit aus Corona-Folgen verspricht konsensfähig zu sein. Aber die aufgelaufenen Altschulden und Verstöße gegen den EU-Stabilitätspakt der Vergangenheit von Madrid, Paris und Rom soll damit keine Absolution erteilt werden, heißt es von einem ranghohen EU-Dipöomaten.
EU-Strukturfonds sollen aufgestockt werden
Dass die EU-Chefs schon morgen ein komplett neues Haushaltsgerüst für die kommenden sieben Jahre aufgestellt bekommen, wird nicht erwartet. Auch eine Entscheidung über die vorgeschlagenen EU-Agrarkürzungen wird es kaum geben.
Aber Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte zu Beginn der Woche, dass die EU-Strukturfonds beim Wiederaufbau der EU-Wirtschaft unangetastet bleiben sollen. Dies ist jedenfalls eine gute Nachricht, auch für die EU-Landwirtschaft.