Bundesumweltministerin Steffi Lemkes hat es schwer, Unterstützer für ihre neuen Vorschläge zum Umgang mit dem Wolf zu finden. In der Praxis überwiegt Skepsis oder sogar Ablehnung, Umweltverbänden gehen die Ideen natürlich zu weit.
Nach den gestern von der Bundesministerin vorgestellten Ansätzen, sollen Wölfe bereits nach dem ersten Riss von Nutztieren möglich sein. Der Abschuss darf demnach innerhalb von 21 Tagen ab dem Risstag erfolgen, wenn das Tier im Radius von 1.000 m um die betroffene Weide erneut angetroffen wird. Eine DNA-Analyse soll dafür nicht mehr notwendig sein. Stattdessen genügt das Urteil eines Gutachters, der einen Wolfsriss ebenso bestätigt wie einen „ausreichenden Herdenschutz“. Eine regelhafte Bestandsregulierung ist nicht vorgesehen. Es bleibt bei Einzelfallentscheidungen.
Beringmeier: Gezielte Reduzierung nötig
Der Westfälisch Lippische Landwirtschafts-Verband (WLV) wies diesen Ansatz gestern als „völlig unzureichend“ zurück. WLV-Präsident Hubertus Beringmeier stellt klar: „Nur mit einer entsprechenden Ausweisung wolfsfreier Zonen und einer gezielten Regulierung ist ein Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf möglich. Die von Umweltministerin Lemke vorgestellten Ansätze bleiben nur ein erster Schritt, insgesamt aber tragen sie den Anforderungen an eine sichere Weidetierhaltung weiterhin keine Rechnung.“
Nach Beringmeiers Einschätzung wird zudem die Verantwortung für zusätzliche Schutzmaßnahmen allein den Tierhaltern zugewiesen. Der zunehmende Herdenschutz ist ihm zufolge ohnehin problematisch, weil er grundsätzlich keine Problemlösung darstellt. Vielmehr wäre ein vorbeugender Herdenschutz durch eine Reduzierung des Wolfsbestandes erforderlich, so der WLV-Präsident.
Ilchmann: „Zumutbarer Herdenschutz“ muss klar definiert werden
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt immerhin den Wegfall des DNA-Nachweises als Voraussetzung für eine Entnahme. Dem niedersächsischer AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann fehlt allerdings noch die Definition des „zumutbaren Herdenschutzes“, der ebenfalls Voraussetzung für einen beschleunigten Abschuss sein soll. Er rät den Bundesländer, dafür das neue Herdenschutzkonzept von Baden-Württemberg zu übernehmen.
Stegemann: Viele blumige Worte
Bei der Bundestagsopposition kann Lemke ebenfalls wenig Lorbeeren ernten. Für den agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, lassen sich die Ankündigungen der Ministerin lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: „Viele blumige Worte, aber keine konkreten Vorschläge zur Reduzierung der gestiegenen Wolfspopulation.“
Laut Stegemann drückt sich Lemke weiter vor ihrer Verantwortung. Dabei müsste sie endlich den günstigen Erhaltungszustand des Wolfs definieren. Nur dann können Wölfe bejagt werden, bevor sie überhaupt Schafe reißen. „Aber die Sorgen der vielen Weidetierhalter und Menschen in den ländlichen Räumen spielen für die Umweltministerin offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle“, so der CDU-Politiker.
Krüger: Sinnvoll für „wenige Fälle“
Im Gegensatz zu Stegemann unterstützt Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Pläne der Ministerin. Die sind nach seinem Verständnis sinnvoll und sollten für die „wenigen Fälle, in denen trotz Herdenschutz Weidetiere gerissen werden“ wohl ausreichen. Krüger stellt in diesem Zusammenhang klar, dass „vereinfachte Abschüsse“ auch nach den neuen Vorschlägen keine pauschale Bejagung bedeuten. Es gehe um berechtigte Einzelfälle, in denen kein milderes Mittel vorhanden ist.