Die ökologische Landwirtschaft in Deutschland bedarf einer Auflockerung der zentralisierten gesetzlichen Reglementierung durch individuelle Ermessensspielräume der Bauern bei den Produktionsprozessen. Darin waren sich die Teilnehmer des Perspektivforums einig, dass der Deutsche Bauernverband (DBV) auf der Biofach in Nürnberg organisiert hat.
Die titelgebende Fragestellung „Wer definiert den Ökolandbau - Bauern oder Staat?“ beantworteten sie mit der Befürwortung eines klaren Rechtsrahmens, allerdings in einer dynamischen Wechselbeziehung mit den Praktikern. Als Mittel dafür schlugen die Bauernvertreter einen Praktikerausschuss vor, der aber mit legislativen Wirkungsmöglichkeiten ausgestattet werden müsse.
Die zunehmende Reglementierung der Branche hängt nach Einschätzung des DBV-Ökobeauftragten Dr. Heinrich Graf von Bassewitz mit ihrem Erscheinen in der öffentlichen Wahrnehmung zusammen, die „nicht mehr rückgängig zu machen“ sei. Die staatliche Aufsicht der Prüfungen sei als Schutz vor unlauterem Wettbewerb auch positiv zu bewerten gewesen, bis sie sich in Brüssel verselbstständigt habe.
Johannes Enzler von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wies auf eine drohende Überregulierung hin. Um Entscheidungen treffen zu können, „die an die Praxis angepasst“ seien, bräuchten die Kontrollstellen jedoch „etwas Freiraum für den gesunden Menschenverstand“.
Auch Friedbert Schill vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) drückte sein Unbehagen gegenüber dem „Korsett“ aus, in dem sich der Ökolandbau mittlerweile befinde, angesichts einer wachsenden Zahl an Akteuren, die über seine Ausrichtung bestimmten. Als „Multimillionengeschäft“ komme er ohne klare Regelungen aber nicht mehr aus.
Der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, Henrik Wendorff, sieht das aktuelle Ausmaß der Vorschriften und Überprüfungen auch als Hemmschuh für Innovationen. Mit der „guten Idee“ müsse bereits das „Handwerkszeug einer Kontrolle“ mitgeliefert werden. Auf diese Weise „kürze“ man sie ein, „bis sie nicht mehr realisiert wird“.
Der geschäftsführende Vorstand der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL), Dr. Alexander Beck, hält eine außerstaatliche Abstimmung mit den europäischen Branchenkollegen für möglich, um weniger Regulierungen über Brüssel laufen zu lassen. Ursprünglich sei die EU aber genau zu diesem Zweck von der Branche einbezogen worden, die somit selbst auch Urheber der Misere sei.